Karlsruhe. Die Familie einer schwer kranken Komapatientin kämpft für deren Tod. Doch die Gerichte wollen die Magensonde, die die Patientin derzeit am Leben hält, nicht entfernen lassen. Das Argument: Es sei nicht sicher, ob die Frau wirklich sterben will. Nun hat der BGH entschieden. Das letzte Wort ist indes noch nicht gesprochen.

Der mutmaßliche Sterbewunsch einer todkranken Komapatientin muss nach einem Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) neu geprüft werden. Ihre Familie will die künstliche Ernährung einstellen lassen und ist der Auffassung, damit den Willen der Frau umzusetzen. Bisher waren die Angehörigen mit ihrem Ansinnen jedoch vor den Gerichten gescheitert.

Die schwerkranke Sächsin hatte 2009 einen Schlaganfall erlitten und war ins Wachkoma gefallen. Eine Kontaktaufnahme mit ihr ist nicht möglich. Die Ärzte schätzen die Chancen selbst für eine geringe Verbesserung ihres gesundheitlichen Zustandes als "nicht realistisch" ein.

Religiöse Überzeugungen spielen Rolle bei der Entscheidung

Zuletzt hatte es das Landgericht Chemnitz 2013 abgelehnt, der Einstellung der lebenserhaltenden künstlichen Ernährung zuzustimmen. Es sei nicht sicher, dass die Betroffene in ihrer jetzigen Situation sterben wolle, hieß es. Die Schwerkranke hatte keine schriftliche Patientenverfügung hinterlassen.

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In der aktuellen politischen Diskussion über Sterbehilfe geht es jedoch in erster Linie um den Umgang mit einer klaren Willensäußerung eines Todkranken, sterben zu wollen.

Mangels dieser Willensäußerung musste das Landgericht im konkreten Fall den sogenannten mutmaßlichen Willen der Frau erforschen. Das Gesetz gibt für dessen Ermittlung aber nur Anhaltspunkte. Insbesondere frühere Äußerungen, religiöse Überzeugungen und Wertvorstellungen des Betroffenen spielen dabei eine Rolle.

Keine Patientenverfügung

Die Bundesrichter befanden in ihrem am Donnerstag veröffentlichten Beschluss, dass das Landgericht hier zu hohe Anforderungen an die Ermittlung des mutmaßlichen Patientenwillens gestellt habe. Die Richter am Landgericht müssen den Fall neu prüfen.

Ehemann und Tochter der Kranken wollen die Magensonde entfernen lassen. Als die Ärzte sich weigerten, gingen sie vor Gericht. Sie berufen sich vor allem auf frühere Äußerungen ihrer Angehörigen. Doch das reichten dem Landgericht Chemnitz nicht aus. "Diese sehr ernstzunehmenden Meinungsäußerungen haben nicht die Qualität und Tiefe der Erklärungen, die im Rahmen einer Patientenverfügung abgegeben werden", hieß es. (dpa)