Gladbeck. . Ivo van Hove ist in der Gladbecker Maschinenhalle der Zeche Zweckel zu Gast. Er präsentiert seine Inszenierung: „Die Bücher der kleinen Seelen“.

Die Maschinenhalle der Zeche Zweckel kennt Ivo van Hove schon aus dem vergangenen Jahr. Dort präsentierte der belgische Star-Regisseur bei der Ruhrtriennale seine gefeierte Neuinszenierung „Die Dinge, die vorübergehen“. In diesem Jahr ist er wieder in Gladbeck zu Gast. Und erneut wählt Ivo van Hove einen Roman des niederländischen Schriftstellers Louis Couperus (1863-1923) als Vorlage für seine Inszenierung: „Die Bücher der kleinen Seelen“, geschrieben von Couperus zwischen 1901 und 1903. Es ist eine Geschichte über die Auflösung von Konventionen.

Eine Familie muss ihre Heimat Den Haag verlassen. Außerhalb der Stadt bezieht sie ein Haus. Es ist mehr Burg als Villa, mehr Klinik als ein Zuhause. In dieser Umgebung finden sich die Familienmitglieder in ihr neues Leben ein. Sie leiden alle unter mehr oder weniger großen Traumata, Handicaps und Neurosen: „Kleine Seelen“. Es sind die Folgen früherer Entscheidungen, und sie ertragen sie als unabänderliches Schicksal. Einen Ausweg scheinen sie weder finden zu wollen noch finden zu können. Doch nach und nach entwickeln diese Menschen – allein und gemeinsam – Strategien, um einer Wendung zum Besseren näher zu kommen. Sie finden somit den Mut, offen über ihre Erwartungen und Sehnsüchte zu sprechen.

„Wir erleben, wie eine Gemeinschaft von kranken, erschöpften, resignierten Menschen langsam geheilt wird“, sagte Ivo van Hove über „Kleine Seelen“. „Es sind Menschen, die mit kleinen Schritten versuchen, glücklich zu sein.“

„Niederländische Buddenbrooks“

Literaturwissenschaftler bezeichnen Couperus’ vierteiliges und mehr als 1000 Seiten starkes „De boeken der kleine zielen“ zuweilen als „niederländische Buddenbrooks“. Das Buch erschien sogar beinahe zeitgleich mit Thomas Manns berühmtem Roman.

Ivo van Hove, Jahrgang 1958, widmet sich bei der Ruhrtriennale zum dritten Mal einem Werk von Louis Couperus. 2015 inszenierte er „Die stille Kraft“, einen Clash der Kulturen zwischen Ost und West, 2016 die eingangs erwähnten „Dinge, die vorübergehen“, die Untergangssymphonie einer Familie. Mit „Kleine Seelen“ endet nun die Couperus-Trilogie. In früheren Jahren war Ivo van Hove bei der Ruhrtriennale verantwortlich für „Rocco und seine Brüder“ (2008) und Pasolinis „Teorema“ (2009) in der Bochumer Jahrhunderthalle. Theater, Oper und Film macht er schon seit 1981 in Europa und in den USA. Seit 2001 ist er Intendant des größten Theaterensembles der Niederlande, der Toneelgroep Amsterdam. Sechs Jahre leitete der Belgier das Holland Festival; für seine Arbeiten wurde er mehrfach ausgezeichnet.