Genf. Wenn das Gepäck nicht ankommt, ist das für Passagiere ein Alptraum. Bald sollen Gepäckstücke weltweit auffindbar sein - dank Smarttechnologie.
Fluggesellschaften wollen den Verlust von Koffern deutlich reduzieren und dafür jedes Gepäckstück künftig mit einem über Funkwellen lesbaren RFID-Chip versehen.
Die flächendeckende Ausstattung soll Anfang 2020 beginnen, sagte Andrew Price, Chef der Fachabteilung Gepäck beim Airlineverband IATA, der Deutschen Presse-Agentur in Genf. Der Beschluss solle bei der Vollversammlung der Mitglieder Anfang Juni in Südkorea verkündet werden.
Fehlgeleitete Gepäckstücke
"Ich hoffe, dass bis Ende 2020 das Gepäck auf der Hälfte aller Passagierreisen mit RFID ausgestattet ist", sagte Price. Bis Ende 2023 sollen es so gut wie alle Koffer sein. In der IATA sind etwa 290 Airlines in 120 Ländern organisiert, die 82 Prozent des Luftverkehrs bestreiten, darunter auch die Lufthansa.
2007 wurden nach einem Bericht des IT-Airline-Dienstleisters Sita etwa 18 Gepäckstücke pro 1000 Passagiere fehlgeleitet. Zehn Jahre später waren es nur noch etwa sechs. Weltweit waren das aber immerhin 23 Millionen Gepäckstücke. "Mit RFID können wir die Zahl um weitere 25 Prozent senken, wenn alle mitmachen", sagt Price.
Chip in der Banderole
Bislang werden Gepäckstücke im Luftverkehr mit einem Klebeettikett gekennzeichnet, auf dem Informationen wie die Flugnummer oder der Zielflughafen in Form eines Strichcodes zu sehen sind. Ein Koffer-Label kann aber leicht beschädigt werden. Außerdem braucht man eine direkte Sichtverbindung, um den Barcode auslesen zu können.
Die RFID-Chips mit ihren Antennen sollen künftig in die Banderole mit dem klassichen Strichcode integriert werden. Lesegeräte an Gepäckbändern, in Gepäckhallen und beim Be- und Entladen können die Koffer dann während der ganzen Reise automatisch registrieren. Heute würden Gepäckstücke an vielen Flughäfen manuell gescannt, sagt Price.
"Diese Neuerung erlaubt uns, zu jeder Zeit zu wissen, wo sich Gepäck befindet. Wenn ein Teil fehlgeleitet ist, sehen wir es und können eingreifen und es an den richtigen Flughafen schicken, noch bevor der Passagier eine Vermisst-Meldung aufgibt", sagt Price. "Damit werden weniger Gepäckstücke verloren gehen. Und wenn es doch passiert, werden sie schneller wieder beim Passagier sein."
Das eigene Gepäck am Handy verfolgen
Fluggesellschaften könnten Kunden auch ermöglichen, den Verbleib ihres Koffers in einer App auf dem Smartphone zu verfolgen. So etwas bietet die US-Fluglinie Delta an, ein Pionier der RFID-Chips bei Gepäck. Langfristig seien persönliche und wiederverwendbare RFID-Etiketten denkbar, die Passagiere schon zu Hause an das Gepäck machen.
Damit die RFID-Daten weltweit gelesen und ausgetauscht werden können, müssen Flughäfen und Airlines investieren. Das Sparpotenzial sei aber dreimal so hoch wie die Ausgaben. IATA schätzt, dass über sieben Jahre 3,8 Milliarden Dollar eingespart werden können. Einerseits würden weniger Koffer verloren gehen und müssten gesucht werden. Andererseits dürften RFID-Daten Schwachstellen in der Gepäckbeförderung zeigen, die optimiert werden könne.
Die Lufthansa gibt sich bedeckt. Es werde immer an Verbesserungen gearbeitet, sagt Sprecherin Sandra Kraft. "RFID kann dabei eine unterstützende Technologie sein, ist aber nicht die einzig mögliche. Lufthansa beteiligt sich unter anderem auch an Untersuchungen von RFID als möglicher Technologie bei den Gepäckservices." (dpa)