Düsseldorf. . Immer mehr Menschen bieten bei Mitfahrzentralen illegale Linienfahrten mit Kleintransportern an. Damit verdienen die Kriminellen bis zu 1.500 Euro im Monat. Die Vermittlungs-Plattformen sind meist hilflos gegen solche Angebote. Der Unterschied zu normalen Anzeigen ist kaum zu erkennen.

Der junge Mann nennt sich Murat. Seinen vollen Namen will er nicht verraten, denn sein Geschäftsmodell ist illegal. "Es ist besser als Haschisch zu verkaufen", sagt Murat. Der Düsseldorfer chauffiert mit seinem Kleinbus zwei bis drei Mal pro Woche Menschen vom Rheinland nach München und Berlin - und wieder zurück. Rund 1.500 Euro verdient Murat nach eigenen Angaben damit pro Monat - schwarz und steuerfrei. Seine Kunden sind etwa Wochenend-Pendler, denen ein Bahn-Ticket zu teuer ist. Oft sind es Studenten. Eine Mitfahrt im Auto von Düsseldorf nach Berlin kostet 25 bis 30 Euro, bei der Bahn kostet ein ICE-Ticket in die Hauptstadt regulär etwa 100 Euro.

Dort sieht man die Mitfahrzentralen, egal ob legal oder illegal, allerdings nicht als große Konkurrenz. Der Bahnkunde sei meist Komfort-orientiert, außerdem gebe es Sparangebote für Leute mit weniger Geld, sagte ein Bahn-Sprecher.

Strafverfolgung ist schwierig

Allein im Raum Düsseldorf und Köln gebe es inzwischen zwei Gruppen, die täglich Fahrten mit Kleintransportern in verschiedene Städte anbieten, sagt Murat. Behörden in Bayern sprechen bereits von einem "ungenehmigten Linienverkehr zwischen Köln und München".

Auch in NRW sind etwa die Bezirksregierung Köln sowie das Verkehrsministerium über den fahrenden Schwarzmarkt informiert. Eine Strafverfolgung ist jedoch schwierig, denn den meisten ist das Geschäft nur schwer nachzuweisen. Mitfahrer finden Murat und seine Kollegen auf Internetportalen wie Mitfahrgelegenheit.de, wo sich Fahrer mit Mitfahrern verabreden können. Über eine Million Nutzer pro Monat zählen die Anbieter der Seite allein in Deutschland, rund 600.000 Angebote stünden regelmäßig bereit. Weil die Mitfahrer nur einen Beitrag zu den Benzinkosten leisten und die Fahrten privat sind, ist das legal.

Auch interessant

Illegal wird es, wenn die Fahrten dauerhaft darauf angelegt sind, Gewinn zu erzielen. Bei Fahrten von Düsseldorf nach Berlin oder München setzen manche mit einem Kleinbus mit bis zu acht Mitfahrern 240 Euro um. Die Ausgaben für Benzin lägen bei rund 120 Euro, rechnet Murat vor, das ergebe locker 120 Euro Gewinn auf der Hin- und noch einmal 120 Euro auf der Rückfahrt - und das mehrmals pro Woche. Zehn bis zwanzig Accounts von solchen "schwarzen Schafen" löschen die Anbieter von Mitfahrgelegenheit.de täglich, sagt der Geschäftsführer Michael Reinicke. Es handele sich aber nur um wenige Promille im Vergleich zu der großen Zahl an legalen Nutzern. Die Dunkelziffer könnte jedoch weit höher liegen, vermutet auch er.

So verbirgt sich hinter einem Anbieter auf der Seite oft eine Person, die Mitfahrer auf verschiedene Autos verteilt. "Wenn sich Mitfahrer bei uns beschweren, schreiten wir sofort ein", sagt Reinicke weiter. Außerdem habe man ein neues Buchungssystem mit Bewertungsmöglichkeit entwickelt, das es den gewerblichen Fahrern schwerer machen soll. "Das wird nichts helfen", ist sich Murat sicher. Die Inserate der gewerblichen seien von den normalen Anzeigen auf den Seiten kaum zu unterscheiden. Die meisten wechselten zudem ständig ihre Handynummern, Accounts und Autos.

Über 2.000 Kilometer am Tag mit dem Mietwagen

Im August etwa hat ein 41-Jähriger in Wuppertal und Bonn zwei Kleintransporter für vier Wochen angemietet. Bei der Rückgabe stellte sich heraus, dass die Fahrzeuge jeweils knapp 60.000 Kilometer in 28 Tagen gefahren wurden. Weil der Tachometer die Geschwindigkeit der Autos speicherte, konnten Mitarbeiter der Autovermietung errechnen, dass die Wagen nur rund drei Stunden am Tag stillstanden. Verschiedene Fahrer fuhren mit diesen und anderen Autos mehrmals täglich nach Berlin und München und zurück, vermutet die Polizei in München, die den illegalen Linienverkehr aufdeckte.

Auf den Armaturenbrettern der Fahrzeuge waren die Anzeigen überklebt, die nach 20.000 Kilometern zur Wartung mahnten - wohl um Mitfahrer nicht zu erschrecken. Viele Fahrer seien zudem übermüdet, weil sie bis zu zwölf Stunden am Lenkrad sitzen, warnt ein Sprecher der Bezirksregierung von Oberbayern, der sich seit Jahren mit dem Phänomen beschäftigt. Es seien vor allem Geringverdiener und Arbeitslose, die sich auf diese Weise etwas hinzuverdienten, sagt er. In manchen Fällen könnten das bis zu 3.500 Euro im Monat sein. (dapd)