Duisburg. Der tschechische Milliardär Daniel Křetínský soll Interesse an Thyssenkrupp Steel haben. Das ruft Konzernbetriebsratschef Nasikkol auf den Plan.

Angesichts von Spekulationen über einen Einstieg des tschechischen Milliardärs Daniel Křetínský bei Deutschlands größtem Stahlhersteller Thyssenkrupp Steel fordert Konzernbetriebsratschef Tekin Nasikkol Klarheit mit Blick auf einen möglichen Verkauf. „Das kann kein Zustand sein für das größte Stahlunternehmen in Deutschland, immer mit dieser Ungewissheit zu leben“, sagte Nasikkol mit Verweis auf unlängst gescheiterte Versuche des Thyssenkrupp-Managements, die Stahlsparte an Investoren abzugeben oder in eine Fusion zu führen. Schon seit Jahren stellten sich Fragen wie: „Bleiben wir im Konzern? Gehen wir raus aus dem Konzern? Werden wir verkauft?“, so Nasikkol. So könne es nicht weitergehen. „Jedes Jahr dreht sich das und dreht sich das – und das aus meiner Sicht viel zu lange“, kritisierte der Konzernbetriebsrat. „Dieser Zustand muss beendet werden.“

Dem tschechischen Milliardär Křetínský, der vor wenigen Tagen mit einem Übernahmeversuch beim Essener Energiekonzern Steag gescheitert ist, wird Interesse an Thyssenkrupp Steel nachgesagt. Mit seinem Unternehmen EPH ist der Geschäftsmann bereits in der deutschen Energiebranche aktiv. Im

Tekin Nasikkol vor dem Werkstor in Duisburg: Der Konzernbetriebsratschef fordert den tschechischen Milliardär Daniel Křetínský auf, ein „industrielles Konzept“ für Thyssenkrupp Steel vorzulegen.
Tekin Nasikkol vor dem Werkstor in Duisburg: Der Konzernbetriebsratschef fordert den tschechischen Milliardär Daniel Křetínský auf, ein „industrielles Konzept“ für Thyssenkrupp Steel vorzulegen. © FUNKE Foto Services | Fabian Strauch

Jahr 2016 übernahm er vom Energieversorger Vattenfall das ostdeutsche Braunkohlegeschäft der Leag mit Kraftwerken und großen Tagebaugebieten in der Lausitz. Dem Vernehmen nach schielt der Investor auch auf Thyssenkrupp Steel. EPH teilte am Montag (4. September) auf Anfrage unserer Redaktion mit, das Unternehmen äußere sich nicht zu „laufenden Verfahren“.

Zur Stahlsparte von Thyssenkrupp gehören etwa 27.000 der knapp 100.000 Beschäftigten des Essener Industriekonzerns. Mit Standorten in Duisburg, Bochum, Dortmund und Südwestfalen hat die Stahlproduktion insbesondere für NRW eine große Bedeutung.

Die Ende Mai ausgeschiedene Thyssenkrupp-Chefin Martina Merz hatte eine Herauslösung des Stahlgeschäfts aus dem Konzern angestrebt, aber nicht realisiert. Seit Juni führt nun der langjährige Siemens-Manager Miguel López den Essener Traditionskonzern. Noch ist offen, ob López einen anderen Kurs als seine Vorgängerin einschlagen wird.

Nasikkol: „Gegen Milliardäre haben wir nichts“

Er lese, dass Křetínský ein „ganz heißer Kandidat“ sei, wenn potenzielle Investoren für Thyssenkrupp Steel gehandelt würden, sagte Konzernbetriebsratschef Tekin Nasikkol am Montag (4. September) vor Journalisten in Duisburg. „Gegen Milliardäre haben wir nichts. Wenn sie das Geld in Stahl investieren, freuen wir uns“, fügte Nasikkol hinzu. „Aber – ehrlich gesagt – warten wir immer noch, dass er mal um die Ecke kommt.“ Bislang habe es noch keine persönliche Begegnung gegeben. Nasikkol forderte Křetínský dazu auf, er solle in Gesprächen „sein industrielles Konzept vorstellen“.

Thyssenkrupp Steel steht unter besonderer Beobachtung der Bundes- und der Landesregierung. Denn in den kommenden Jahren sollen dem Unternehmen milliardenschwere staatliche Hilfen zum Aufbau einer klimafreundlichen Stahlproduktion zukommen. Vor wenigen Wochen hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) symbolisch einen Scheck in Höhe von knapp zwei Milliarden Euro nach Duisburg gebracht. Mit Hilfe einer sogenannten Direktreduktionsanlage (DRI-Anlage) soll ein Hochofen ersetzt und in etwas mehr als drei Jahren „grüner Stahl“ in Duisburg produziert werden. Die Landesregierung von Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) steuert für das Projekt die größte Einzelförderung in der Geschichte von Nordrhein-Westfalen in Höhe von 700 Millionen Euro bei, den Rest will der Bund übernehmen.

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