Duisburg. Thyssenkrupp-Konzernbetriebsratschef Tekin Nasikkol äußert sich zur neuen Rolle seines Bruders Cetin Nazikkol im Unternehmen.

Vor ein paar Tagen habe sich der Betriebsrat gegen den Vorstand durchgesetzt, erzählt Tekin Nasikkol. Bei einem „Familien-Fußballfest“ von Thyssenkrupp Steel sei es zum Elfmeterschießen gekommen. Das Duell hätten die Arbeitnehmervertreter dann für sich entschieden – mit Nasikkol als Torwart der siegreichen Mannschaft. „Wir haben gewonnen. Wir sind sehr glücklich“, scherzt der oberste Arbeitnehmervertreter des Konzerns während einer Pause zwischen zwei Betriebsversammlungen für rund 3000 Beschäftigte am Standort Duisburg.

Die Stimmung ist gut, aber die Lage ist ernst, denn es kommt einiges zusammen bei Thyssenkrupp: Der neue Vorstandschef Miguel López plant ein Effizienz-Programm; der tschechische Milliardär Daniel Křetínský wird mit seinem Konzern EPH als möglicher Käufer der Thyssenkrupp-Stahlsparte gehandelt – und dann ist da auch noch die Sache mit Nasikkols Bruder Cetin Nazikkol, der als neuer „Chief Transformation Officer“ von Thyssenkrupp die Verantwortung für die Umsetzung des Lopez-Programms übernehmen soll. Zwei Brüder an entscheidenden Stellen in einem Unternehmen mit knapp 100.000 Beschäftigten – es ist eine ungewöhnliche Konstellation beim Essener Industriekonzern.

Das Programm mit dem Namen „Apex“, um das sich Cetin Nazikkol kümmern soll, ist von großer Bedeutung für den neuen Konzernchef López. „Seit mehreren Jahren schon können wir als börsennotiertes Unternehmen die Erwartungshaltung unserer Eigentümer und Investoren nicht erfüllen“, schrieb die Konzernführung vor wenigen Tagen in einer Mail an die Thyssenkrupp-Beschäftigten. Und: Ein Weiter so „können wir uns nicht leisten“. Eine Wende soll das neue Effizienz-Programm bringen, das am 13. September dem Thyssenkrupp-Aufsichtsrat vorgestellt werden soll. Mitglied des Aufsichtsrats ist unter anderem Tekin Nasikkol, der neue Konzernbetriebsratsvorsitzende.

Brüder schreiben ihre Namen unterschiedlich

Tekin Nasikkol hat seinen Namen schon vor Jahren eingedeutscht. Sein Bruder Cetin Nazikkol, der für Thyssenkrupp viel im Ausland unterwegs ist, hat die ursprüngliche Schreibweise beibehalten. Seit Jahren ist Cetin Nazikkol in führender Position für Thyssenkrupp aktiv. Derzeit leitet er für den Konzern die Plattform Asien-Pazifik-Afrika in Dubai.

Tekin Nasikkol betont in der Pressekonferenz zwischen den beiden Betriebsversammlungen, auch künftig werde „jeder auf seiner Seite professionell seinen Job machen“. Vorstandschef López habe seinen Bruder persönlich darauf angesprochen, ob er die Verantwortung für das Projekt „Apex“ übernehmen wolle. Beide verbinde, dass sie „für Thyssenkrupp brennen“ und „das Unternehmen besser machen“ wollen, betont Tekin Nasikkol.

Cetin Nazikkol ist 56 und damit ein Jahr älter als sein Bruder Tekin. Schon am Küchentisch habe sein Vater gescherzt, der eine habe eher die Manager-Rolle, der andere die des Gewerkschafters. Es gebe noch zwei weitere Brüder in der Familie. „Der Chef“ sei aber ihre Schwester, erzählt Tekin Nasikkol.

Vorstandschef López habe ihm versichert, dass es sich bei „Apex“ – Lateinisch für Spitze – nicht um ein „Personalabbau-Programm“ handle, betont Nasikkol. Schon in den vergangenen Jahren hat es massiven

Cetin Nazikkol soll sich bei Thyssenkrupp um das Effizienz-Programm „Apex“ kümmern.
Cetin Nazikkol soll sich bei Thyssenkrupp um das Effizienz-Programm „Apex“ kümmern. © Thyssenkrupp | tk

Arbeitsplatzabbau im Konzern gegeben. Von 13.000 Stellen, die bekanntermaßen wegfallen sollten, sind Unternehmensangaben zufolge mittlerweile rund 11.000 Jobs abgebaut worden. Betriebsbedingte Kündigungen werde es mit ihm an der Spitze des Konzernbetriebsrats nicht geben, beteuert Nasikkol. Dies sei eine „rote Linie“, die nicht überschritten werde.

López hatte für Unruhe im Konzern gesorgt, als er im August auf Nachfrage von Journalisten wichtige Details zum Effizienz-Programm offenließ. Ob betriebsbedingte Kündigungen möglich seien? Dazu gab es von López zu diesem Zeitpunkt keine Antwort. Der Vorstand werde „zu gegebener Zeit informieren“, sagte der Thyssenkrupp-Chef lediglich.

Spekulationen zum tschechischen Milliardär Křetínský

Auch angesichts von Spekulationen über einen Einstieg des tschechischen Milliardärs Daniel Křetínský bei der Stahlsparte Thyssenkrupp Steel fordert Konzernbetriebsratschef Tekin Nasikkol Klarheit. „Das kann kein Zustand sein für das größte Stahlunternehmen in Deutschland, immer mit dieser Ungewissheit zu leben“, sagt Nasikkol mit Verweis auf unlängst gescheiterte Versuche des Thyssenkrupp-Managements, die Stahlsparte in Fusionen zu führen oder an Investoren abzugeben. Schon seit einiger Zeit stellten sich Fragen wie: „Bleiben wir im Konzern? Gehen wir raus aus dem Konzern? Werden wir verkauft?“ So könne es nicht weitergehen. „Jedes Jahr dreht sich das und dreht sich das – und das aus meiner Sicht viel zu lange“, kritisiert Nasikkol. „Dieser Zustand muss beendet werden.“

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