Essen. Galeria Karstadt Kaufhof soll an einen Investor verkauft werden. So plant es eine Schweizer Signa-Tochter, die sich vom Mutterkonzern abkoppelt.
Früher als erwartet stehen der Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof einschneidende Folgen der Signa-Insolvenz bevor. Nachdem die österreichische Dachgesellschaft Signa Holding am Mittwoch in Wien Insolvenz angemeldet hat, könnte Galeria mit seinen 91 Kaufhäusern in Deutschland sehr bald zum Verkauf gestellt werden. Würde kein neuer Investor gefunden, dürfte es für den Essener Konzern nach jüngst zwei überstandenen Insolvenzverfahren im kommenden Jahr erneut eng werden.
Wer im verschachtelten Signa-Reich des Milliardärs René Benko über das Schicksal der Traditionshäuser von Karstadt und Kaufhof entscheidet, ist nicht leicht zu durchschauen. Derzeit sieht es so aus, dass eine Schweizer Tochter der österreichischen Dachgesellschaft des Handelszweigs im Benko-Imperium die Fäden in der Hand hält. Zumindest hat sie sie ergriffen – und will die deutschen Warenhäuser verkaufen.
Am Mittwochabend gab die in Zürich sitzende Signa Retail Selection AG bekannt, eine „Nachlassstundung“ zu beantragen. So heißt in der Schweiz in etwa das, was in Deutschland ein Schutzschirmverfahren ist. Es wird gerne genutzt, um sich in einer Lage, in der das Unternehmen noch nicht zahlungsunfähig ist, aber zu werden droht, vor dem Zugriff seiner Gläubiger zu schützen.
In dem Fall hat die Tochter der in Innsbruck sitzenden Signa Retail die Flucht nach vorn ergriffen und proaktiv den Gang zum Insolvenzgericht gewählt, um sich von seiner österreichischen Mutter abzukoppeln. Für Galeria von entscheidender Bedeutung: Damit würden auch die Essener abgekoppelt, denn die Signa Retail Selection in der Schweiz ist im Signa-Imperium die Ebene zwischen Galeria und Signa Retail.
Schweizer Signa: Verkauf von Galeria „über die nächsten Monate“
Und was die mit den deutschen Warenhäusern – sowohl denen von Galeria als auch denen der Luxusgruppe ums KaDeWe – vorhat, machte sie gleich klar: Ziel sei es, die Beteiligungen „gut organisiert und in einem strukturierten Prozess über die nächsten Monate zu veräußern“, heißt es in einer Mitteilung der Signa Retail Selection. Der Gläubigerschutz in der Schweiz ermögliche es ihr, „das Geschäft eigenverantwortlich und unabhängig von den Insolvenzen der restlichen Signa-Gruppe geordnet und transparent abzuwickeln“, erklärte der Verwaltungsratspräsident Christian Wenger.
Verliert Benkos Signa-Zentrale tatsächlich die Kontrolle über Galeria? Die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) geht davon aus, dass Retail Selection dies mit aller Macht versucht. Damit solle vor allem die Schweizer Luxuswarenhauskette Globus vor dem Zugriff der Österreicher geschützt werden. Sie firmiert wie die deutschen Kaufhäuser unter der in Zürich sitzenden Gesellschaft. Dazu gehören jeweils nur die Handelsunternehmen, nicht die Immobilien, die der Signa Real Estate unterstehen.
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Globus gehört je zur Hälfte Signa und der thailändischen Central Group, die auch an den deutschen Luxuskaufhäusern KaDeWe, Alsterhaus und Oberpollinger gut die Hälfte hält. Die Thailänder sind in der Partnerschaft mit Signa für das Handelsgeschäft verantwortlich. Dass sie die Signa-Anteile übernehmen könnten, ist nun die große Hoffnung der Schweizer. Zumal die Central Group jüngst hatte durchblicken lassen, die europäischen Luxuswarenhäuser zur Not auch allein weiterführen zu können.
Central Group aus Thailand könnte Warenhäuser übernehmen
Für Galeria Karstadt Kaufhof gibt es eine solche Aussage aus Fernost nicht. Der finanzstarke thailändische Handelsinvestor wäre als neuer Galeria-Eigentümer sicher keine Verschlechterung gegenüber der insolventen Signa von René Benko. Das operative Geschäft der 91 verbliebenen Filialen als Ganzes an einen Investor zu verkaufen, dürfte bei Galeria allerdings schwerer fallen als bei den Luxuswarenhäusern in Deutschland und der Schweiz.
Die Frage wird auch sein, zu welchen Bedingungen die Ketten zu haben wären. Die ebenfalls zur Signa Retail Selection gehörende deutsche Kette Sport Scheck mit ihren bundesweit 34 Filialen hat an diesem Donnerstag als nächste Signa-Tochter Insolvenz angemeldet, beim Amtsgericht München. Sie erklärte sich für zahlungsunfähig. Der geplante Verkauf an den britischen Modehändler Frasers sei zunächst gestoppt, „Frasers hält jedoch weiter an seinen Übernahmeplänen fest“, stellte Sport Scheck klar. Als schuldenfrei aus einem Insolvenzverfahren hervorgegangenes Unternehmen könnte Sport Scheck wieder interessant – und deutlich günstiger sein.
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Finanziell steht es um Galeria so schlecht noch nicht, die Warenhäuser hatten dem Vernehmen nach einen fast goldenen Oktober mit sehr guten Umsätzen und einen ebenfalls guten November. Operativ verdient Galeria wieder Geld, netto bleiben die Zahlen aber rot – nicht zuletzt wegen sehr hoher Mieten an Signa. Aktuell läuft das so wichtige Weihnachtsgeschäft, so dass fürs Erste genügend Geld in die Kassen kommt. Entscheidend wird sein, wie es im neuen Jahr weitergeht, wenn die saisonal schwachen Monate kommen.
Die von Benko zugesagten 200 Millionen fehlen Galeria
Dafür dürften in der Essener Zentrale derzeit alle denkbaren Szenarien durchgespielt werden. Dabei geht es vor allem darum, wie die im Insolvenzplan von Benko zugesagte Finanzspritze von 200 Millionen Euro kompensiert werden könnte, wenn sie ausbleibt. Dass sie nicht nach Essen fließt, ist mit der Signa-Insolvenz wahrscheinlicher geworden.
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Das Fatale daran: Zum Deal im Zuge des Insolvenzplans gehörte, dass Galeria im Gegenzug weiter die hohen Mieten in den Signa gehörenden Häusern zahlt. Mit den meisten anderen Vermietern konnte Galeria Senkungen aushandeln, damit die Filialen überleben können. Da Galeria dem Vernehmen nach mehr als 160 Millionen Euro Miete im Jahr an Signa überweisen muss, stellt sich die Frage, ob man die nicht von den im Insolvenzplan fest zugesagten, aber ausstehenden 200 Millionen abziehen könnte.
Galeria: Laute und störende Nebengeräusche im Weihnachtsgeschäft
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Bei den Beschäftigten in den Warenhäusern sorgen die Nachrichten aus Österreich und der Schweiz nicht eben für Aufbruchstimmung im laufenden Weihnachtsgeschäft, von dem sich das Management viel erhofft. Als Motivationshilfe zahlte Galeria ihnen im November sogar eine Sonderprämie von 500 Euro. Dass der Insolvenz der Signa Holding nun täglich weitere von Tochtergesellschaften folgen, wirft die Frage auf, ob das auch Galeria Karstadt Kaufhof erneut droht. Der Weg der Schweizer Tochter, mit einem Gläubigerschutz auch den Schutz vor der insolventen Mutter zu suchen, steht im Ernstfall auch Signa-Töchtern in Deutschland grundsätzlich offen.