Essen. Gut eine Woche nach Rückruf von Babboe-Lastenädern bleiben wichtige Fragen offen. Auch ADAC rät, die Räder vorerst stehen zu lassen.

Die Verunsicherung bei Händlern und Kunden ist groß. Auch gut eine Woche nach dem spektakulären Rückruf von Lastenrädern des niederländischen Herstellers und Weltmarktführers Babboe ist unklar, wie es nun weitergehen soll. Der Automobilclub ADAC gibt erste Verhaltenstipps.

Lucky Bike mit Ruhrgebietsstandorten in Duisburg, Essen und Dortmund gehört mit bundesweit 35 Filialen zu den großen Fahrradhändlern in Deutschland. Die Kette vertreibt auch Modelle des niederländischen Herstellers Babboe. Der musste am 14. Februar einen internationalen Rückruf seiner Lastenräder starten. Der Grund: Bei einigen Bikes seien im Heimatmarkt Niederlande die Rahmen gebrochen. Das Unternehmen empfiehlt, die Lastenräder aus Sicherheitsgründen nicht mehr zu bewegen.

Lucky Bike: Viele Kundenfragen an der Hotline

Seit dieser Offenbarung steht das Telefon an der Hotline von Lucky Bike nicht mehr still. „Die Kunden sind natürlich besorgt und fragen nach“, sagt Marketingchef Thorsten Kamin. Wie es jetzt weitergehen soll, weiß man aber auch bei Lucky Bike nicht, obwohl man in ständigem Kontakt mit Babboe stehe. „Wir folgen der Empfehlung des Herstellers und raten unseren Kunden, ihre Räder stehen zu lassen“, so Kamin.

Aus der beträchtlichen Kundschaft der Kette ist nach Angaben des Managers bislang – zum Glück – noch kein Fall von Rahmenbruch bekannt geworden. „Die Lastenräder nicht zu bewegen, macht dennoch Sinn. Wir wollen ja kein Risiko eingehen“, so Kamin. Lucky Bike hat inzwischen auch den Verkauf von Fahrzeugen der Firma Babboe eingestellt. „Es gibt aber auch viele andere Varianten“, meint der Marketingchef. Die Nachfrage nach Lastenrädern sei ungebrochen. Die hohen Rabatte, die Händler auch schon vor dem Rückruf gewährten, sei vielmehr eine Reaktion auf die „übervollen Läger“, die wiederum eine Folge der Lieferengpässe in den vergangenen Jahre seien. „Der Boom ist nicht vorbei“, unterstreicht Kamin und verweist auf den Trend, dass immer mehr Arbeitgeber Leasingangebote auch für Lastenräder machten.

ADAC-Jurist gibt Tipps

Die hohe Nachfrage hilft den vielen Kundinnen und Kunden, die ihre Babboe-Räder bis auf weiteres nicht nutzen dürfen, aber nicht. „Es gibt eine große Unsicherheit. Viele Menschen sind ja auf ihre Fahrräder angewiesen“, zeigt der Manager Verständnis. Aber auch er weiß nicht, wie und über wen der Rückruf abgewickelt werden soll.

Eben weil in Deutschland so viele Räder des niederländischen Herstellers unterwegs ist, beschäftigt sich inzwischen auch der ADAC mit dem Thema. Immerhin: Auch dem deutschen Automobilclub sind bislang keine Rahmenbrüche bekannt. Nach Erkenntnissen des ADAC sind folgende Modelle vom Rückruf betroffen:

  • City/City-E/City Mountain
  • Curve/Curve-E/Curve Mountain
  • Big/Big-E
  • Dog/Dog-E
  • Max-E
  • Mini-E/Mini Mountain
  • Pro Trike/Trike-E/Trike XL
  • Carve-E/ Carve Mountain

Babboe: Fünf Jahre Garantie auf den Rahmen

Was der Rückruf für die Nutzer der Fahrräder bedeutet, versucht ADAC-Jurist Klaus Heimgärtner einzuordnen. „Mit dem Hinweis ,Fahr nicht‘ hat der Hersteller den Produktsicherheitsvorschriften erstmal Genüge getan“, sagt er. Von Babboe Geld zurückzuverlangen, sei aber erst einmal nicht möglich. „Das ist zunächst mal keine Sache zwischen Hersteller und Kunde, sondern zwischen Verkäufer und Kunde. Es gelten die gesetzlichen Gewährleistungsansprüche – zwei Jahre bei neuen Rädern, mindestens ein Jahr, wenn man es gebraucht vom Händler gekauft hat“, sagt Heimgärtner. „In dieser Frist kann man sich an den Händler wenden und eine Beseitigung von Mängeln verlangen. Wenn er die nicht leisten kann, kann man vom Vertrag zurücktreten.“

Der ADAC-Jurist verweist darauf, dass Babboe fünf Jahre Garantie auf Konstruktions- und Materialfehler am Rahmen gewähre. „Auch eine Garantie gilt nur für tatsächlich aufgetretene Mängel bzw. Defekte und ist allein darauf gerichtet, dass diese Defekte repariert werden. Geld zurück gibt es danach regelmäßig nicht. Alles weitere wäre Kulanz“, unterstreicht Heimgärtner. Es bleibe abzuwarten, ob es auch in Deutschland einen offiziellen Rückruf oder gar die offizielle Anordnung, die Räder vom Markt zu nehmen, gibt.

Wer trotz der Sicherheitswarnung die Lastenräder trotzdem benutzt, muss nach Einschätzung des Clubs damit rechnen, dass die private Haftpflichtversicherung für etwaige Schadensfälle nicht aufkomme.

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