Rom. Die Vespa steht für Dolce Vita, doch die Schadstoffbilanz des Rollers ist mies. Um ihn zu retten, wird die Regierung jetzt kreativ.

Die Vespa gehört zu Italiens Ikonen wie Pizza, Gelato und der schiefe Turm von Pisa. Spätestens seit dem Hollywood-Film „Ein Herz und eine Krone“ steht der Kultroller für italienisches Lebensgefühl. In Bella Italia und weit darüber hinaus ist er viel mehr als nur ein Fortbewegungsmittel, er ist ein Symbol für Freiheit und Lebensfreude.

Egal ob Schüler, Manager oder Hollywoodstar – Vespa fährt in Italien jeder, vor allem in den Großstädten, wo man wegen des Verkehrs sonst schwer ans Ziel kommt. Das einfache Handling der Vespa macht sie zu einem Fahrzeug für alle, Frauen und Männer, jung und alt. Keine fünf Minuten dauert es, bis man sie fahren kann.

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Der Kultroller aus der Toskana feiert in zwei Jahren seinen 80. Geburtstag. Altersfalten sind bei dem populären Zweitakter nicht zu befürchten, die „Wespe“ bringt heute genauso wie in den 1950er Jahren noch ganze Generationen auf die Räder. Nicht nur in seiner Heimat ist das Zweirad ein Hit – etwa 18 Millionen Exemplare in 150 Modellen sind in alle Welt ausgeschwärmt. Vespa-Fans gibt es überall auf der Welt. Regelmäßig werden im Ausland Treffen von Vespa-Anhängern organisiert.

Old Italian scooter parked in a street
Italien will die Vespa soll zum nationalen Kulturerbe erklären - und hat dabei ein bestimmtes Ziel im Blick. © iStock | Cividins

Vespa: Durch Schadstoffgrenzwerte drohen Einschränkungen

Jetzt will Italien seine Vespa als nationales Kulturerbe anerkennen lassen und damit Einschränkungen bei der Zulassung aufgrund von Schadstoffgrenzwerten zuvor kommen. Ein dementsprechender Gesetzentwurf der Regierungspartei Lega um Verkehrsminister Matteo Salvini wurde im Parlament in Rom eingebracht.

.„Angesichts seines symbolischen Wertes und seiner hervorragenden Herstellungsqualität sowie seines historischen, künstlerischen und kulturellen Wertes“ soll der am 23. April 1946 patentierte Motorroller „Vespa Piaggio“ als „nationales Kulturerbe“ anerkannt werden, heißt es im Gesetzentwurf, der von Salvini aktiv unterstützt wird.

„Die Vespa in die Liste der Fahrzeuge von nationalem Interesse aufzunehmen, um sie vor jeder Art von Verkehrsbeschränkung zu bewahren, ist ein Vorschlag gesunden Menschenverstands, den wir aktiv unterstützten, um ein Erbe, einen Mythos und ein italienisches Symbol auf zwei Rädern zu verteidigen, das in der ganzen Welt bekannt ist und bewundert wird“, betonte Salvini in einem Schreiben. Er setzt sich dafür ein, dass die Vespa als nationales Erbe „frei fahren“ dürfe, unabhängig von jeglichen Beschränkungen in Zusammenhang mit Schadstoff-Emissionen.

Vespa: Wirtschaftlicher Wert wird auf über eine Milliarde Euro geschätzt

Die Vespa sei heute eines der berühmtesten Industriedesignerprodukte der Welt – so sehr, dass sie zu Recht als Ikone des italienischen Designs gilt und in den renommiertesten Museen für moderne Kunst, Wissenschaft und Technologie auf der ganzen Welt ausgestellt wird, erklärte Salvini. Die Vespa sei Teil der ständigen Sammlung des „Triennale“-Designmuseums in Mailand und des Museum of Modern Art (Mo.Ma.) in New York.

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Der von der globalen Markenberatung Interbrand geschätzte wirtschaftliche Wert der Marke Vespa betrug im Jahr 2022 1,079 Millionen Euro. In den letzten zehn Jahren hat der Vespa-Produzent Piaggio weltweit mehr als 1,6 Millionen Modelle produziert und verkauft. Die Modellpalette wird regelmäßig erneuert. Es passiert oft, dass eine Vespa vom Vater an den Sohn weitergegeben wird und viel länger überlebt, als es für ein Fahrzeug normal wäre. Inzwischen meldet der Vespa-Produzent Piaggio mit Sitz im toskanischen Pontedera einen Jahresumsatz von 1,5 Milliarden Euro.

Gregory Peck und Audrey Hepburn prägten das Bild der Vespa

Mit dem Startschuss zur ersten Serienproduktion der Vespa 98cc begann 1946 die Erfolgsstory. Entworfen wurde der Kultroller vom italienischen Ingenieur Corradino D‘Ascanio, der eigentlich Hubschrauber bauen wollte. Als ehemaliger Konstrukteur von Kriegsflugzeugen wollte er ein einfaches, sparsames und leicht benutzbares Fahrzeug anfertigen und konstruierte auf einem vom Krieg zerstörten Fabrikgelände in Pontedera im Auftrag des Unternehmers Enrico Piaggio etwas Neuartiges.

USA. Audrey Hepburn and Gregory Peck in a scene from the (C)Paramount Picture film: Roman Holiday (1953) . 
Plot: A bored and sheltered princess escapes her guardians and falls in love with an American newsman in Rome.
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Das Film-Traumpaar Audrey Hepburn and Gregory Peck fahren auf einer Vespa in einem Kinofilm durch Rom. © Alamy Stock Photo | LANDMARK MEDIA / Alamy Stock Photo

Bald begann der Siegeszug der Vespa um die halbe Welt – bis nach Hollywood. Auf einer Vespa knatterte das Traumpaar Gregory Peck und Audrey Hepburn in dem Erfolgsstreifen „Ein Herz und eine Krone“ aus dem Jahr 1953 durch Rom – Fahrtwind in den Haaren, Lebenslust in den Augen. Als Liebeserklärung an die italienische Roller-Ikone ging die Szene ins kollektive Gedächtnis Italiens ein. Noch heute ist es in Rom und Neapel leichter, mit dem Motorroller voranzukommen, als per Bus oder Auto.

Corona-Pandemie bescherte der Vespa weiteren Auftrieb

In den 1970er und -80er Jahren, der Zeit der Ökobewegung, ließ die Begeisterung für den stinkenden und von einem knatternden Zwei-Takt-Motor angetriebenen Roller ein wenig nach, aber nur, um Ende der 1990er Jahre erneut aufzuflammen. Einen neuen Boom erlebt die Vespa seit der Corona-Pandemie und zwar auch in Deutschland. Viele Menschen scheuten den Experten zufolge Bus und Bahn und stiegen stattdessen auf Roller oder Motorrad um.

Mit dem Rollersharing in den Großstädten ist die Nachfrage nach Vespa-Modellen in den letzten Jahren deutlich gewachsen. Auch der milde Winter in Europa trägt zum Vespa-Erfolg in den Städten bei. Immer mehr Italiener verzichten inzwischen zugunsten der billigeren Mopeds auf Autos. Die Gründe sind vielfältig: zunehmende Instandhaltungskosten, hoher Steuerdruck sowie sinkende Einnahmen zwingen sie zur verstärkten Abkehr vom Pkw. Experten sind sicher: Die Vespa erlebt „ewige Jugend“.