Wesel. Verdi und EVG haben mit ihrem Warnstreik den ÖPNV zum Erliegen gebracht. Wie das Pendeln trotz Streik in der Region um Wesel möglich war.
Als der bundesweite Bahnstreik für diesen Montag, 27. März, angekündigt wurde, waren die Sorgen und auch die Empörung von vielen Seiten groß. Es wurde gar befürchtet, der koordinierte „Superstreik“ von Verdi und der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) lege Deutschland lahm. Durchaus eine berechtige Sorge, gerade weil man nicht sicher sein konnte, wie die Pendlerinnen und Pendler reagieren und welche Ersatzangebote von Bahn und Verkehrsbetrieben bereitgestellt würden. Glücklicherweise blieb das große Chaos aus.
Das trifft zumindest auf die Strecke aus dem Ruhrgebiet Richtung Wesel zu, wie ein Test der NRZ am Montagmorgen zeigte. Zwar standen die Bahnen und Linienbusse weitgehend still, jedoch machten die Ersatzverkehrangebote der Verkehrsbetriebe es möglich, auch weitere Strecken zu pendeln. Ganz ohne Schwierigkeiten und Hindernisse blieb der Weg zur Arbeit oder Schule aber nicht.
Bahnstreik in der Region Wesel: Chaos bleibt aus
So waren Routenplaner und Handy-Apps beim Test der NRZ eine sehr beschränkte Hilfe. Hier fiel je nach Portal entweder alles aus oder alles fuhr, wenn auch unter dem Vorbehalt, dass es „zu Streikauswirkungen kommen wird“ wie es beispielsweise die Deutsche Bahn formulierte. Genaue Strecken- und Fahrpläne mussten Pendler also selbst recherchieren. Auch hatte man Pech, wenn man auf die Servicecenter an den jeweiligen Bahnhöfen hoffte. Sie wurden wie die Linien der DB Regio und vieler städtischer Verkehrsbetriebe bestreikt.
Für die Region Wesel fielen so etwa die Bahnlinien RE 5, RE 49 und RE 19 aus, wobei das Betreiberunternehmen Vias für den RE 19 einen „Busnotverkehr“ eingerichtet hatte, der zwischen den Haltestellen Oberhausen – Dinslaken – Wesel – Emmerich – Zevenaar verkehrte, wenn auch ohne Gewähr. Relativ uneingeschränkt blieben die Busse der Niederrheinischen Verkehrsbetriebe (Niag). Hier entfielen nach Unternehmensangaben nur etwa zehn Prozent der Fahrten.
Überraschend war auf jeden Fall aber auch, wie leer die Straßen an diesem Streiktag wirkten. Es war zu erwarten, dass ohne oder zumindest mit kaum existierenden ÖPNV umso mehr Menschen im Auto unterwegs wären. Doch das Gegenteil schien – so zumindest der Eindruck am Morgen auf dem Weg Richtung Wesel – der Fall zu sein. Anscheinend hatten viele Berufstätige spontan Urlaub genommen oder von zuhause gearbeitet.
Verkehrsbetriebe in der Region Wesel: „Busnotverkehr“ fängt Ausfälle auf
Der Ersatzverkehr war kaum besetzt und fuhr so planmäßig, dass dem Busfahrer auch mal ein Moment Zeit für eine kurze Raucherpause bleibt. „Es ist echt gar nicht so viel los“, beschrieb er seine Arbeit am Streiktag. Er fügte jedoch an, dass es auf anderen Strecken sicher auch anders aussehen könne.
Das erwartete Chaos stellte sich also hier in der Region zum morgendlichen Berufsverkehr nicht ein. Die Straßen wirken an vielen Stellen tatsächlich leerer als an einem normalen Werktag. Mit ein Grund, warum der beinah leere „Busnotverkehr“, der die Regionalbahn ab Oberhausen ersetzte, von einem nahezu verlassenen Bahnhof zum nächsten fuhr und Personen mit ihren Einkäufen hier um einiges öfter anzutreffen waren als Berufspendler oder Schülerinnen und Schüler.
Weseler Schulen: Unbeeindruckt vom Bahnstreik
An den Schulen herrschte eher Alltag. Sebastian Hense, Schulleiter des Andreas-Vesalius-Gymnasiums, fasste es knapp zusammen: „Wir sind von der Situation völlig unbeeindruckt. Der Schulbetrieb läuft ganz normal.“ Und das trotz des großen Einzugsgebietes des Gymnasiums. Die Erklärung: „Der Streik war ja angekündigt und wenn sich die Eltern organisieren, ist das ganze kein Problem.“
Ähnliches hört man auch von den anderen Schulen in Wesel. So teilte die Schulleitung der Konrad-Duden-Realschule mit, dass der Streik sich nicht auf den Unterricht auswirke und auch beim benachbarten KDG hörte man ähnliches. „Wir merken nichts“, hieß es von der Schulverwaltung. Und auch die größte städtische Schule in Wesel, die Gesamtschule Am Lauerhaas, blieb vor größeren Auswirkungen des Streiks verschont. Nur zwei Schüler waren hier von Ausfällen betroffen, berichtete die Schulverwaltung. Dass so viele Schüler den Unterricht besuchen konnten, lag ihrer Einschätzung nach auch an den stattfinden Busfahrten der Niag.
Leere Bahnhöfe am Streiktag: Ersatzangebote werden genutzt – wenn möglich
Am Ende schienen sich also die schlimmsten Befürchtungen nicht eingestellt zu haben. Zwar blieben die Züge stehen und die meisten Bahnhöfe leer. Jedoch zeigte sich an diesem Streiktag, dass sich die Menschen in der Region diesen Widrigkeiten anpassen konnten. Es gab für viele, die auf den ÖPNV angewiesen waren, Ersatzangebote. Auch wenn diese ehrlicherweise nicht immer für jeden einfach erreichbar und sicherlich auch mit Verzögerungen verbunden waren.