Wesel. Immer wieder gelingt es dem Städtischen Musikverein und der Musik- und Kunstschule talentierte Nachwuchspianisten zum Klaviersommer zu locken.
Von Wien bis nach Moskau führte die musikalische Reise des Pianisten Piotr Pawlak, zu der der Städtische Musikverein und die Musik- und Kunstschule in die Zitadelle eingeladen hatten, um am Pfingstsonntag den 23. Weseler Klaviersommer zu eröffnen. Ein Stück Abschied bildete den Beginn des Klavierabends: Die sechs Bagatellen op. 126 von Beethoven sind das letzte Klavierwerk des Komponisten. Und so ganz nebenbei Vorbild für die Klavierzyklen der Romantik. Dem 25-jährigen Pianisten gelang es, die klanglich diffizilen Charakterstücke farbenfroh zu präsentieren.
Ein Paradestück für Pianisten ist die zweite Klaviersonate von Frederic Chopin – die mit dem berühmten Trauermarsch wohl bekanntesten Komposition des polnischen Komponisten. Auch hier – wie im gesamten Programm – konnte Piotr Pawlak seine Virtuosität auf dem Instrument voll entfalten. Besonders eindrucksvoll gelang Pawlak die endlose Geschichte, die Chopin im Mittelteil des Trauermarsches entfaltet. Gerade dadurch, dass der Pianist auf ausschweifende Temposchwankungen verzichtete, entfaltete sich die endlose Melodie.
Das Werk transparent gestaltet
Während der Beginn des Konzertes ein „Abschiedsstück“ war, stellte das erste Stück nach der Pause einen Beginn dar: Erst sechs Jahre vor seinem Tod komponierte Cesar Franck sein erstes Werk für Klavier. „Prelude, Choral et Fugue“ kamen dem Danziger Pianisten durch ihre Virtuosität entgegen. Trotz des massiven Klaviersatzes gelang es Pawlak, das Werk transparent zu gestalten. Und so entging dem Publikum nicht, dass kurz vor dem Ende die Themen des Präludiums, des Chorals und der Fuge gleichzeitig präsentiert werden.
Das Programm ging mit Maurice Ravel weiter: Seine „Pavane pour une infante défunt“ verschaffte dem Komponisten seinen ersten großen Erfolg. Nach dem aufwühlenden Franck bot das Werk dem Publikum Gelegenheit, sich vor der den „offiziellen“ Teil des Programms abschließenden Prokofiev-Sonate ein bisschen zu entspannen. Prokofiev schrieb diese düster-melancholische Komposition kurz vor seiner Emigration in die USA.
Eine Institution der Weseler Kulturszene
Der Weseler Klaviersommer ist zu einer Institution der Weseler Kulturszene geworden. Auch am Sonntag war – trotz des schönen Wetters – das Konzert gut besucht. Und das Publikum kam auf seine Kosten: Wieder war ein interessanter junger Pianist zu hören. Und der Beifall für das virtuos-tiefsinnige Programm war so groß, dass es zunächst noch das C-Dur-Präludium und Fuge aus dem ersten Teil des Wohltemperierten Klaviers und dann eine Chopin-Etude als Zugaben gab. Und als „Betthupferl“ endeten die zwei Stunden Klaviermusik mit einer Mazurka von Frederic Chopin.