Paderborn. Die Intilion AG, Tochter des Batterieherstellers Hoppecke, braucht für schnelles Wachstum Geld. Wo es nach Absage des Börsengangs herkommen soll.
Die Intilion AG, Tochtergesellschaft des Sauerländer Batterieherstellers Hoppecke, hat eine glänzende Erfolgsstory vorzuweisen. Das Unternehmen bietet Speichertechnologien an, wie sie im Zuge der Energiewende immer stärker nachgefragt werden. 2019 in Paderborn als Denkfabrik gegründet, steuert Intilion auf 100 Millionen Euro Umsatz und rund einhundert Beschäftigte zu. Um das rasante Wachstum mit einer jährlichen Verdoppelung fortzusetzen, braucht die AG über kurz oder lang Kapital.
Dies sollte eigentlich ein Gang an die Frankfurter Börse in die Kassen spülen. Im Sommer angekündigt, war er für das dritte Quartal 2023 vorgesehen. 14 Tage nach der Ankündigung wurde das Unterfangen wieder abgesagt. Das im Vorfeld von zahlreichen potenziellen Investoren signalisierte starke Interesse spiegelte sich offenbar nicht angemessen im zu erzielenden Ausgabepreis wider. „Natürlich ist man dann sehr enttäuscht“, sagt André Haubrock, Vorstandsvorsitzender der Intilion AG. Ein möglicher Börsengang sei erst einmal verschoben. Die Suche nach frischem Kapital allerdings keineswegs.
Börsengang liegt auf Eis
Rund ein Jahr bereitete das Unternehmen mit versierten Beratern den Weg an die Börse vor. „Im Juli war das Börsenumfeld ziemlich unberechenbar“, blickt Haubrock kurz zurück. Tatsächlich sind die Finanzmärkte aktuell verunsichert wie lange nicht mehr, wie sich täglich beobachten lässt. Wer weiß, was kommt?
Das Energiewende-Unternehmen in Paderborn kommt kurzfristig auch ohne Geld von Anlegern aus, versichert CEO Haubrock. Das Geschäftsjahr, das Ende März 2024 endet, sei über die Muttergesellschaft Hoppecke ausreichend abgesichert. Mittelfristig hängt vom Finanzspielraum aber auch das Tempo des Wachstums ab. Auf Geschwindigkeit beim Wachstum kommt es jetzt an, soll aus dem ehemaligen Hoppecke-Start-up etwas wirklich Großes werden – dies ist weiter erklärtes Ziel.
Intilion baut Speicher für Gewerbe und Großspeicher für Solar- oder Windparks, hat auch bereits einige Raststätten entlang der deutschen Autobahnen mit Speichern für die notwendige Ladeinfrastruktur ausgestattet, wie sie im von Bundesverkehrsminister Volker Wissing ausgerufenen „Deutschland-Netz“ notwendig sind.
Die Lithium-Ionen-Batteriezellen für die Speicher stammen aus Asien und müssen vorfinanziert werden. „Wenn sich unser Wachstum weiter so fortsetzt wie bisher, brauchen wir eine entsprechende Kapitalausstattung. Wir sind also weiter auf der Suche nach Investoren“, sagt Haubrock. Sie sollten allerdings zur Hoppecke-Gruppe passen, dem familiengeführten Sauerländer Unternehmen mit bald einhundertjähriger Tradition. Ein erneuter Anlauf Richtung Börse ist nicht ausgeschlossen. Der Plan bleibt aber vorerst im Hinterstübchen der Strategen bei Intilion.
Gedacht wird derzeit daran, wie welche Märkte in Europa am besten mit der Technik aus Paderborn versorgt werden können. Hatte man bei Intilion vor zwei Jahren noch den Fokus auf Deutschland, Österreich und die Schweiz (DACH-Region) gerichtet, sind Speicher made in Westfalen längst in ganz Europa gefragt. In Dänemark, Ungarn, den Niederlanden. Großbritannien, Italien, Spanien nennt Haubrock als spannende Märkte.
Großbritannien steht besonders im Fokus der Paderborner, weil es durch die Insellösung herausfordernder als in Resteuropa sei, das Stromnetz im Gleichgewicht zu halten. Da kommen intelligente Speicher aus Paderborn gerade recht. Sie sind mehr als ein Seecontainer voller Batteriezellen. Im Zusammenspiel mit entsprechender Software, die auch anfallende Daten für Betreiber von Solarparks verwertbar macht, und dem Service machen sie als komplexes System den Unterschied im Markt.
Die Intilion AG ist in Großbritannien auf der Suche nach der ersten Niederlassung in der noch jungen Unternehmensgeschichte. Noch sei offen, ob es Manchester, Birmingham oder doch das teure Pflaster London wird, aber in Kürze werde die Entscheidung fallen.
Möglich, dass das Paderborner Unternehmen für Speichertechnologie in diesem Sommer manchem Fonds als Energiewende-Anlage noch zu klein war. Ein erneuter Anlauf sei aber nicht ausgeschlossen, sagt Haubrock. Alles ist schließlich vorbereitet, die Pläne liegen in der Schublade. Das für einen geregelten Börsengang notwendige Prospekt für die Anleger, mit dem Intilion im Frühsommer quer durch Europas Börsenstädte wie Frankfurt, Zürich, Paris oder London auf Werbetour war, muss dann aber in Teilen neu geschrieben werden.
Vorzeigeprojekt vor der Haustür
Das Wachstum geht weiter. Gerade hat die Intilion AG ein Vorzeigeprojekt vor der eigenen Haustür mit Speichertechnologie ausgestattet: den „All Electric Society Park“ in Blomberg des weltweit agierenden Familienunternehmens Phoenix Contact. Der Park zeigt das Energiesystem der Zukunft in einer elektrifizierten Gesellschaft. Intilion hat die erforderlichen Großspeichersysteme in den Park integriert. „Der Park ist eine tolle Möglichkeit, um anschaulich und verständlich die technischen Lösungen der Energiewende zu erleben. Mit unseren Batteriespeichern leisten wir dazu einen sehr wichtigen Beitrag“, sagt Haubrock. Vielleicht auch für potenzielle Investoren eine Reise wert.