Hünxe. Die Wohnung einer Drevenacker Familie ist mit Fäkalien vollgelaufen – und das kurz vor Weihnachten. Es ist nicht der einzige Schicksalsschlag.
In der Nacht zu Montag erwachte Nadine Hennen, ein übler Geruch stieg ihr in die Nase. Ob Fiete, der Labradormischling, sein Abendbrot nicht vertragen hat? Als sie die Zimmertür öffnete, brach eine Welt für sie zusammen. Die komplette Wohnung der siebenköpfigen Familie war, bis auf drei Zimmer, mit Fäkalien vollgelaufen. Die braune Brühe, die von der Toilette hochstieg, lief und lief und lief.
Nachbarn wurden geweckt, damit sie weder Toiletten nach Wasser betätigen, ein Rohr war geplatzt, der Keller mit Abwasser vollgelaufen. Die Familie stand Kopf. Die Feuerwehr Hünxe rückte noch in der Nacht aus und versuchte alles, so rasch wie möglich die Fäkalien abzupumpen. Selbst die Pflegeutensilien, die der Pflegedienst für Noah benötigt, waren der dunklen Flut zum Opfer gefallen.
Denn die Familie ist vom Schicksal gebeutelt. Der neunjährige Noah leidet an einer unheilbaren Darm-Verschluss-Erkrankung, CIPO, er wird zuhause palliativ gepflegt. Rund um die Uhr müssen seine Mutter oder eine Kinderpflegeassistentin in seiner Nähe sein. Nachdem die NRZ im September 2021 über den Pflegenotstand in der Familie berichtet hatte, konnte dank der Mogli-Kinderintensivpflege aus Oberhausen das Pflegeproblem gelöst werden. Nun trifft das Schicksal die komplette Familie.
Familie aus Drevenack: Sohn Noah hat vor Weihnachten Geburtstag
Am 23. Dezember wird Noah zehn Jahre alt. Er hat sich so auf seinen Geburtstag gefreut und am Tag später auf das Christkind. Der Weihnachtsbaum stand schon im Wohnzimmer, die Geschenke für die fünf Kinder lagen verpackt unter dem Baum. Die Geburtstagsgeschenke für Noah glücklicherweise gut versteckt im Schrank. Es war die Nacht mit Frost und Glatteis, trotz des schnellen Feuerwehreinsatzes hatte sich die braune Brühe bereits ihren Weg gesucht, war unter Schränke, Küchenzeile und Regale gelaufen.
In letzter Sekunde konnte die Familie noch die Sofaecke hochhieven. Doch das komplette Wohnmobiliar ist vom Boden aufwärts kontaminiert, ebenso wie die Wände feucht geworden sind. Viele persönliche Gegenstände sind dem Abwasser zum Opfer gefallen. Seit Montagnacht Uhr wird geputzt, Tag und Nacht, das komplette Laminat musste rausgebrochen werden, kaum etwas von den Möbeln ist zu retten. Es sind Bilder, die man aus TV-Nachrichten aus dem Ahrtal kennt.
Nadine Hennen ist gelernte Krankenschwester und als Mutter von fünf Kindern darauf bedacht, dass in der Wohnung Ordnung gehalten wird. So standen alle Schuhe in Reih und Glied im Flur. „Jetzt haben wir alle keine Schuhe mehr“, stellte der elfjährige Anthony am Morgen konsterniert fest. Denn alles, was mit den Fäkalien in Berührung kam, musste entsorgt werden.
Die Drevenacker Familie hatte keine Hausratsversicherung
Doch sofort ist auch Hilfe vor Ort. Nachbarin Claudia van Rissenbeck hat Steve (13) und Anthony (11) zu sich in die Wohnung eingeladen. Ihre Chefin Mareike Eckhardt, Inhaberin des Friseursalons Petra Meyer, hat ebenfalls von dem Schicksal der Familie gehört und sich sofort bereitgezeigt, eine Spendendose für die Familie in ihrem Geschäft aufzustellen. Sie ist bekannt dafür, dort zu helfen, wo es dringend nötig ist, insbesondere wenn es um Menschen in Drevenack geht.
Das Problem ist nämlich, dass Nadine Hennen keine Hausratversicherung abgeschlossen hat und die Gebäudeversicherung nicht für Schäden des Mobiliars aufkommt. Jeremy (17), Naomi (16), Steve (13), Anthony (11) und Noah würden so gerne Weihnachten in der eigenen Wohnung feiern. Doch die Entfeuchtungsgeräte laufen. Und so schnell Handwerker zu bekommen, die den Schaden beheben, ist kaum zu erwarten.
Drevenack: Betreuerin der Familie hat eine Spendenseite eingerichtet
Ob sich in Drevenack ebensolche Heinzelmännchen finden wie für die Menschen im Ahrtal? Claudia van Rissenbeck weiß, dass auch die Nachbarschaft Hilfe angeboten hat. Aktuell helfen Sachspenden nicht, denn in der Wohnung lassen sich keine Neuanschaffungen lagern. Erst muss die Wohnung saniert werden. Eine neue Wohnung für die siebenköpfige Familie zu finden, ist im Moment aussichtslos, wurde Nadine Hennen mitgeteilt.
Irgendwie wird sich eine Lösung finden, damit auch in diesem Jahr die Familie zusammen Weihnachten feiern kann, um vielleicht dank Spendengelder im neuen Jahr nach Möbel Ausschau halten zu können. Genauso groß wäre die Freude über helfende Hände. Ein Problem wurde jedenfalls am ersten Tag nach der Katastrophe gelöst: Alle haben wieder Schuhe!
Der Weseler Kinderhospizdienst unterstützt die Familie. Die Betreuerin der Familie hat spontan eine Spendenseite eingerichtet – sie ist erreichbar unter www.spendenseite.de/ich-brauche-deine-hilfe/-50825.