Wesel. In vielen Supermärkten in Wesel fehlen derzeit bekannte Markenartikel, manche Regale sind leer. Dahinter steckt ein Streit mit einem US-Konzern.
Wer in diesen Tagen in einem Weseler Supermarkt einkauft, der könnte sich bei manchen Regalreihen entfernt an die DDR erinnert fühlen: Es gibt zum Teil deutlich sichtbare Lücken, bestimmte Waren fehlen. Mit Hamsterkäufen, wie zu Zeiten der Corona-Lockdowns, hat das aber nichts zu tun. Grund dafür sind vielmehr Streitigkeiten über Preiserhöhungen vieler Markenartikel. So hat in dieser Woche der US-Lebensmittelhersteller Mars seine Lieferungen an Edeka und Rewe eingestellt. Davon betroffen sind auch die Discount-Töchter Penny und Netto.
„Ja, wir haben leere Regale. Es sieht teilweise schlimm aus“, sagt Sven Komp über seinen Edeka-Markt an der Julius-Leber-Straße in Lackhausen. Hinter dem amerikanischen Konzern steht eine Vielzahl bekannter Lebensmittelmarken: Dazu gehören zum Beispiel die Schokoriegel Snickers und Bounty, die Kaugummi-Palette von Wrigleys, Haustiernahrung (Chappi), Pasta (Miracoli) oder Reis-Gerichte (Ben’s Original).
Der Lieferstopp betrifft alle Geschäfte von Edeka und Rewe in Deutschland. Die beiden deutschen Lebensmittelhändler wollen die Preiserhöhungen nicht akzeptieren, die Mars derzeit fordert. Manche Forderungen, die nicht mit höheren Kosten für Energie und Rohstoffe zu begründen seien, lehne man „strikt ab“, hießt es dazu von REWE – Edeka sieht es ähnlich. „Die aktuellen erheblichen Preisforderungen des Herstellers Mars sind aus unserer Sicht sachlich nicht begründet“, wurde ein Sprecher des Unternehmens von der Deutschen Presse-Agentur zitiert.
Supermarkt-Kunden in Wesel bekommen Lieferstopp zu spüren
Die Auswirkungen des Lieferstopps bekommen Kundinnen und Kunden in Wesel nun direkt zu spüren. „Es tut mir total Leid“, sagt Komp. „Wir machen das ja nicht, um Kunden zu ärgern, wir verlieren auch Geld. Bei den meisten Leuten ist aber ein Verständnis da.“ Nicht nur die Mars-Waren fehlen, auch die Lieferungen anderer Produzenten sind ein Problem. So will auch Coca Cola einen Lieferstopp durchdrücken und streitet sich derzeit mit Edeka vor Gericht. „Da haben wir die Lager aber vorsorglich vollgemacht, bis Weihnachten und Silvester sollten die gängigen Cola-Produkte vorrätig bleiben“, sagt Komp.
Der Weseler Einzelhändler hat eine solche Situation noch nie erlebt. Die Folgen der Corona-Krise waren noch nicht abgearbeitet, da kamen der russische Angriffskrieg und die Inflation dazu. „Wir haben eine massive Steigerung der Produktionskosten in allen Bereichen. Das gab es in dieser Breite noch nie“, sagt Komp. Es gehe jetzt vor allem darum, in welchem Umfang die Preise an die Kundinnen und Kunden weitergegeben werden können. „Was ist eine gerechte Steigerung? Das ist die Frage, die wir klären müssen“, sagt der Edeka-Chef. „Wir können nicht einfach sagen, mir machen alles zehn Prozent teurer.“
Edeka-Chef aus Wesel weiß nicht, wann sich die Situation bessert
Die Redaktion hat sich am Donnerstag in mehreren Weseler Supermärkten umgesehen, überall gab es das Problem mit den leeren Regalen – mal mehr oder weniger. Bei Rewe Peeters in Flüren wurde sogar mit Zetteln auf den Streit mit dem Mars-Konzern hingewiesen, vor allem beim Tierfutter fehlten viele Produkte. „Die Situation ist schon länger ein Problem“, sagt Sandra Tarara, die Leiterin des Supermarktes in Flüren. Rewe verweist seine Kunden auf die Eigenmarken, gewisse Produkte ließen sich allerdings nicht ersetzen.
Auch für die Einzelhändlerin ist die Situation ungewohnt. „Das ist etwas, was wir uns nicht vorstellen konnten“, sagt Tarara. Ihr Kollege Sven Komp sieht es ähnlich – einstige Gewissheiten verschwinden gerade nicht nur für Menschen, die im Supermarkt einkaufen. „Früher hat man bestellt und dann kam Ware“, fasst der Kaufmann es zusammen. Doch schon in der Corona-Hochphase gab es bekanntlich manche Engpässe, wie etwa beim Klopapier. Wie lange der Streit mit Mars noch dauert, kann Komp kaum abschätzen. Er hofft darauf, dass irgendwann wieder eine gewisse Normalität eintritt.