Münster/Essen. E-Capital unterstützt nachhaltige Start-ups mit Millionen. Chef Paul-Josef Patt erklärt, warum es Gründer im Ruhrgebiet immer noch schwer haben.

Wenn im Ruhrgebiet Zustellfahrzeuge von Liefergrün unterwegs sind und E-Autofahrer in Essen und Düsseldorf künftig an Tankstellen von Numbat ihre Elektroautos aufladen, steckt dahinter Investmentkapital aus Münster. E-Capital gehört zu den wenigen bedeutenden Venture-Capital-Gebern aus Nordrhein-Westfalen, die Start-ups mitfinanzieren.

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Paul-Josef Patt ist ein bedächtiger Mann mit runder Brille. Nach Stationen bei der Kaufhof AG, Ernstings Familie, Sinn Leffers und der Diebels Brauerei investiert der studierte Ökonom seit mehr als zwei Jahrzehnten in Start-ups. Und das mit der Erfolg. Seine im Jahr 1999 gegründete Firma E-Capital gilt als der größte Technologie-Investor in Deutschland. Patt und sein Team sind aktuell an 33 jungen Unternehmen mit einer Gesamt-Investitionssumme von mehr als 340 Millionen Euro beteiligt.

Patt: „CO2-Reduzierung ist uns sehr wichtig“

„In der ersten Finanzierungsrunde beteiligen wir uns in der Regel mit zwei bis drei Millionen Euro an Start-ups und sind im Schnitt sechs bis acht Jahre in den jungen Firmen investiert“, erläutert Patt seine Strategie. „Wir konzentrieren uns auf nachhaltige Deep-Tech-Unternehmen, die viele Patente angemeldet haben, um ihre neuen Technologien abzusichern.“ Aktuell hält E-Capital 33 Beteiligungen an Firmen, die sich vor allem mit dem Megathema Energiewende beschäftigen. „Wir schauen uns jährlich mehr als 2000 Businesspläne an. Uns ist die CO2-Reduzierung durch unsere Beteiligungen sehr wichtig“, sagt der Unternehmenschef.

Paul-Josef Patt, CEO und Managing Partner der eCAPITAL ENTREPRENEURIAL PARTNERS AG, posiert für ein Foto. Foto: Roman Mensing
Paul-Josef Patt, CEO und Managing Partner der eCAPITAL ENTREPRENEURIAL PARTNERS AG, posiert für ein Foto. Foto: Roman Mensing © Roman Mensing | Roman Mensing

Patt ist fest davon überzeugt, dass hierzulande viel zu wenig auf dem Sektor von Forschung und Entwicklung passiere. „In Deutschland wird dramatisch zu wenig in Innovationen und Zukunft investiert“, sagt er und untermauert seine Kritik mit einer Studie von Invest Europe. Danach entfielen im Jahr 2021 in der Bundesrepublik nur 0,06 Prozent des Bruttoinlandprodukts auf Venture-Capital-Investitionen. „Das liegt noch einmal deutlich unter dem EU-Schnitt von 0,1 Prozent. In Großbritannien betrug der Wert im vergleichbaren Zeitraum 0,26 Prozent“, verweist Patt auf die Lage im Vereinigten Königreich.

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Von den bedeutenden Venture-Capital-Gebern, die Start-ups mit signifikanten Millionen-Beträgen zu Wachstum verhelfen, haben sich die meisten auf Berlin konzentriert. E-Capital will sich von dieser Fokussierung bewusst abheben. „Wir sitzen in Münster und nicht in Berlin wie alle anderen, weil Münster ein sehr attraktiver Standort ist. Wir fühlen uns in NRW wohl“, unterstreicht Patt und liefert eine Erklärung, warum die Start-up-Szene im Revier immer noch den Anschluss an andere Metropolen sucht. „Im Ruhrgebiet fehlen die großen Technologie-Schmieden wie die Technische Universität München, wo es viele Ausgründungen von Start-ups gibt. In Nordrhein-Westfalen übernimmt die RWTH Aachen diese Rolle“, meint der Chef von E-Capital und schränkt ein: „Eine Ausnahme ist der Cybersecurity-Schwerpunkt an der Ruhr-Universität in Bochum. Dieses Ökosystem haben wir und unsere dort tätigen Cyberpartner erfolgreich mit aufgebaut.“

Bernd Arkenau, Managing Partner der eCAPITAL ENTREPRENEURIAL PARTNERS AG, posiert für ein Foto. Foto: Roman Mensing
Bernd Arkenau, Managing Partner der eCAPITAL ENTREPRENEURIAL PARTNERS AG, posiert für ein Foto. Foto: Roman Mensing © Roman Mensing | Roman Mensing

Aber nicht nur an Rhein und Ruhr macht sich bemerkbar, dass das Geld zur Finanzierung von Start-ups nicht allzu locker sitzt. Wie es dazu kommt, erklärt Bernd Arkenau, geschäftsführender Partner bei E-Capital. „Wir werben das Geld für unsere Beteiligungen bei Banken, Fonds, Versicherungen und Pensionskassen ein, aber auch bei renommierten Family Offices. Da die Altersvorsorge in den USA weitgehend privat organisiert ist, ist dort viel mehr Geld unterwegs. In Deutschland fehlen diese Quellen“, sagt er im Hinblick auf die Lage in den Vereinigten Staaten.

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Zum Teil sei die zögerliche Entwicklung in Deutschland aber auch hausgemacht. „Der deutsche Staat hat zu lange gezögert, Venture-Capital-Finanzierungen zu ermöglichen und flankierend zu unterstützen. Das hat sich zum Glück ein wenig gebessert“, urteilt Arkenau.

Flaschenpost-Gründer gehört zu Partnern von E-Capital

Davon unbeeindruckt beschreitet E-Capital einen eigenen Weg, der sich offenbar sich seit Jahrzehnten bewährt hat. „Wir gehen nicht in die Geschäftsführung, unterstützen unsere Unternehmen aber im Beirat oder im Aufsichtsrat und stellen über unser gewachsenes Netzwerk wichtige Kontakte her“, sagt Arkenau. Zum Konzept der Münsteraner gehöre es aber auch, erfahrene Unternehmer aus der jeweiligen Branche als Partner mit entsprechendem Wissen, aber auch Kapital an Bord der Start-ups zu holen.

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Auf diese Weise sind eine Reihe namhafter Ex-Gründer zu E-Capital gestoßen. Zu ihnen gehören Christoph Ostermann, der 2019 seinen Solaranbieter Sonnen GmbH an den Großkonzern Shell verkauft hat – für einen mittleren dreistelligen Millionenbetrag. Aber auch Stephen Weich, Gründer von Flaschenpost. Sein Getränke- und Lebensmittel-Zustellunternehmen ging 2020 für rund eine Milliarde Euro an Dr. Oetker. Zum Kreis der Partner ist auch Cornelius Patt, Gründer der Zooplus AG, gestoßen. Der Tierbedarf-Handel ging 2021 für mehr als drei Milliarden Euro an die einstigen Wettbewerber Hellman & Friedman sowie EQT.

Arkenau: „Wir gehen raus, wenn es Sinn macht“

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Auch E-Capital investiert nicht, um dauerhaft zu bleiben. „Wir gehen dann raus, wenn es für uns und das jeweilige Start-up Sinn macht und wir eine gute Rendite erwirtschaften können“, sagt Bernd Arkenau. Unternehmenschef Paul-Josef Patt räumt ein, dass nicht immer alles glatt ablaufe. „Auch wir haben schon Schiffbruch mit Beteiligungen erlitten. Oft liegt es daran, dass die jeweiligen Geschäftsideen, die wir unterstützen wollen, einfach noch zu früh sind“, erklärt der Investor. „Man könnte auch sagen, dass die Gesellschaft für manche Ideen einfach noch nicht reif genug ist und noch Zeit braucht.“