Essen. Elf Millionen Tonnen Lebensmittel landen pro Jahr im Müll, obwohl vieles noch essbar ist. Was Sie über Haltbarkeit und Lagerung wissen sollten.
79 Kilogramm Lebensmittel wirft jeder Verbraucher und jede Verbraucherin in Deutschland im Jahr in den Abfall, elf Millionen Tonnen sind es insgesamt. Mehr als die Hälfte dieser Menge fällt in den privaten Haushalten an, sagen Verbraucherzentralen und Lebensmittelschützer. Und sie kritisieren, dass viele der weggeworfenen Produkte noch essbar seien. Was aber sind die Gründe für die Verschwendung: Gedankenlosigkeit oder Unwissenheit?
Abgelaufene Mindesthaltbarkeit: Kein Grund, das Produkt wegzuwerfen
Das Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) zeigt den Zeitpunkt an, bis zu dem der Hersteller garantiert, dass das ungeöffnete Lebensmittel bei durchgehend richtiger Lagerung seine spezifischen Eigenschaften, wie Geruch, Geschmack und Nährwert behält. Das MHD gibt eine Orientierung an. Ist dieses Datum abgelaufen, ist das Produkt in der Regel bedenkenlos genießbar. „Es darf sogar weiter verkauft werden“, bestätigt Antonia Brandstädter, Expertin für Lebensmittelrecht und -hygiene bei der Verbraucherzentrale NRW.
- Veganuary: In diesen veganen Speisen lauern tierische Stoffe
- Saisonale Lebensmittel: Das Superfood vom Acker nebenan
- Laborfleisch: Müssen wir noch Tiere töten, um uns satt zu essen?
- Was Sie über Biosiegel wissen müssen
- Lebensmittel retten: Richtig einfrieren und auftauen
„Händler müssen dann allerdings auf das abgelaufene MHD hinweisen“, so Brandstädter. Auch hängt die Haltbarkeit von bestimmten Bedingungen ab, wie zum Beispiel der Lagertemperatur. Das muss dann auf dem Etikett angegeben sein. „Ist dies nicht der Fall, gilt das abgelaufene MHD als ein Sachmangel, und das Lebensmittel kann reklamiert werden.“ Eine Verpflichtung, auf Produkte mit abgelaufenem MHD einen Preisnachlass anzubieten, gebe es nicht. „Auch der Verkauf zum Normalpreis ist zulässig.“
Was Verbraucher wissen sollten: „Mit Ablauf des MHDs geht beim Verkauf die Verantwortung, und damit die Haftung, vom Hersteller auf den Händler über“, sagt die Expertin. „Der Händler muss sich ab diesem Zeitpunkt jedoch regelmäßig vergewissern, dass die Qualität des Lebensmittels einwandfrei ist.“ Eine Frist, wie lange Lebensmittel nach Ablauf des MHDs verkauft werden dürfen gibt es nicht.
Bei der Angabe der Mindesthaltbarkeit gibt es Unterschiede. Bei Lebensmitteln, deren Haltbarkeit weniger als drei Monate beträgt, muss der Tag und der Monat angegeben werden, bei Haltbarkeit von drei bis 18 Monaten der Monat und das Jahr, so die Verbraucherzentrale NRW. Bei Lebensmitteln, die mehr als 18 Monate haltbar sind, reiche die Angabe des Jahres.
Frisches Obst und Gemüse, Wein, Getränke mit einem Alkoholgehalt von zehn oder mehr Volumenprozent sowie Kaugummi, Zucker, Speisesalz oder Essig müssen nicht mit einem Mindesthaltbarkeitsdatum ausgezeichnet werden.
Verbrauchsdatum überschritten: Unbedingt entsorgen
Bei leicht verderblichen Lebensmitteln - etwa frischem Geflügel, Hackfleisch oder vorgeschnittenem Salat - ist ein Verbrauchsdatum vorgeschrieben. Der große Unterschied zur Mindesthaltbarkeit: Das Verbrauchsdatum gibt den letzten Tag an, an dem das Produkt noch verkauft und verzehrt werden darf. „Auch von Produkten, die noch ,frisch‘ aussehen, können ab diesem Zeitpunkt Gesundheitsgefahren aufgrund von Keimen ausgehen, warnt Brandstädter. „So bedauerlich es auch ist, wenn Lebensmittel im Müll landen, Produkte mit abgelaufenem Verbrauchsdatum sollten unbedingt entsorgt werden.“
Wichtig für die Haltbarkeit: Auf Empfehlungen achten
Was Verbraucher immer wieder vergessen: Sobald eine Lebensmittelpackung geöffnet und weiter gelagert wird, gilt das Mindesthaltbarkeitsdatum nicht mehr. „Nach dem Öffnen der Verpackung können Sauerstoff, Feuchtigkeit und Mikroorganismen dafür sorgen, dass das Lebensmittel schneller verdirbt“, so die Verbraucherzentrale.
Achten sollten Verbraucher auch auf Kühlempfehlungen. sowie auf Hinweise wie „kühl und trocken lagern“ oder „vor Wärme schützen.“ Bei verpackten Fruchtsäften oder Milch müssen in bestimmten Fällen Aufbewahrungsbedingungen und der Verzehrzeitraum angegeben werden, so die Verbraucherzentrale. Hinweise wie „nach dem Öffnen innerhalb von zwei Tagen verzehren“ oder „geöffnet gekühlt drei Tage haltbar“ sollten unbedingt beachtet werden.
Ob ein Nahrungsmittel noch genießbar ist oder nicht, sollten Verbraucher mit den eigenen Sinnen prüfen, raten die Experten der Verbraucherzentrale. Ist Schimmel zu erkennen, riecht es unangenehm, schmeckt es säuerlich, oder prickelt auf der Zunge? Dann Finger weg, raten die Verbraucherschützer.
Im Supermarkt: Lebensmittel reklamieren und umtauschen
Verdorbene Lebensmittel sollten Verbraucher umgehend mit dem Bon an der an der Kasse reklamieren. Kaufen sie bewusst ein Produkt mit bald erreichtem oder überschrittenem Mindesthaltbarkeitsdatum und entpuppt sich das Produkt als nicht einwandfrei, können sie auf die Herausgabe eines einwandfreien Produkts oder die Rückgabe des Geldes pochen, erklärt die Verbraucherzentrale. Achtung: Stellen Kunden erst beim Einpacken oder zu Hause fest, dass sie ein fast oder bereits abgelaufenes Lebensmittel gekauft haben, ist dies allein kein Anlass zur Reklamation, wenn das Produkt ansonsten mängelfrei ist.
Die typischen Fehler: Lebensmittel richtig lagern
Nahrungsmittel verderben schneller, wenn sie falsch gelagert werden. Milcherzeugnisse wie Käse, Butter, Joghurt und Milch gehören in den Kühlschrank, rät das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). Seine Empfehlung: Gut verschlossen und am besten originalverpackt, im mittleren Bereich des Kühlschranks.
Nicht alle Obst- und Gemüsesorten sind kühlschranktauglich. Tomaten sind zum Beispiel kälteempfindlich. Im Kühlschrank verlieren sie ihren Geschmack und schimmeln schnell. Auch Knoblauch und Zwiebeln werden schnell gammelig. Sie sollten zudem nicht in luftdichten Behältern aufbewahrt werden. Das BMEL rät: Heimisches wie Heidelbeeren, Kirsche oder Zwetschge kann kühl lagern, Exotisches wie Mango, Banane oder Zitrusfrucht gehört nicht in den Kühlschrank. Ausnahmen: Feigen und Kiwis.
Aufpassen sollten Verbraucher bei Obst- und Gemüsesorten, die das Reifegas Ethylen entwickeln. Lagert anderes Obst und Gemüse in der Nähe, verdirbt dieses schneller. Zu den besonders starken Ethylen-Produzenten gehören unter anderem Tomaten, Äpfel, Aprikosen und Pflaumen, so die Experten.
Käse lässt sich einfrieren und hält etwa zwei bis sechs Monate lang. Der Nachteil: Je länger Käse eingefroren bleibt, desto mehr Aroma verliert er. Zudem werden manche Käsesorten im Tiefkühler krümelig. Die Verbraucherzentrale NRW rät, krümelige Exemplare dann beispielsweise zum Überbacken zu verwenden.
Dies ist ein Artikel aus der Digitalen Sonntagszeitung. Die Digitale Sonntagszeitung ist für alle Zeitungsabonnenten kostenfrei. Hier können Sie sich freischalten lassen.Sie sind noch kein Abonnent? Hier geht es zu unseren Angeboten.