Berlin. Die deutsche Industrie steckt in der Krise, mittelfristig könnte ein Fünftel der Wertschöpfung bedroht sein. Nun schlägt die Chemiebranche Alarm.
Es kriselt in vielen wichtigen Industriebranchen in Deutschland. Im Automobilbereich wird über Werksschließungen und Entlassungen diskutiert, der Maschinenbau klagt über fehlende Auslastung und drosselt seine Produktion und auch die chemisch-pharmazeutische Industrie hat zu kämpfen. Im zweiten Quartal sank der Umsatz gegenüber dem Vorquartal, die Nachfrage aus dem Ausland ist rückläufig, in vielen Chemieanlagen herrscht Auftragsmangel.
Wie gefährlich der Abwärtstrend noch werden kann, zeigen zwei in dieser Woche vorgestellte Analysen. Zum einen bescheinigte der frühere Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, Europa fehlende Wettbewerbsfähigkeit. Die Industriestruktur sei „statisch“, Europa stecke fest, so Draghi. Ähnliche Töne kommen vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), der warnt, dass ein Fünftel der industriellen Wertschöpfung gefährdet sei.
Auch interessant
Chemieverband warnt: „Zuversicht in Geschäftsmodell Deutschland schwindet“
Vor dem am Donnerstag in Berlin stattfindenden Chemie- und Pharmagipfel schlägt angesichts dieser düsteren Aussicht der Verband der Chemischen Industrie (VCI) nun alarmierende Töne an. In einem Brief wendet sich VCI-Präsident Markus Steilemann, der zugleich Vorstandsvorsitzender des Dax-notierten Kunststoffherstellers Covestro ist, an die Bundestagsabgeordneten und Partei- und Fraktionschefs.
Auch interessant
Zwar sei das Vertrauen der chemisch-pharmazeutischen Industrie in das Potenzial des Landes groß. „Dennoch schwindet die Zuversicht, dass das ‚Geschäftsmodell Deutschland‘ dem globalen Wettbewerb dauerhaft standhalten kann.“ Es brauche eine „Kernsanierung des Wirtschaftsstandorts“, schreibt Steilemann. Der Brief liegt unserer Redaktion exklusiv vor.
Hohe Energiekosten und Bürokratie belasten
Laut VCI geht das Schreiben an alle im Bundestag vertretene Fraktionen und Parteien – mit Ausnahme der AfD. Deutschland befinde sich in „Herbststimmung“ – die Wirtschaft stagniere, in der Politik herrsche Streit, in der Gesellschaft Unzufriedenheit, heißt es in dem Brief. Gerade die mittelständischen Unternehmen würden immer stärker unter „den hohen Energiekosten, unnötiger Bürokratie, zu langsamen Genehmigungsverfahren und einer in vielen Bereichen nur noch mittelmäßigen Infrastruktur“ leiden.
Es brauche entsprechende Reformen, um ein innovativer und nachhaltiger Standort mit einer starken Industrie zu bleiben. „Angesichts des zunehmenden Konkurrenzdrucks – insbesondere aus den USA und China – können wir uns Mittelmaß nicht länger leisten“, warnt Steilemann.
- Altersvorsorge: Ruhestand mit 30, 40 oder 50? So viel Geld brauchen Sie dafür
- Arbeit & Ausbildung: 5000 Euro für Azubis – Deutschlands bestbezahlte Berufe
- Arbeitsplatz: Abfindung im Job kassieren? Diese Tipps sind bares Geld wert
- Ruhestand: Drei Banker verraten, was sie für ihre Altersvorsorge tun
- Wohnen und Mieten: Reich werden mit Airbnb – Zwei Brüder verraten, wie es geht
- Geldanlage: Goldpreis auf Rekordhoch: Lohnt sich der Einstieg noch?