Nieuwegein. Für Hollands Trinkwasserversorger wird es immer teurer, giftige PFAS-Chemikalien aus Deutschland aus dem Rhein zu entfernen. Nun reicht es ihnen.

Auf seinem langen Weg in die Nordsee transportiert der Rhein so manches talabwärts – auch umweltschädigende Stoffe, die in Deutschland eingeleitet werden. Niederländische Wasserversorger, die zum Herstellen von Trinkwasser auf den Rhein angewiesen sind, reicht es nun. In einem Brief an Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) fordert der Verband der Flusswasserwerke am Rhein (RIWA-Rijn) eine Begrenzung der Einleitungen von sogenannten Ewigkeitschemikalien in den Rhein. „Angesichts der Schädlichkeit von PFAS-Verbindungen für die Umwelt und insbesondere die Trinkwasserversorgung in den Niederlanden möchten wir Sie dringend bitten, auf Bundesebene Emissionsgrenzwerte für gereinigte Industrieabwässer festzulegen“, heißt es darin.

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Die PFAS genannten Chemikalien sind eine Gruppe von Industriechemikalien, die etwa 10.000 künstlichen Stoffe umfasst. Mit den Einleitungen dieser Stoffe im gegenwärtigen Umfang halte Deutschland sich nicht an nationale und europäische Vereinbarungen zur Wasserqualität, kritisieren die niederländischen Wasserversorger. Man wolle „darauf aufmerksam machen, wie im deutschen Teil des Rheineinzugsgebiets, insbesondere in Nordrhein-Westfalen, Genehmigungen für gereinigte Industrieabwässer erteilt werden.“ Grenzwerte „sollten neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen“ über die PFAS-Auswirkungen auf die Gesundheit Rechnung tragen.

PFAS-Chemikalien belasten Umwelt und reichern sich im Körper an

Per- und polyfluorierten Alkylverbindungen (PFAS) kommen nicht natürlich in der Umwelt vor. Sie überdauern je nach Stoff extrem lange in der Umwelt, woher auch ihre Bezeichnung „Ewigkeitschemikalien“ stammt. Die Stoffe sind für den Menschen gesundheitsschädlich, viele sind sogar hochgiftig, vor allem für die Entwicklung von Kindern. So stehen PFAS unter anderem im Verdacht, Leberschäden sowie Nieren- und Hodenkrebs zu verursachen. Die Stoffe reichern sich im Körper an, etwa im Blut und der Muttermilch. Aufgrund ihrer einzigartigen Merkmale werden die Substanzen in einer großen Zahl vor allem in industriellen Produkten und Alltagsgegenständen verwendet – in regenabweisender Kleidung, in Beschichtungen von Pfannen bis hin zu Kosmetik oder Feuerlöschschaum.

Gemeinsam mit den Niederlanden zählt Deutschland zu einer Gruppe von EU-Staaten, die einen Vorstoß für ein weitreichendes PFAS-Verbot in der Europäischen Union einreichte. Industrieverbände sehen darin eine Bedrohung für Hightech-Industrien und fordern Ausnahmen. Insbesondere aus NRW, in der die Chemische Industrie stark vertreten ist, kommt scharfer Gegenwind. Die Branche befindet sich in einer schweren Krise und verzeichnete im abgelaufenen Jahr einen Produktionsrückgang von elf Prozent.

Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) hält trotz Kritik aus der Industrie daran fest, die soge­nannten PFAS-Chemikalien beschränken zu wollen.
Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) hält trotz Kritik aus der Industrie daran fest, die soge­nannten PFAS-Chemikalien beschränken zu wollen. © dpa | Georg Wendt

Die Niederlande hätten in den kommenden Jahren einen wachsenden Bedarf an sauberem Trinkwasser, dessen Gewinnung durch die industriellen Einleitungen in Deutschland jedoch immer teurer werde, so die Kritik des Verbands. „Die deutsche Regierung vertritt die Auffassung, dass PFAS-Verbindungen so schädlich sind, dass sie europaweit verboten werden sollten, was wir sehr begrüßen“, sagte RIWA-Rijn-Direktor Gerard Stroomberg. „Wir fordern die Ministerin auf, bis zum Inkrafttreten des PFAS-Verbots bereits jetzt Grenzwerte für die Einleitung von PFAS-Verbindungen in den Rhein festzulegen.“ Die Trinkwasserquelle für fünf Millionen Menschen in den Niederlanden verdiene das höchstmögliche Schutzniveau.

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Für die niederländischen Wasserversorger ist die Einleitung der Chemikalien in den Rhein ein immer dringlicher werdendes Problem. Aus dem Jahresbericht des RIWA-Rijn gehe hervor, dass die PFAS-Konzentration im Rhein (Summe von 23 PFAS-Verbindungen) im Jahr 2023 den vom niederländischen Gesundheitsministerium empfohlenen Trinkwasserrichtwert um das Drei- bis Vierfache überschritten habe.