Wesel. Bald soll ein neues Portal die Patienten über Stärken und Schwächen von Krankenhäusern informieren. Was EVK und Marien-Hospital dazu sagen.

Der Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach setzt voll auf Transparenz: Künftig sollen sich Patientinnen und Patienten in Deutschland in einem Online-Portal über über die medizinischen Stärken und Schwächen jedes einzelnen Krankenhauses informieren können. Der in dieser Woche vom Bundeskabinett verabschiedete Entwurf des Krankenhaus-Transparenzgesetzes sieht vor, dass ab 1. April 2024 ein interaktiver Krankenhaus-Atlas digital zur Verfügung steht: Er soll „übersichtlich darstellen, welche Klinik welche Leistungen mit welcher Qualität anbietet“, kündigte das Bundesgesundheitsministerium an.

„Patienten haben ein Recht darauf zu wissen, was Kliniken leisten“, so der SPD-Politiker. „Mit dem interaktiven Krankenhaus-Atlas machen wir die Qualität der Krankenhäuser transparenter und stärken so die individuelle Entscheidung der Patientinnen und Patienten.“ Das Transparenzverzeichnis soll konkrete Daten bereitstellen, die Patientinnen und Patienten bei der Entscheidung helfen sollen, in welchem Krankenhaus sie welche Eingriffe mit besonders guter Qualität vornehmen lassen können.

Das Evangelische Krankenhaus Wesel sieht die Pläne von Lauterbach kritisch.
Das Evangelische Krankenhaus Wesel sieht die Pläne von Lauterbach kritisch. © FUNKE Foto Services | Arnulf Stoffel

So soll der Atlas soll etwa die Komplikationsraten für bestimmte Eingriffe für jedes einzelne Krankenhaus dokumentieren – also Angaben zu nicht vollständig geglückten Behandlungen machen. Zudem macht er die Fallzahlen zu Eingriffen in den einzelnen Kliniken transparent – ausgehend von der Überlegung, dass Krankenhäuser, die eine bestimmte Behandlung besonders häufig ausführen, dafür auch besonders hohe Kompetenz aufgebaut haben. Patientinnen und Patienten können sich in dem Atlas außerdem über die personelle Ausstattung mit Ärzten und Pflegekräften in einem Krankenhaus informieren.

Online-Atlas für Krankenhäuser: Das sagen EVK und Marien-Hospital

Von den beiden Krankenhäusern in Wesel werden diese Pläne durchaus unterschiedlich bewertet. „Aus unserer Sicht ist das Krankenhaus-Transparenzgesetz ein weiterer Baustein zur Bürokratisierung im Gesundheitswesen und implementiert lediglich eine weitere Datensammelstelle“, schreibt das Evangelische Krankenhaus auf eine entsprechende Anfrage der NRZ-Redaktion.

Das EVK kritisiert, dass die im Portal hinterlegten „Personal- und Leistungskennzahlen“, kein detailliertes Abbild der Behandlungsqualität lieferten und nicht vergleichbar seien mit Kennzahlen, die etwa für Zertifizierungen abgefragt werden. Als Beispiel nennt das EVK das von der Deutschen Krankenhausgesellschaft zertifizierte Onkologische Kompetenzzentrum Niederrhein. „Daher wird dieses Gesetz keine Qualitätsverbesserung erzielen und es bleibt abzuwarten, ob die hinterlegten Daten zu dem gewünschten Erkenntnisgewinn für die Patienten führen“, heißt es in der Stellungnahme weiter.

Karl-Ferdinand von Fürstenberg ist der Geschäftsführer von Pro Homine.
Karl-Ferdinand von Fürstenberg ist der Geschäftsführer von Pro Homine. © FUNKE Foto Services | Markus Weißenfels

Etwas anders klingt die Einschätzung der Pro Homine, zu der in Wesel das Marien-Hospital gehört. „Wir unterstützen das Ziel uneingeschränkt, für die Patienten möglichst viel Transparenz zu schaffen, die auch leicht zugänglich ist“, betont Geschäftsführer Karl-Ferdinand von Fürstenberg. „Wir scheuen den Vergleich mit anderen Häusern nicht, weil wir gut und breit aufgestellt sind und um unsere Stärken wissen.“

Marien-Hospital Wesel: Online-Atlas muss klare Kriterien erfüllen

Schon jetzt sei jedes Krankenhaus dazu verpflichtet, jährlich Qualitätsberichte zu veröffentlichen, die auf den Internetseiten abrufbar sind. „Auch Angaben zu Leistungsspektrum in Medizin und Pflege und zur Häufigkeit der Eingriffe sind darin zu finden“, sagt von Fürstenberg. Zudem würden bereits heute viele Daten an zentrale Stellen geliefert, die auf dem neuen Portal zum Teil nur noch zusammengeführt werden müssten. Allerdings: Weil sich die Art der Meldungen oft unterscheidet, ist der Aufwand in der Verwaltung hoch. „Die ohnehin überbordende Berichtspflicht wird also weiter aufgebläht – das passt nicht zum Bürokratieabbau, zu dem sich die Politik doch gerade so lautstark bekennt“, meint von Fürstenberg.

Er sieht zudem in dem Gesetzesvorhaben von Karl Lauterbach eine weitere Gefahr. Wichtig sei, dass die Aufbereitung und Darstellung der Daten für den Online-Atlas nach „klaren, nachvollziehbaren und einheitlichen Kriterien“ erfolge – und nicht dazu genutzt werde, um auf „kaltem Wege“ die Krankenhausreform voranzutreiben. „Also Häuser auf diesem Weg vom Markt zu drängen, damit wäre auch den Patienten nicht gedient“, so der Pro-Homine-Geschäftsführer. (mit afp)