Wesel. Die Stadt Wesel will mit den Hochschulen Rhein-Waal und Ruhr-West einen Innovationscampus entwickeln. Am Standort der heutigen Niederrheinhalle.
Tagsüber feilen Unternehmen zusammen mit Studenten an modernen Fertigungstechniken, am Abend dann feiert der Karnevalsverein an gleicher Stelle seine Galasitzung. Geht es nach der Stadt Wesel, wird nach dem Abriss der Niederrheinhalle eine neue Veranstaltungshalle für alle Bürger entstehen, für Studenten wie für Mitglieder aller Vereine.
Denn auf der Fläche der jetzigen Niederrheinhalle möchte die Stadt gemeinsam mit den Hochschulen Rhein-Waal und Ruhr-West einen Innovationscampus Wesel entwickeln. Der Campus soll innovativen Vorhaben aus Wissenschaft und Wirtschaft die passende Infrastruktur bieten. Schon in der Ratssitzung am kommenden Dienstag, 20. Juni, soll der Beschluss gefasst werden, der Verwaltung grünes Licht zu geben für die Ausarbeitung des Vorhabens zum Innovationscampus Wesel in Kooperation mit der Hochschule Rhein-Waal und weiteren Akteuren. Professor Oliver Locker-Grütjen, Präsident der Hochschule Rhein-Waal, wird das Projekt den Ratsmitgliedern erläutern.
Bei der Vorstellung der Idee am Mittwoch im Rahmen eines Pressegesprächs sprachen Bürgermeisterin Ulrike Westkamp, der Beigeordnete Rainer Benien und Wirtschaftsförderer Wendelin Knuf unisono von einer „einmaligen Chance“, die es zu nutzen gelte. „Wir kooperieren seit vielen Jahren mit den beiden Hochschulen“, betonte Bürgermeisterin Westkamp. „Zum einen wäre das Projekt hilfreich für die Bekämpfung des Fachkräftemangels, zum anderen würde es Wesel auch zu einem Wissenschaftsstandort machen.“
Treibende Kraft war zunächst Rainer Benien, der seine Kontakte zur Hochschule Ruhr-West nutzte und dort auf offene Ohren stieß - Präsidentin Susanne Staude brachte aber gleich auch die benachbarte Hochschule Rhein-Waal ins Spiel. „Wesel als Bildungsstandort mit dem Berufskolleg und der FOM könnten wir mit einem Innovationscampus als Wissenschaftsstandort ergänzen“, findet Rainer Benien. „Da geht noch mehr für den Standort Wesel.“
Wesel: Nutzung des Campus als Multifunktions-Halle
Neben dem Austausch zwischen regionalen Unternehmen und Studierenden, Schülern sowie Forschenden würde man Wesel auch für Unternehmensansiedlungen oder Firmenanbindungen attraktiver machen - neben der Nutzung des Campus als Multifunktions-Halle für Schützenfeste, Konzerte oder auch Karnevalsveranstaltungen. Synergieeffekte in vielen Bereichen wären das Motto, begleitet von Experten der beiden Hochschulen als erfahrene Impulsgeber.
Zudem hätte man mit der Nähe zur Innenstadt und zum Bahnhof sowie weiter betrachtet zum Ruhrgebiet, Niederrhein, auch zum Münsterland und den Niederlanden eine optimale Lage für einen Campus. Etwa 3,8 Millionen Menschen leben bis zu 45 Minuten mit dem Auto von Wesel entfernt - ein enormes Potenzial. „Es sind beste Voraussetzungen, die Wissenschaft in die Stadt zu holen“, ist sich Rainer Benien sicher.
Und auch die Vertreter der Hochschulen sind von der Idee des Innovationscampus sehr angetan. „Für die Hochschule Rhein-Waal ist die Entwicklung eines Innovationscampus eine enorme Chance für den Ausbau von Innovationen, das Vorantreiben neuer Projekte und die Einbindung der Studierenden“, betont Professor Locker-Grütjen. „Ein Innovationscampus trägt zu einer noch stärkeren Verankerung in der Region bei.“
Aufsetzen könnte der Innovationscampus auf das Förderprojekt „TransRegINT“ der Hochschule Rhein-Waal. Das hat die Transformation der Region Niederrhein zum Ziel - nimmt Herausforderungen der Region auf, entwickelt Lösungen und vermittelt Kompetenzen, immer vor dem Hintergrund der Innovation, Nachhaltigkeit und Teilhabe. Die Region soll fit gemacht werden für die Zukunft - und Wesel könnte zum Zentrum der nachhaltigen Transformation werden. Das Projekt wird vom Bildungsministerium für Bildung und Forschung mit zehn Millionen Euro gefördert.
Niederrheinhalle Wesel: Von der Idee bis zur Realisierung ein weiter Weg
Doch von der ersten Idee bis zur möglichen Realisierung ist es noch weit - der Abriss der Niederrheinhalle zwar beschlossen, der Zeitpunkt aber noch völlig offen. Und auch die Höhe der Investitionen kann noch nicht beziffert werden. Oder ob vor Ort auch Vorlesungen angeboten werden oder „nur“ geforscht wird.
So sprach Rainer Benien am Mittwoch auch noch von einem Fiat 500 mit der Stadt als Fahrerin, der Hochschule Rhein-Waal als Beifahrerin und der Hochschule Ruhr-West hinten auf der Rücksitzbank. „Wir brauchen aber einen großen Bus mit vielen Unterstützern und Verbündeten, mit vielen Akteuren. Aber wir sind noch ganz am Anfang. Doch diese Möglichkeit bekommt man als Kommune nur einmal.“ Auch für Wendelin Knuf ist klar: „Wir müssen diese Chance und unsere persönlichen Beziehungen nutzen. Wir sind alle überzeugt von diesem Projekt.“ Von einer „innovativen Idee“ sprach auch Bürgermeisterin Westkamp. „Wir müssen das jetzt vernünftig ausarbeiten und auf den Weg bringen.“ Muss am Dienstag nur noch der Rat mit ins Boot geholt werden. „Es liegt an uns, ihn zu überzeugen.“