Wesel. Ideen sammeln, Bedürfnisse erfahren - das stand hinter den Mobilitätsdiskussionen. Alles soll in das neue Weseler Verkehrskonzept einfliessen.

Der Ratssaal der Stadt Wesel ist an diesem Samstagmorgen reserviert für eine umfassende Bürgerbefragung. Ein neues, zukunftsweisendes Mobilitätskonzept soll erarbeitet werden. Für Kai Pachan und seinen Kollegen Thomas Rödel vom Büro für Verkehrs- und Stadtplanung aus Kamp-Lintfort, die mit der Ausarbeitung beauftragt sind, eine Herausforderung, denn das Konzept soll mit der Bürgerbeteiligung der Frage nachgehen, welche Mobilitätsbedürfnisse es überhaupt gibt.

Darüber hinaus soll es nachhaltig angelegt sein, und das bedeutet, es muss kurze Verkehrswege aufzeigen, energieeffizient und umweltverträglich sein. Die beiden Verkehrsplaner wollen dabei „vor allem auf die Mobilitätsbedürfnisse der Menschen schauen“ und von ihnen hören, „was Sie uns auf den Weg geben.“ Und so werden sie an diesem Tag bei vier aufeinanderfolgenden Beratungen mit interessierten Bürgern ins Gespräch kommen.

Pro Runde ein Stadtgebiet

Jede einstündige Beratung befasst sich mit einem Stadtgebiet. Den Auftakt macht der Bereich Büderich, Ginderich. Und bereits um 9 Uhr haben sich etwa 20 Bürger eingefunden. Dann bilden sich zwei Arbeitsgruppen, denn die beiden Verkehrsplaner haben sich jeweils auf einen Bereich besonders vorbereitet: Kai Pachan sammelt an einem Flipchart Ideen, Vorstellungen und Kritiken zum Thema ÖPNV; Thomas Rödel beschäftigt sich mit dem motorisierten Individualverkehr. Und schnell wird deutlich, dass hier zwei ausgewiesene Fachleute mit Detailkenntnissen der Örtlichkeiten den Bürgern aufmerksam zuhören. Sie kennen genau die verschiedenen Buslinien, ihre Haltepunkte, das regelmäßige Verkehrsaufkommen. Auch die Parkplatzsituation, Fahrradwege und fehlende Fußwege sind ihnen meistens bekannt.

Die Beiträge der Bürger sind kritisch, konstruktiv. Es entsteht ein reger Austausch. Die Vertreter der Stadt, die Verkehrsplaner Michael Blaess und Nadine Boos, hören aufmerksam zu, machen stillschweigend Notizen, greifen selten, aber nie belehrend ein. Mal geht es um eine fehlende Beleuchtung oder Beschilderung, mal um zu schmale Radwege, eine unpassende Ampelschaltung, zu wenig Platz für die neuen Lastenräder oder rücksichtslose Raser.

Lob für die gegenseitige Wertschätzung

Michael Blaess wird am späten Nachmittag nach der letzten Beratungsrunde die Ergebnisse und die Atmosphäre gegenseitiger Wertschätzung loben. Er freut sich über die rege Beteiligung der ungefähr 100 Teilnehmer, „die guten Ideen und Anregungen.“ Auch von den anwesenden Bürgern gibt es viel Lob: So hebt Birgit Appels „den intensiven Austausch“ hervor und Barbara Wagner „das sehr konstruktive, sachliche Gespräch.“ Allerdings mahnt sie auch: „Es braucht jetzt den politischen Willen zur Umsetzung der Vorschläge und das erforderliche Geld.“

Offenkundig besonders interessiert sind die Bürger an einer Verbesserung des ÖNVP: mehr Linien, eine kürze Taktung, beleuchtete Haltestellen und eine Verbesserung der innerstädtischen Verbindungen. Erste Ergebnisse der Planung werden für den Herbst erwartet. Kai Pachan ist optimistisch, dass das zukünftige Stadtbuskonzept erhebliche Verbesserungen bringen werde. Das gelte auch überhaupt für den ÖNVP. Warum? „Das 49,-Euro-Ticket kommt.“