Vor fünf Jahrzehnten kam aus Ingolstadt mit dem Auto Union 1000 Sp ein Vertreter der Eleganz, der mehr mit seinem aktuellen Audi-Ahnen A5 und TT zu tun hat, als es auf den ersten Blick scheinen mag.

„3=6” hieß die Gleichung, mit der DKW – einziger Überlebender der Auto Union-Gemeinschaft – vor einem halben Jahrhundert den Öl-riechenden Ruf des zweitaktenden Fahnen-Trägers vergessen machen wollte. 1953 debütierte in der Realität, was auf dem Zeichenbrett schon 1939 fertig gewesen war, wegen dem Krieg aber nie in Serie ging: ein Dreizylinder-Zweitakt-Motor. Endlich der Viertakt-Konkurrenz ebenbürtig. Mindestens. Der Dreizylinder habe nämlich aufgrund seiner Arbeitsweise, so die kühne Verkaufs-These der Auto Union-Oberen, die Laufruhe eines viertaktenden Sechszylinders.

Mathematischer Sonderfall

Ein eher theoretischer Wert und ein mathematischer Sonderfall. Der feierte folgerichtig in der DKW-Sonderklasse seinen Einstand und kam auch im 1000 Sp zum Einsatz, den die Auto Union auf der Frankfurter IAA des Jahres 1957 präsentierte. Gebaut wurde das formschöne Coupé beim Blechschneider Baur in Stuttgart. Dort gefertigt, lackiert und mit der Innenausstattung versehen, gingen die Karosserien nach Ingolstadt, wo sie in der Endmontage auf fahrbereite Rahmen gesetzt wurden.

Sündhaft teuer war der 1000 Sp: ein erwachsenes Borgward Isabella Coupé war 1250 Mark, ein kommoder Opel Kapitän – meistverkaufter Sechszylinder seiner Zeit – 2200 und ein Karmann Ghia Cabrio über 4000 Mark preiswerter. Und die hatten richtige Motoren!

Kind des Wirtschaftswunders

Aber noch nicht einmal die schöne Bremerin Isabella, hatte solche Formen: Ein Kind des Wirtschaftswunders, ein Wagen für alle Wir-sind-wieder-Wers, war der 1000 Sp. Dieses Schwellen der Kotflügel, diese Sicken und Falze, einmal, zweimal und nochmal geschwungen, Luftleitwerken gleich in ihrer schlanken Pracht. Schamlos kopiert vom US-amerikanischen Ford Thunderbird. Chrom und Kunststoff waren die Insignien des Erfolgs: weißes Volant, verchromter Hupring, Lenkradschaltung, Schalter und Hebel aus Plastik-Bein. Der Innenraum strahlte wie das Lachen von Liselotte Pulver, während die Insassen auf breiten Ledersesseln mit ausgestreckten Beinen saßen, wie daheim vorm Saba-Fernseher.

Kein Kardan- und kein Getriebetunnel störte den Raum des Fronttrieblers. 55 PS aus 980 Kubik entwickelte der Motor mit der Kraft der drei Zündspulen. Und ist den zeitgenössischen Viertaktern damit durchaus gewachsen: denn immerhin krabbelten Volkswagen noch mit 34 PS einher und ein „Damen”-Porsche 356 leistete auch nur 60 Pferde. 140 km/h Spitze waren damit drin.

Ohne Servo

Gebremst wurde noch ohne Servo, aber schon mit zwei Scheiben an der Vorderachse. Solide ging es hier zur Sache, kein Verwinden störte das Querblatt-gefederte Dahingleiten. „Schwebeachse” nannte das DKW, so alt, wie der stabile Rahmen, auf dem die schöne Hülle ruhte. Die trug den Namen Auto Union stolz an der Front, aber die vier Ringe eher verschämt am Heck.

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© Audi

Das sollte so sein. Seit 1958 gehörte die Union der untergegangen Marken zu Daimler-Benz. Stuttgart entschied, dass DKW für das Volk und Auto Union für die Verwöhnten fertigte. Ein klein bisschen wie Horch und der Beginn der Premium-Marke. Bis die Gemeinschaft der ewig Gestrigen 1964 an Volkswagen verkauft wurde. Die stellten von Auto Union auf Audi und von Zwei- auf Viertakt um.

Nur 5004 Einheiten des Auto Union 1000 Sp und 1640 noch schönere 1000 Sp Roadster wurden bis 1965 gebaut. Künftig ging man bei den Vier Ringen im Viertakt, aber bis ein Audi, nämlich der TT, wieder so bezaubernd aussah wie ein 1000 Sp dauerte es beinahe 50 Jahre.

Der wahre Großvater des TT

Auto Union 1000 Sp
Auto Union 1000 Sp © Audi
Auto Union 1000 Sp
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Auto Union 1000 Sp
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Auto Union 1000 Sp
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Auto Union 1000 Sp
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Auto Union 1000 Sp © Audi
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