Essen. . In den dicht besiedelten Vierteln der Großstädte kommt der Markt der „Auto-Teiler“ in Bewegung. Die Preise auch: Ab einem Euro die Stunde geht es los.

Wenn Teilen das neue Besitzen ist, dann müsste Car-Sharing endlich aus der engen Ein-Promille-Nische herausfahren, in der das „Auto-Teilen“ seit Jahrzehnten festzustecken scheint. Und tatsächlich: Überall da, wo neue Angebote entstehen, werden sie angenommen. Wir vergleichen die gängigsten Angebote ohne Grundgebühr mit dem jüngsten „Sharer“ im Ruhrgebiet, Citeecar. Dessen Anreiz sind besonders niedrige Stundenmieten ab einem Euro.

Seit zwei Jahren ist Citeecar in Berlin auf dem Markt, seit Oktober auch in mehreren Städten dieser Region. In der kurzen Zeit hat das Unternehmen, an dem auch der Verlag dieser Zeitung beteiligt ist, 146 Fahrzeuge in Essen, Bochum, Dortmund, Gelsenkirchen, Bottrop und Recklinghausen auf die Straßen gestellt. Zum Vergleich: In der Hauptstadt sind es 259, in Hamburg 129, in München 149. Zu finden sind die hellen Citeecars mit ihren auffälligen (mag nicht jeder) violetten Außenspiegeln nur in dicht bewohnten Vierteln.

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Geboten wird mit dem Kia ein Fünftürer in der Polo-Klasse mit Navi, Klimaanlage und ausreichend PS-starkem Benzinmotor. Die Abwicklung läuft übers Internet, eine nach unseren ersten Erfahrungen gut zu erreichende Hotline, sowie eine Karte zum Öffnen und ein einfaches Kommunikationsgerät im Handschuhfach. Dieses Gerät fragt bei Übernahme und Abgabe Standardinformationen ab (Sind Sie im Besitz eines gültigen Führerscheins? Hat das Fahrzeug neue Schäden?).

Ein Dumpingangebot

Mit einem Stundenpreis von einem Euro (17 bis 24 Uhr, Sa/So das Doppelte) ist Citeecar gegenüber der Konkurrenz ein Dumpingangebot. Beim bereits günstig zu nennenden Angebot von Ruhr­autoE kostet die Stunde mit einem Elektroauto 4,90 Euro, allerdings pro Miete inklusive 30 Freikilometern. Damit ist alles abgegolten. Bei Citeecar kostet der Kilometer (mit Mengenrabatt) 22 bis maximal 29 Cent (inklusive Treibstoffkosten).

Man muss im Stadtverkehr die Bedingungen konstruieren, unter denen das Mieten eines der wenigen Ruhr-Elektroautos unterm Strich günstiger ist, etwa so: 2 Stunden fahren und dabei die 30 Freikilometer vollständig ausnutzen, macht bei RuhrautoE 9,80 Euro, bei Citeecar (bei 29 Cent pro km) 10,70 Euro. Einmaliger Vorteil von RuhrautoE: Man fährt im Betrieb abgasfreie und sehr leise Autos durch die Stadt.

Das Batterieauto ist kein Typ für die Langstrecke

Für die längere Strecke sind weder RuhrautoE noch Citeecar gemacht. Das Batterieauto kommt mit einer Ladung ziemlich sicher nicht von Essen bis Köln und zurück, bei Citeecar kommt man bei 150 Kilometer Gesamtstrecke auf Kosten, die über den Sparpreisen klassischer Autovermieter liegen. (Nebenbei: Hinter Flinkster, dem grundgebührpflichtigen Car-Sharing-Angebot der Deutschen Bahn, steckt in Essen eine Station mit sieben Autos am Hauptbahnhof, ansonsten zwei Hertz-Agenturen und die Standorte von RuhrautoE.)

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Für die besagte Strecke nach Köln liegen Citeecar & Co. auch über den Kosten des Car-Sharings von Privatleuten wie etwa bei Autonetzer. Hier finden sich beispielsweise für Essen eine Handvoll Gebrauchtwagen, die für einen Tag und 150 km 25 bis 40 Euro kosten, allerdings zusätzlich Treibstoff. Vorteil: Der Autonetzer entspricht tatsächlich dem ursprünglichen Gedanken des Teilens, außerdem gibt es auch mal Spezialfahrzeuge wie einen VW Bus zum kleinen Preis. Nachteil: Das Autonetzer-Netz ist extrem weitmaschig.

Abstellen, wo man will

Der Hauptvorteil von Citeecar ist der geringe Stundenpreis, der es ermöglicht, das Auto auch mal mehrere Stunden beim Shopping stehen zu lassen. Und es gibt keinen „Mindestverzehr“: Getränkeholen um die Ecke kostet so vielleicht nur 1,50 Euro. Mit das größte Plus von Citeecar ist, dass man das Fahrzeug nicht wie bei den anderen an einem festen Punkt, sondern frei in einem umgrenzten Viertel wieder abstellen kann. Das System setzt jetzt auch Stadtmobil in Essen ein (in Bochum, Duisburg, Moers und Mülheim Abgabe am Ausleihpunkt).

Fazit: Wer ein Citeecar in fußläufiger Entfernung vor der Tür zur Verfügung hat, verfügt für die Kurzstrecke über eine sehr preiswerte Alternative zum eigenen Auto. Ob das 2012 gegründete Start-up-Unternehmen allerdings seine günstigen Preise halten kann, bleibt abzuwarten.

Car-Sharing: Infos im Netz

Der Bundesverband Car-Sharing informiert auf carsharing.de über die Standorte seiner Mitglieder, schließt aber gewerbliche Anbieter aus – etwa von BMW (Drive-Now.com ) und Daimler ( Car2Go.com ), die mit fast 500 Autos Düsseldorf in die Car-Sharing-Hochburg in NRW verwandeln. Nur an gut 230 größeren Bahnhöfen bietet die Bahn Autos an ( flinkster.de ).