Wesel. Lustiger Talk: Wie Schalke-Legende Klaus Fischer plötzlich von der Aktualität eingeholt wird und Thomas Kastenmaier seine Borussia kritisiert.
Die rund 100 Gäste im Wesler Bürgerschützenhaus hatten ihren Spaß, als Moderator Sebastian Falke 90 Minuten lang mit drei ehemaligen Fußball-Größen über die „schönste Nebensache der Welt“ philosophierte. Auf dem Sofa nahmen diesmal Schalke-Legende Klaus Fischer, Trainer Peter Neururer, Moderator Sebastian Falke und der ehemalige Bayern- und Gladbach-Kicker Thomas Kastenmaier Platz.
Schon anhand der Auswahl der Promis war klar, dass der Abend leicht „Schalke-lastig“ werden würde. Dies störte aber niemandem im Saal, wie auch der glühende BVB-Fan Dominic Unsenos bestätigt: Der 29-jährige Weseler im schwarz-gelben Dress urteilte: „Im Moment gibt es so viele negative Dinge, da tut so ein lustiger Abend mal richtig gut.“
Publikum klärt den Ex-Nationalspieler auf
Zur Erheiterung trugen einige Dinge bei, die niemand zuvor planen konnte. Wie Klaus Fischers flammender Appell für einen echten Mittelstürmer, der fast so klang, als wolle er sich selber aufstellen. „Seit Miro Klose 2014 hat Deutschland keinen echten Mittelstürmer mehr!“ Dann wurde es kurios, als der ehemalige Schalke-Torjäger und zweifache WM-Teilnehmer kritisierte: „Was will der Bundestrainer mit Niclas Füllkrug? Der hat doch noch kein einziges Landespiel!“ Aus dem Publikum wurde Fischer eines Besseren belehrt: „Doch, der hat gerade sein erstes Länderspiel gemacht.“ Wie ertappt, konterte die Schalke-Legende: „Na gut, aber Füllkrug hat noch kein Länderspieltor.“ Riesengelächter im Saal! Denn gefühlt 80 Prozent der Gäste wussten dank ihrer Smartphones, dass Füllkrug wenige Minuten zuvor Deutschland zum 1:0-Sieg gegen Oman geschossen hatte. Da musste selbst Fischer lachen...
Peter Neururer redete, wie man es von ihm kennt, wie ein Wasserfall und ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen. Unter anderem hat der 67-Jährige eine klare Meinung zur Sonntag beginnenden Weltmeisterschaft in Katar: „Man muss ja politisch werden, wenn über diese WM spricht: Aber es ist eine absolute Pflicht, dem Gastgeber Respekt zu zollen – auch wenn wir verständlicherweise andere Gedanken haben über die Dinge, die da in Katar laufen. Aber jetzt über einen Boykott nachzudenken ist für mich absoluter Schwachsinn. Wenn, dann hätten wir alle den Mund aufmachen müssen, als die Verteilung vorgenommen wurde.“
Hundespaziergang besser als Champions League
Thomas Kastenmaier kritisierte an seinem ehemaligen Verein Borussia Mönchengladbach die Auswärtsschwäche und dass es lange keine Talente aus der Jugend mehr zu den Profis geschafft haben. Der 56-Jährige nannte auch den Grund, weshalb er den Talk in Wesel der Übertragung des WM-Tests gegen den Oman bevorzugte: „Ich gucke keine Freundschafts-Länderspiel und Champions League erst ab dem Achtelfinale – alles andere ist vertane Zeit, da kann ich besser mit dem Hund spazieren gehen!“
Wie so oft im Fußball kam das Beste ganz zum Schluss, quasi in der Nachspielzeit: Einer der Zuschauer fragte Peter Neururer nach seiner Tätigkeit als Trainer der vertragslosen Kicker und nach den Gründen für deren „Arbeitslosigkeit“. Daraufhin nannte der Coach ein konkretes Beispiel, das alle Gäste im Saal beeindruckte: „Es gibt dort auch Spieler, die haben den Bezug zur Realität völlig verloren und meinen sie wären als ganz große Nummer unterwegs.“ Sein Beispiel: „Da kommt ein 19-jähriger Spieler zum ersten Training und sagt: Ich habe Bundesliga gespielt, bei Bayer Leverkusen – 27 Einsätze.“ Warum kenne ich dann nicht?, habe sich Neururer gewundert. Dann stellte sich raus, dass er die U19-Bundesliga meinte...
Der Coach hat dem Jungen, der „durchaus talentiert“ war, versucht zu helfen, ihm gleich am nächsten Tag ein Probetraining beim damaligen Regionallisten Rot-Weiss Essen vermittelt. Neururer war sich sicher, dass er dort einen Vertrag unterzeichnen würde, doch am nächsten Tag war der Spieler wieder beim Training der vertragslosen Kicker. „Was willst Du denn hier?“, habe der Trainer ihn verblüfft gefragt und zur Antwort bekommen: „Ich bin nicht wertgeschätzt worden.“ Peter Neururer hakte nach, was RWE ihm denn geboten habe: „6000 Euro Grundgehalt – plus Prämien plus plus plus“, erzählte der Trainer bei dem Talk und ergänzte: „Daraufhin habe ich ihm gesagt: Tut mir leid. Dir kann ich nicht mehr helfen, bitte verlass dieses Camp.“ Neururers Fazit: „Einige Leute können sich eben nicht richtig selbst einschätzen – aber das ist ein Problem der Gesellschaft und nicht allein ein Problem des Fußballs.“
Weseler Schalke-Fan vollauf begeistert
Mit viel Applaus wurden die drei Fußball-Größen von den Zuschauern verabschiedet. „Ich bin ein Riesenfan von Klaus Fischer, er war echt ein super Abend“, schwärmte Gregor Gilke – der 56-jährige Weseler im Schalke-Trikot hatte sich fast zwei Stunden köstlich amüsiert.