Wesel. Seit 11.11 Uhr am Altweiber-Donnerstag ist das Weseler Rathaus fest in Hand der Karnevalisten. Wer dieses Jahr seinen Schlips lassen musste.
Mit großem Helau ist am Altweiber-Donnerstag das Weseler Rathaus gestürmt worden – die Verwaltung ist somit seit 11.11 Uhr wieder offiziell in Narrenhand. Schon im Verlauf des Vormittags waren die machthungrigen Möhnen in der Innenstadt zu hören und sehen gewesen. Und während sich schon um kurz vor 11 eine größere Zahl kostümierter Karnevalisten zu entsprechender Musik vor dem Rathaus-Eingang warm machte, warteten zu dieser Zeit drinnen schon zahlreiche Verwaltungsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter in gleichsam bunter Bekleidung aufgeregt auf ihre Chefin.
Schlipsschnitt und Schlüsselübergabe im Rathaus
Diese marschierte gegen 11 Uhr zu kölschen Klängen durch die bunte Menge, winkte kokett mit dem großen Stadtschlüssel in Händen und hatte auch ihre Dezernenten – natürlich schlipstragendend – im Schlepptau. „Den Männern ist schon ganz bang, weil ihnen ein Vögelchen von Machtverlust sang“, reimte Ulrike Westkamp dann fröhlich in ihrer bürgermeisterlichen Begrüßungsrede, wobei sie selbst natürlich ebenfalls wenig später ihre Macht in Form des Rathausschlüssels an „Öbermöhnin Susanne“ – besser bekannt als Prinzessin Susanne II. – abtreten musste.
In Gefahr durch die wildgewordenen Weiber, war ohnehin nur einer an diesem Morgen: Der Schlips des erst im Oktober neu gewählten Dezernenten. „Ein neuer Mann, der für mich Kopf und Krawatte hinhalten kann“, freute sich die Bürgermeisterin, bevor die Prinzessin routiniert die Schere zückte. „Dr. Markus Postulka wird mich im Amt unterstützen und heute alle Weselerinnen bützen“, versprach die Bürgermeisterin – und bekam dafür lauten Jubel von Clowninnen, Raubkatzen, Einhörnern – und als was die Möhnen sich eben sonst so verkleidet hatten.
Bürgermeisterin und Prinzessin waren beide in Schwarz
Westkamp selbst war indes lieber in zurückhaltendem schwarz unterwegs, schließlich wolle sie der Prinzessin nicht die Show stehlen, kündigte aber für den Karnevalssonntag ein aufwendiges Kostüm an. Die Prinzessin wiederum hatte sich interessanterweise ebenfalls für ein schwarzes Outfit entschieden: „Alle anderen sind so extrem bunt, die sollen ruhig im Vordergrund stehen“, verriet sie am Rande des Rathaussturms.
Den schwarz-weißen Gehrock im Stil einer Gardeuniform hatte sie zufällig in einem niederländischen Geschäft gefunden und von einem Weseler Unternehmen noch mit Stadtwappen und Schriftzug besticken lassen. Mit ihrem aufwendigem Kopfputz – einem mit vielen Federn und Blumen aufgepeppten Zylinder – stach sie dann aber doch aus der bunten Masse heraus. Der Prinz war übrigens im Partnerlook dabei, allerdings mit weniger Aufwand obenrum.
Weseler Rathaus wird zum Partytempel
Sorgen um ihre Amtsgeschäfte muss die Bürgermeisterin sich in Folge der närrischen Rathausübernahme in diesem Jahr nicht machen, oder zumindest weniger als sonst. Denn bei Prinzessin Susanne II. handelt es sich schließlich um eine erfahrene Rathausmitarbeiterin. Obwohl sie in ihren ersten Sätzen ankündigte, das Rathaus in einen „Partytempel“ verwandeln zu wollen, versprach sie doch versöhnlich: „Ich werde Wesel gut verwalten, gelernt hab ich das ja bei den Alten, die Wesels Geschicke schon lange gestalten.“
Und weil nach dem Rathaussturm an Altweiber auch bald der Straßenkarneval beginnt, richtete die Prinzessin auch hier noch eindrückliche Worte an das feiernde Volk: „Chaoten, die unsere Feier stören, werden nie zu uns Weseler Jecken gehören.“ Darauf ein dreifaches: Wesel, Helau!