Essen. Start-up Numbat will jährlich bis zu 1000 E-Ladesäulen bauen – auch in Essen. Volltanken auf Supermarkt-Parkplätzen in nur 15 Minuten.
In NRW fehlen Tausende Ladesäulen für Elektroautos. Der bislang schleppende Ausbau könnte nun Fahrt aufnehmen. Das Start-up Numbat drängt mit einer neuen Speichertechnologie und dem Versprechen, einen E-Pkw in nur 15 bis 20 Minuten vollzuladen, in nordrhein-westfälische Großstädte wie Essen. Herkömmliche Säulen kommen auf eine Ladezeit von vier bis acht Stunden.
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Mit seinen aktuell etwas mehr als 2000 öffentlichen Ladepunkten steht NRW im nationalen Vergleich gar nicht so schlecht da. Doch die Flotte der E-Autos wächst viel schneller als die Zahl der Säulen. „Tesla kann innerhalb von 22 Stunden ein Elektroauto bauen. Das große Problem ist aber die Ladeinfrastruktur“, sagt Martin Schall. Der Mitgründer des Start-ups Numbat hat große Pläne, um das Ladesäulennetz rasch auszubauen. Sein Ziel: bis zu 1000 neue Standorte jährlich.
Schnellladen ist in Metropolen ein Problem
„Beim Ausrollen gehen wir aggressiv vor. Dieses Tempo benötigt der Markt aber auch, weil es in Deutschland zu wenig Ladeinfrastruktur gibt. Vor allem in den Metropolen ist es ein Riesenproblem, E-Autos schnell aufzuladen“, meint Schall, der im Gespräch mit unserer Redaktion gar nicht leugnet, dass er mit seinem ehrgeizigen Plan vor einem gewaltigen finanziellen Kraftakt steht. „Dafür müssen wir sehr viel Geld in die Hand nehmen. Deshalb haben wir eine neue Finanzierungsrunde gestartet. Wir suchen gezielt Investoren, die mehrere Hundert Millionen Euro Eigenkapital beisteuern“, erklärt der Numbat-Chef.
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Sein Optimismus ist aber groß. Denn Schall ist davon überzeugt, dass seine Säulen nahezu überall aufgestellt werden können, ohne zuvor die unterirdischen Stromleitungen zu ertüchtigen. „Das Stromleitungsnetz in Deutschland reicht nicht aus. Nur an 30 Prozent der potenziellen Standorte können Schnellladesäulen ohne eine zusätzliche Trafostation und ohne eine größere Leitung gebaut werden“, sagt er. Numbat dagegen, könne 100 Prozent der Standorte ausrüsten.
„Unsere Säulen benötigen kein Mittelspannungsnetz, sondern nur ein Niederspannungsnetz“, erläutert Schall. Das sei ein Wettbewerbsvorteil, der sich mit der Technologie erklären lassen. Denn Numbat baut in seine Säulen integrierte Batteriespeicher ein, die den Strom „langsamer und kontinuierlich“ aus dem Netz laden. „Der Strom fließt dann aus den Speichern in die Akkus der Autos“, sagt der Unternehmer.
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Seine Säulen will Numbat vor allem auf Parkplätzen von Tankstellen, Supermärkten und anderen Handelsketten installieren. „Idealerweise“ soll der Strom an diesen Orten von Photovoltaikanlagen auf den Dächern klimaneutral erzeugt werden. Damit verdient das Start-up, das die Säulen betreibt, die Hardware aber zukauft, dann letztlich auch sein Geld. „Numbat refinanziert sich über den Verkauf von Strom an die E-Fahrzeuge, Energiedienstleistungen durch den Speicher und die Vermarktung der Bildschirme auf der Säule“, fasst der Mitgründer zusammen.
Nachrichten und Werbung auf den Säulen
Auch das ist neu: „Unsere Ladesäulen fallen auf den Parkplätzen auf“, sagt Unternehmenssprecher Uli Benker nicht nur im Hinblick auf die Größe der Anlagen. Die Ladesäulen sind mit jeweils zwei großen Bildschirmen bestückt, über die lokale Nachrichten, aber auch Werbung laufen sollen. „Wir haben schon mit einigen großen Medienhäusern eine Absichtserklärung über die Vermarktung der Bildschirme geschlossen. Insbesondere in eher ländlich geprägten Räumen wie Thüringen wird das ein ganz neues Medium“, meint Benker. Bei Numbat ist intern von der „digitalen Litfaßsäule der Zukunft“ die Rede.
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Ab August sollen die ersten Stationen an Tankstellen des Betreibers Pfennings, bei Edeka, Tegut, Norma und Euronics zu sehen sein. Dabei müssen freilich die Behörden mitspielen. „Die Genehmigungsverfahren sind ein großes Problem“, räumt Schall ein. Er sieht sein Unternehmen aber im Vergleich zu Wettbewerbern im Vorteil, weil seine Säulen nur ein Niederspannungsnetz benötigten. Gleichwohl zeigt sich der Unternehmer namens seiner Branche unzufrieden. „Es ist äußerst schwierig, wie das gerade läuft. Bund, Land, Kreis, Stadt – viel zu viel Bürokratie. Gefühlt will jeder mitreden“, beklagt der Numbat-Chef.
„Laden darf nicht zum Luxusgut für Garagenbesitzer werden“
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Zumal er in seiner Technologie einen Beitrag sieht, nicht nur das Ladenetz auszubauen, sondern E-Mobilität für eine größere Nutzerzahl attraktiv zu machen. „Rund die Hälfte der Besitzer von Elektroautos können zu Hause keine Wallbox anschließen“, meint Schall. Deshalb sei der Supermarkt-Parkplatz der ideale Ort zum Aufladen. „Laden darf nicht zum Luxusgut für Garagenbesitzer werden. Elektromobilität hat deshalb nicht nur ökologische, sondern auch soziale Aspekte.“
>>> Die Investoren von Lumbat
Numbat ist ein stark wachsendes Start-up. Vor zwei Jahren in Kempen gegründet, beschäftigt der Ladesäulen-Betreiber bereits rund 100 festangestellte Menschen.
Zu den Investoren gehört E-Capital aus Münster, der aktuell wohl größte Technologie-Investor in Deutschland. Zum Investoren-Kreis gehört auch Christoph Ostermann, der bis zum Verkauf an Shell Gründer und Chef der Sonnen GmbH war.
Dritter namhafter Investor ist Unternehmer Ralph Suikat.