Wesel. Das Rathaus ist in Narrenhand: Ohne Gegenwehr übergab die Bürgermeisterin den Schlüssel an Prinzessin Diana I. Doch es war schon mal mehr los.
Als überaus friedliche Machtübernahme gestaltete sich der diesjährige Sturm der Möhnen auf das Weseler Rathaus. Prinzessin Diana I. reiste hier gegen viertel vor 11 am Altweiber-Donnerstag an, wie es sich ziemt, mit bunt gewandetem Gefolge im Gepäck. Die Prinzessin selbst setzte neben einem Zylinder mit bauschigem, roten Federschmuck auf eine rote Paillettenjacke. „Wir wollten alle nur gemeinsam glänzen“, erklärte sie später dazu. Denn auch im Gefolge blitze und glitzerte es auffallend.
Das Warm-up der Karnevalisten vor den Rathaustüren blieb allerdings ungewohnt still. Schunkelnderweise wurde hier zwar gemeinsam gesungen, doch Hits wie „Drink doch eine met“ oder „Hey Kölle, Du bes e Jeföhl“ verklangen nach wenigen Zeilen. Mit mehr Enthusiasmus wurde zwar „Denn wenn et Trömmelche jeht“ angestimmt – sogar in einer Weseler Variante mit „Wesel Helau“ statt „Kölle Alaaf“ – doch so richtig wollte der Karnevalsfunke nicht überspringen. Das geschah erst, als der Narrentross gegen kurz nach 11 in gut geordneter Polonaise ins Rathaus einmarschierte.
Altweiber in Wesel: Bürgermeisterin bringt Karnevalstag für Männer ins Spiel
Augenscheinlich aber lockte das Spektakel der wilden Weiber in diesem Jahr weniger Publikum an, als noch im Vorjahr. Zumindest blieb im Foyer noch recht viel Platz für die feiernden Karnevalisten – und auch für Bürgermeisterin Ulrike Westkamp, die im Anschluss mit allen drei Dezernenten im Schlepptau durch die Menge tanzte und dabei den Stadtschlüssel im Takt schwang.
„Den Schlüssel und die Macht überlass‘ ich Euch gerne. Widerstand gegen wilde Weiber liegt mir absolut ferne“, reimte Westkamp, deren Rede sich um den Umstand drehte, dass das Weseler Rathaus schließlich auch außerhalb der fünften Jahreszeit fest in Frauenhand ist: „Das ganze Jahr über haben wir das Sagen, diesem Umstand müssen wir Rechnung tragen. Ich finde, ein Karnevalstag für Männer muss her. In Zeiten der Gleichstellung ist das einfach fair.“
Denn an Altweiber musste nun traditionell wieder einer der drei Dezernenten „den Kopf hinhalten“ als die Prinzessin die Schere zückte, in diesem Jahr Klaus Schütz, Kämmerer und Ordnungsdezernent. Das sei, so Westkamp, auch „viel spannender als immer nur zu verwalten. Außerdem wird doch nur der Schlips beschnitten, Ihr seht, dabei hat der Mann kein bisschen gelitten.“
Das Schlipsschneiden schien für Prinzessin Diana I. im Mittelpunkt zu stehen, als sie – bereits mit hörbar angeschlagener Stimme – die Möhnen mit einem dreifachen „Wesel – Helau“ begrüßte und zu wildem Treiben aufforderte: „Lasst uns tanzen, feiern und singen und die Männer um ihre Schlipse bringen!“
Im Mittelpunkt an Altweiber steht in Wesel der Schlips
Die meisten der anwesenden Herren aber hatten auf diese natürlich wohlweislich verzichtet und waren stattdessen – wie die Frauen auch – krawattenfrei kostümiert. Da gab es etwa Hippies, Matrosen oder auch Kohlekumpel. Eine Gruppe junger Männer verwirklichte im Kostüm gar die Antithese der Anzug-Krawatten-Kombi und war stattdessen in orangen Bademänteln zugegen während eine Gruppe Damen sich kollektiv als Kaktus kostümiert und darauf auch das Wortspiel „Kacktusse“ untergebracht hatte.
Um den Schlips nicht herum kamen indes die bereits genannten Dezernenten. Nach Klaus Schütz ging es auch seinen Kollegen Markus Postulka (Gebäudeservices und Zentrale Dienste) und Rainer Benien (Kultur und Soziales) wortwörtlich an den Kragen. Letzterer hatte sich dafür extra , wie in jedem Jahr, am Vorabend eine alte Krawatte herausgesucht, wie er im Gespräch mit der NRZ am Rande der Veranstaltung verriet. In diesem fiel die Wahl auf ein kleinkariertes Modell in schwarz-weiß.