Essen. Wird der ganze Abfall am Ende doch zusammengekippt und verbrannt? Fünf Irrtümer rund ums Sammeln und Sortieren, die sich hartnäckig halten.

Deutschland gilt immer noch als Weltmeister im Mülltrennen. Dabei landen bei Weitem nicht alle Abfälle der Privathaushalte in der richtigen Tonne, sagt der Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung. Allein von den 2,6 Millionen Tonnen Abfall, die pro Jahr über die Gelben Tonnen oder Säcken gesammelt werden, sind im Schnitt 30 Prozent falsch entsorgter Müll. Diese Fehlwürfe behindern das Recycling: Sie müssen aufwendig und teuer aussortiert werden.

Hartnäckig halten sich in den Privathaushalten Irrtümer über das Trennen und Entsorgen von Müll. Macht das Sortieren überhaupt Sinn oder wird am Ende doch alles verbrannt? Und nutzt es wirklich Klima und Umwelt? Wir haben fünf populäre Aussagen auf Richtigkeit geprüft und erklären, was Verbraucher beachten sollten.

„Der Müll wird doch eh am Ende zusammengekippt und alles verbrannt“

Irrtum 1

Falsch. Verbrannt wird nur der Inhalt der grauen Restmülltonne, sagt der Bundesverband Entsorgung. Was getrennt werde, bleibe bis auf wenige Ausnahmen auch getrennt. Verpackungen, die in der Gelben Tonne oder dem Gelben Sack entsorgt werden, können recycelt werden. Das gilt auch für Glasverpackungen aus den Altglas-Containern und Altpapier aus der Papiertonne.

Das Verbrennen von Müll ist ein Weg der Abfallverwertung, seitdem 2005 Abfälle nicht mehr unbehandelt auf Deponien abgelagert werden dürfen. In den aktuell 66 Müllverbrennungsanlagen in Deutschland nennt sich der Vorgang „thermische Verwertung“. Das Öko-Institut gibt für das Jahr 2021 an, dass in Deutschland insgesamt 46,8 Millionen Tonnen haushaltstypische Siedlungsabfälle anfielen, von denen 30 Prozent als Restabfall vorwiegend verbrannt wurden.

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Die bei der Verbrennung entstehende Hitze wird zur Energieerzeugung genutzt, etwa als Strom oder Fernwärme. Ein kleiner Teil des Restmülls ist Abfall mit einem hohen Heizwert. Wird er verbrannt, setzt er viel Energie frei. Dieser Müll wird in Kohlekraftwerken oder Zementwerken verbrannt, um Brennstoffe zu sparen. Ersatzbrennstoffe können auch Reste aus dem Kunststoffrecycling sein. Das Endprodukt des verbrannten Mülls ist Schlacke, die auf Deponien gelagert wird.

Umweltorganisationen wie der BUND oder Nabu (Naturschutzbund Deutschland) kritisieren jedoch, dass immer noch zu viele Wertstoffe im Restmüll landen und somit verloren gehen. Auch müssen zum Schutz der Umwelt schädliche Gase, die bei der Verbrennung entstehen, in speziellen Rauchgasreinigungsanlagen gesäubert werden. Kritiker fordern deswegen, die anderen Wege der Abfallverwertung stärker zu beachten: das Vermeiden, die Wiederverwertung und das Recycling im Sinne einer Kreislaufwirtschaft.

„Es macht keinen Sinn, das Glas nach Farben zu trennen“

Irrtum 2

Falsch. Viele Bürgerinnen und Bürger glauben, dass der Inhalt des Glascontainers bei der Abholung komplett in das Sammelfahrzeug geschüttet wird, berichtet der Bundesverband Glasindustrie. Tatsächlich hätten die Fahrzeuge für den Transport von Grün-, Braun- und Weißglas jeweils unterschiedliche Kammern.

Glasverpackungen lassen sich beliebig oft einschmelzen und recyceln. Dazu müssen die Farben jedoch auch in den Aufbereitungsanlagen strikt getrennt werden. Das Zusammenkippen getrennter Glasscherben würde zu erheblichen Verunreinigungen führen und ein sortenreines Recycling erschweren. Laut Experten besteht eine Glasflasche heute zu 60 Prozent aus „Alt“-Scherben, bei grünen Glasflaschen seien es sogar bis zu 90 Prozent.

>> Ein Tipp: Blaues oder rotes Glas gehört immer in den Grünglas-Container, da Grünglas in der Verwertung weniger empfindlich für Unreinheiten ist.

30 Jahre Mülltrennung - Sortieranlage für Verpackungsabfälle
Rund 20 Millionen Tonnen an Verpackungsabfällen fallen pro Jahr in Deutschland an. Knapp 68 Prozent davon werden recycelt. © Rolf Vennenbernd/dpa | Rolf Vennenbernd

„In die Gelbe Tonne oder den Gelben Sack gehört nur Plastik“

Irrtum 3

Das stimmt nicht. In die Gelbe Tonne oder Gelben Sack kommen Verkaufsverpackungen aus Kunststoff, Weißblech, Aluminium oder Verbundstoffen (Verpackungen, die aus verschiedenen, miteinander verbundenen Materialien bestehen, etwa Getränkekartons). In einigen Städte in Deutschland, etwa Berlin oder Braunschweig, können auch Gegenstände aus Kunststoff oder Metall entsorgt werden, die keine Verpackung sind. In etwa einem Fünftel des Bundesgebietes gibt es dafür Wertstofftonnen, in denen etwa altes Plastikspielzeug oder gebrauchte Pfannen entsorgt werden können.

Das Recycling von Abfall aus der Gelben Tonne hat jedoch Grenzen. Manche Stoffe wären zwar verwertbar, sind allerdings zu stark verschmutzt oder zu kleinteilig. Sie werden aussortiert und verbrannt. Laut Umweltbundesamt wurden im Jahr 2021 knapp 35 Prozent der eingesammelten Kunststoffabfälle als Werkstoffe verwertet. 64 Prozent wurden verbrannt.

Auch wird aus einer Verpackung nur in seltenen Fällen wieder eine neue Verpackung. Meistens wird etwas Minderwertigeres daraus hergestellt, die ursprüngliche Funktion geht dabei verloren.

>> Tipp: Damit beim Recycling möglichst reine Rohstoffe hergestellt werden können, sollten Verbraucherinnen und Verbraucher vor dem Wurf in die Gelbe Tonne darauf achten, einzelne Materialarten vorher zu trennen - bei Joghurtbechern etwa den Deckel vom Becher, bei Käseverpackungen die Folie vom Trägertablett.

„Bioplastik ist umweltschonender, weil es komplett abgebaut wird“

Irrtum 4

Das ist so nicht richtig. Viele Produkte und Verpackungen aus Biokunststoff sind mit dem Aufdruck „kompostierbar“ gekennzeichnet. Laut EU-Norm EN 13432 bedeutet das, dass das Material nach sechs Monaten zu mindestens 90 Prozent zersetzt sein muss. Dieser Wert bezieht sich aber auf Industrieanlagen – nicht auf den heimischen Kompost. Dort herrscht nicht die für den vollständigen Abbau erforderliche Hitze.

Weil sie sich nicht vollständig zersetzen, dürfen Biokunststoffe nicht in die Biotonne geworfen werden, sondern müssen über die Gelbe Tonne entsorgt werden, so das Umweltbundesamt. Ausgenommen sind Biokunststoff-Beutel für den Biomüll. Sie müssen nach den Normen EN 13432 oder EN 14995 zertifiziert sein.

Biokunststoffe werden auch aus nachwachsenden Rohstoffen wie Maisstärke, Zuckerrohr, Kartoffeln oder Algen hergestellt. Durch die Nutzung dieser erneuerbaren Ressourcen kann der Rohstoff Erdöl eingespart werden. Der Nachteil: Biokunststoffe bestehen nicht zu 100 Prozent aus nachwachsenden Rohstoffen, es können Zusatzstoffe beigemischt sein. Auch steht der Anbau der Rohstoffe in Konkurrenz zu landwirtschaftlichen Flächen, auf denen Nahrungsmittel erzeugt werden.

„Mülltrennung ist teuer und nutzt der Umwelt nicht“

Irrtum 5

Das ist so nicht richtig. Das Öko-Institut in Freiburg hat in einer Studie berechnet, dass durch das Recycling von Verpackungen aus der Gelben Tonne und dem Gelben Sack sowie von Glas, Papier, Pappe und Karton aus den entsprechenden Sammelbehältern im Jahr rund 3,1 Millionen Tonnen CO2 in Deutschland eingespart werden. Das entspricht den Emissionen einer Stadt in der Größe von Bonn im gleichen Zeitraum. Auch sei das duale System mit rund vier Millionen Tonnen erzeugten Sekundärrohstoffen im Jahr eine wichtige Rohstoffquelle für die Wirtschaft.

Die Kosten für die Entsorgung und das Recycling bezahlen die Verbraucherinnen und Verbraucher bereits an der Kasse, sie sind im Produktpreis enthalten. Durchschnittlich zahle jeder Bürger im Jahr 18 Euro, hat das Duale System ausgerechnet.