Witten. Als Hausfrau hat Nicole Pawlowski mit vielen Vorurteilen gekämpft. Dabei war das Mutter-Sein für sie oft stressiger als drei Jobs zugleich.
Vier Frauen aus dem Ruhrgebiet haben ganz unterschiedliche Lebensmodelle gewählt: Drei von ihnen haben Kinder und arbeiten in Vollzeit, in Teilzeit oder waren lange Zeit Hausfrau. Eine 29-Jährige hat sich gegen Kinder entschieden. Redakteurin Laura Lindemann hat protokolliert, welche Herausforderungen die Frauen in ihrem Alltag bewältigen müssen, welche Vorurteile ihnen entgegen schlagen und was sie sich von der Politik wünschen. Lesen Sie hier das Protokoll einer 31-Jährigen aus Witten, die Hausfrau war:
Nicole Pawlowski (31) Mutter, war lange Zeit Hausfrau: Hausfrau ist der härteste Beruf, den man haben kann – und ich hatte davor drei Jobs gleichzeitig. Andere Mütter verurteilten mich dafür, dass ich so lange zuhause war, weil sie schon direkt nach der Geburt ihrer Kinder wieder arbeiten gegangen sind.
Als ich mit meinem Sohn schwanger geworden bin, musste ich mich die gesamte Schwangerschaft über fast ununterbrochen übergeben, sodass ich nicht mehr in der Lage war, weiter arbeiten zu gehen. Bei meiner Tochter war es das gleiche. Während mein Mann nach der Geburt als Selbstständiger weiter Geld verdienen musste, war ich von Dezember 2019 bis Oktober 2022 Hausfrau. Mir war es wichtig, mir die Zeit für die Kinder zu nehmen. Ich habe mich mit dem Gedanken nicht wohl gefühlt, so schnell wieder arbeiten zu gehen.
Mental in die Mutterrolle einfinden
Von einigen Menschen in meinem Umfeld wurde ich dafür kritisiert. Als Mutter wurde von mir erwartet, weiter in Vollzeit arbeiten zu gehen, die Kinder zu versorgen und zusätzlich den Haushalt zu schmeißen, damit mein Mann nach seinem langen Arbeitstag die Füße hochlegen kann. Dabei war das anfängliche Mutter-Sein ebenfalls wie ein Vollzeit-Job für mich. Die Kleinen haben so viel Dreck gemacht, dass ich täglich Wände und Boden wischen- und zwei Waschmaschinen aufsetzen musste.
Nebenbei habe ich essen gekocht, die Kinder getröstet oder war mit ihnen draußen. Wenn die beiden schliefen, war ich ich froh, überhaupt mal zum Essen zu kommen. Auch mental musste ich mich in die Rolle als Mutter einfinden.
„Mütter brauchen mehr Beratung“
Obwohl ich die ganze Zeit mit meinen Kindern zusammen war, fühlte ich mich manchmal einsam. Mir hat die Kommunikation mit Erwachsenen gefehlt. Kaffeetrinken mit Freunden war zeitlich einfach nicht drin. Seit Oktober arbeite ich in Vollzeit als Kinderkrankenschwester. Trotz des Personalmangels bin ich nicht so gestresst, wie ich es als Hausfrau war.
Mütter brauchen dringend mehr Beratung. Man ist schnell überfordert, hat ständig Sorgen, ob man alles richtig macht. Deshalb habe ich mich dazu entschieden, bald ein Studium zur Hebamme zu beginnen, um andere Mütter zu unterstützen und ihnen den Druck zu nehmen.
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