Essen. Rückzug aus Essen, Duisburg, Bochum und Dortmund. Mutterkonzern Freenet beklagt schlechte Apple-Konditionen. Was die Beschäftigten hoffen können.

Das deutsche Netz der Läden, in denen Apple-Geräte verkauft werden, wird dünner: Der Berliner Apple-Händler Gravis schließt alle seine bundesweit noch 37 Filialen. Das kündigte Christoph Vilanek, Chef der Gravis-Mutter Freenet, im „Spiegel“ an. Damit bleiben Kundinnen und Kunden, die das iPhone oder MacBook gerne in den Händen halten wollen, bevor sie es kaufen, in vielen Städten nur noch die Elektronikketten Media Markt und Saturn als stationäre Anlaufstellen.

Abseits der großen Elektronikmärkte und der wenigen Apple-Stores, von denen es im Ruhrgebiet nur einen einzigen im Oberhausener Centro gibt, war Gravis eine beliebte Alternative. Privatkunden und Unternehmen schätzten den unabhängigen Fachhändler mit seinem eigenen Reparaturservice. Gravis ist nach eigenen Angaben die „größte autorisierte Apple-Handelskette und der größte zertifizierte Apple-Servicepartner in Europa“.

Freenet macht Apple für Gravis-Schließung verantwortlich

„Tatsächlich befinden wir uns momentan im Prozess der Abwicklung“, bestätigte Freenet auf Anfrage unserer Redaktion das Aus für die Kette. Nach vielen erfolgreichen Jahren habe Gravis „seit 2022 mit einem negativen Ergebnis zu kämpfen“. Die Verluste steigen laut Freenet seitdem mehr oder weniger jedes Quartal weiter.

Einer der Hauptgründe sei, dass die Abhängigkeit von nur einer Marke, also Apple, nicht mehr wirtschaftlich sei. Die Margen seien „schlichtweg zu klein“, sprich: Apple lässt dem Händler zu wenig Geld vom Verkaufspreis übrig, um selbst überleben zu können. „Aufgrund des restriktiven Konditionsmodells seitens Apple haben wir also keine Möglichkeit gesehen, das Geschäft in Zukunft auskömmlich zu gestalten“, so die Muttergesellschaft.

Christoph Vilanek, Vorstandsvorsitzender der Freenet AG, kündigt das Aus aller Gravis-Filialen an. Die Beschäftigten hätten Anspruch auf eine Abfindung und Auflösungsverträge - Hoffnung auf Weiterbeschäftigung gibt es auch.
Christoph Vilanek, Vorstandsvorsitzender der Freenet AG, kündigt das Aus aller Gravis-Filialen an. Die Beschäftigten hätten Anspruch auf eine Abfindung und Auflösungsverträge - Hoffnung auf Weiterbeschäftigung gibt es auch. © Roland Magunia/Hamburger Abendblatt | Roland Magunia/Hamburger Abendblatt

Mit Filialen in Dortmund, Bochum, Essen und Duisburg ist Gravis auch in den vier größten Ruhrgebietsstädten vertreten. Wann genau die einzelnen Stores geschlossen werden, stehe noch nicht fest, erklärt Freenet. „Was wir aber schon sagen können: Spätestens zum 31. Dezember 2024 werden alle Stores geschlossen.“

Apple wollte sich auf Anfrage nicht zur Gravis-Aufgabe äußern. Aus dem Umfeld des Unternehmens war zu vernehmen, dass die Konditionen für alle lizenzierten Apple-Partner, die vorwiegend, aber nicht ausschließlich Apple-Produkte verkaufen, gleich sind.

Gravis beschäftigt bundesweit rund 400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, davon etwa 300 in den Filialen, also im Durchschnitt acht bis neun je Filiale. Sie alle hätten Anspruch auf eine Abfindung und Auflösungsverträge und erhielten für dieses Jahr auch noch den vollen Bonus und Prämien, versprach Vilanek im „Spiegel“. Etwas Hoffnung auf eine Weiterbeschäftigung an Ort und Stelle gibt es aber. „Wir haben bereits erste Interessenten, die gegebenenfalls einige Stores übernehmen möchten und eine bestehende Infrastruktur gewährleisten“, sagte Freenet auf Nachfrage.

Gravis schaffte vor einem Jahr die Bargeldzahlung ab

Zuletzt schrieb Gravis vor einem Jahr Schlagzeilen, als der Apple-Händler in seinen damals noch 40 Filialen kein Bargeld mehr annahm. Die Abschaffung der klassischen Kassen mit Scheinen und Münzen sei der „nächste Schritt hin zu einem modernen, nachhaltigen und sicheren Einkaufserlebnis“, hieß es im Januar 2023. Das sei für die Beschäftigten vorteilhaft: Sie hätten nun mehr Zeit für andere Dinge, begründete die Geschäftsführung den Schritt.

Doch offenkundig gab es trotzdem nicht genug zu tun: Die schwache Nachfrage macht dem 1986 gegründeten deutschen Apple-Pionier den Garaus. Nicht nur wegen der schlechten Apple-Konditionen, sondern auch wegen der zunehmenden Verlagerung auch von iPhone-, Apple-Watch- und MacBook-Käufen in den Onlinehandel. Und laut Vilanek wegen der zu langen Haltbarkeit der Geräte: „Es ist kein Geheimnis, dass Apple auch Nachfrageprobleme hat, die Lebensdauer der Produkte wird immer länger.“