Berlin. US-Präsident Donald Trump will den Krieg Russlands gegen die Ukraine durch einen niedrigen Ölpreis beenden. Kann das wirklich gelingen?
Russland finanziert den Krieg gegen die Ukraine auch über Einnahmen aus dem Verkauf von Öl an Indien und China. Sinkt der Ölpreis auf den Weltmärkten, könnte Russland das Geld ausgehen, um den Feldzug fortzuführen – glaubt Donald Trump. Jedenfalls lassen sich Aussagen, die der US-Präsident jüngst auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos tätigte, so deuten.
„Wenn der Preis sinken würde, dann würde der russisch-ukrainische Krieg sofort aufhören“, sagte Trump in seiner per Videoschalte gehaltenen Rede. „Im Moment ist der Preis hoch genug, damit der Krieg weitergeht“, so Trump weiter. „Ich werde Saudi-Arabien und die Opec bitten, die Kosten für Öl zu senken.“ Der Preis müsse fallen.
Trump will auch in seinem Land viel mehr Öl fördern lassen
Bereits kurz nach seiner Vereidigung hatte Trump per Dekret ein neues Zeitalter für fossile Energien ausgerufen. Auch in seinem Land soll künftig wieder mehr Öl gefördert werden. Ob sich auch die anderen ölfördernden Länder, die sogenannten Opec-Staaten darauf einlassen, bezweifeln Ökonomen allerdings.
Es sei noch gar nicht klar, ob Trumps Maßnahmen wirklich dazu führten, dass viel mehr Öl gefördert werde, sagte der Leiter des Bereichs Energie & Klima am Institut der deutschen Wirtschaft (IW Köln), Thilo Schaefer, dieser Redaktion. „Natürlich begrüßt die Öl- und Gas-Industrie die geplanten Erleichterungen – sie wird aber trotzdem nur neue Projekte anstoßen, wenn das betriebswirtschaftlich sinnvoll klingt“, sagte Schaefer.
Trump: Ökonomen bezweifeln, dass Opec-Staaten massive Verluste in Kauf nehmen
Ebenfalls fraglich sei, ob ein sinkender Ölpreis genug Einfluss auf Russland ausübe. Auch bisherige Sanktionspakete hätten Russland nicht ausreichend unter Druck gesetzt, um den Verlauf des Krieges zu ändern, merkte der Ökonom an. „Trump versucht es mit scheinbar einfachen Lösungen, die so kaum funktionieren dürften.“ Das sieht auch Schaefers Kollege Manuel Frondel vom Essener Wirtschaftsforschungsinstitut RWI so.
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„Es ist wenig wahrscheinlich, dass die Opec-Staaten Milliardenverluste in Kauf nehmen, um einen Waffenstillstand zu ermöglichen“, sagte Frondel im Gespräch mit dieser Redaktion. Grundsätzlich bezeichnete er aber die Idee, die finanziellen Möglichkeiten Russlands einschränken zu wollen, um auf diese Weise Russland an den Verhandlungstisch zu zwingen, als gut. Dafür allerdings müsste der Rohölpreis wohl auf einen Bruchteil des aktuellen Wertes sinken.
Öl: Auf diesen Wert müsste der Preis je Barrel wohl sinken
Aktuell kostet ein Barrel der US-Sorte WTI mehr als 74 Dollar, Opec-Öl mehr als 80 Dollar je Barrel. Andrij Jermak, Leiter der ukrainischen Präsidialverwaltung, hatte zuletzt formuliert, Ziel müsse es sein, den Preis für ein Barrel Öl auf 30 US-Dollar zu drücken.
Ökonom Frondel glaubt daran nicht. „Saudi-Arabien als wichtigstes Ölförderland würde sich damit in massiver Weise selbst schaden und müsste zudem noch die anderen Opec-Mitglieder überzeugen, ebenfalls ihr Ölangebot stark auszuweiten, um den Ölpreis in die Knie zwingen zu können. Alleine kann Saudi-Arabien wenig ausrichten“, erklärte Frondel.
Trump versucht Strategie, die auch ihm selbst nutzen könnte
Und würde ein niedriger Ölpreis überhaupt den Krieg beenden? Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm geht davon nicht aus. Der Kreml habe unter schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen an seinen politischen und militärischen Zielen festgehalten. Zudem habe sich die russische Wirtschaft stets als anpassungsfähig erwiesen, sagte Grimm dieser Redaktion. „Russland hat seit Beginn des Krieges zunehmend alternative Abnehmer für seine Energierohstoffe gefunden, insbesondere in China und Indien. Selbst bei niedrigeren Preisen könnte Russland weiterhin Einnahmen generieren, wenn diese Länder die Importe aufrechterhalten“, sagte sie weiter.
Trumps Strategie sei vermutlich, den Westen in eine bessere Verhandlungsposition zu bringen. Grimm sieht darüber hinaus in einem niedrigen Ölpreis auch Vorteile für Trump selbst: „Ein geringerer Ölpreis könnte den Inflationsdruck dämpfen und zinssenkend wirken. Das ist nicht schlecht, wenn man gleichzeitig mit Zöllen und anderen Maßnahmen droht, die in die andere Richtung wirken“, erklärte die Ökonomin.
Trump will den Krieg gegen die Ukraine möglichst schnell beenden
Trump hatte mehrfach erklärt, auch bald mit Kremlchef Wladimir Putin über eine Beendigung des Kriegs sprechen zu wollen. Bisher hat er keinen Plan präsentiert, wie er zu einem Frieden in dem komplexen Konflikt kommen will. Die Ukraine verteidigt sich seit fast drei Jahren mit westlicher Hilfe gegen den russischen Angriffskrieg.
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