Hamminkeln. Pfarrer Lamers fährt zu Menschen in Extremsituationen. Auch nach dem Unfall in Lankern war er vor Ort. Lamers erklärt, worauf es ankommt.
Notfallseelsorger, das sind die Menschen, die bei Unglücken den anderen beistehen in einer absoluten Ausnahmesituation. Der Hamminkelner Pfarrer Ralf Lamers ist einer von ihnen und das schon seit langer Zeit – aus Überzeugung. Von Dinslaken bis Dingden reicht sein Einsatzgebiet, wenn er denn im Dienst ist. Denn die Ehrenamtlichen arbeiten im Vier-Schichtsystem. Für ihn ist das eine Bereicherung, weil er dort den Menschen nahe sein kann, wenn die körperliche und seelische Not so groß ist.
„Wofür soll ich Kirchensteuer zahlen?“ Das fragen in heutigen Zeiten immer mehr Menschen – egal, ob katholisch oder evangelisch. „Dafür zum Beispiel“, sagt der Pfarrer. Bevor sich die haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im seelsorgerischen Dienst Notfallseelsorger nennen dürfen, müssen sie eine umfangreiche Ausbildung – in Lamers Fall beim Bistum Münster – absolvieren, mit der sie sich auf solche Einsätze vorbereiten. Denn es sind oft Extremsituationen, in die sich Notfallseelsorger hineinbegeben. Am Niederrhein startet ein solcher Kurs nach den Herbstferien.
Lamers ist Teil der Rettungskette
Erst kürzlich bei dem schrecklichen Unfall in Lankern, bei dem eine Radfahrerin vom Zug erfasst worden war und verstarb, war auch Pfarrer Lamers vor Ort. Er ist Teil der Rettungskette, in der Polizei, Rettungsdienst oder Feuerwehren, die das Team bei Bedarf alarmieren. Vor Ort begibt sich Lamers immer als erstes zur Einsatzleitung und lässt sich kurz briefen, bevor er zu den Menschen geschickt wird, die vielleicht Redebedarf haben oder Hilfe benötigen.
Nach dem neuesten tödlichen Unfall in Lankern war es einer der Ersthelfer, der „stand vollkommen neben sich.“ Da hilft es manchmal schon, konkrete Dinge zu besprechen wie die Frage, wie der Mann nun nach Hause kommt. Mal ist es ein Gebete, mal eine Umarmung, mal ein offenes Ohr – und manchmal auch einfach nur die Anwesenheit. Denn – das weiß Lamers aus Erfahrung – der Mensch ist ein Individuum. Da gibt es eine ganze Bandbreite an Reaktionen.
Manchmal geht rein praktisch zu
Auch praktische Hilfe leisten gehört dazu. In Lankern holten die Seelsorger beispielsweise Bänke und Stühle aus der Nachbarschaft, damit die Zugreisenden sich nach dem Ausstieg erst mal setzen konnten und boten Getränke an. Manchmal sind es die Kleinigkeiten, die die Menschen aus dem Paralleluniversum zurück holen. Sie machen halt alles, was in der ersten Zeit hilfreich ist.
Und wie kommen die Seelsorger selbst wieder runter? Ralf Lamers helfen Gebete, weil er da einen Teil der Last an Gott abgeben kann. Und Spazieren gehen, denn die Natur „ist hilfreich“. Außerdem gibt es für die Notfallseelsorger eine Supervision, in der sie das Geschehen noch mal verarbeiten können. Hilfreich sind auch die informellen Treffen der Notfallseelsorger, wo man noch einmal über alles reden kann. Regelmäßige Fortbildungen stehen auch auf der Agenda. Bald zum Beispiel im Dingdener Klausenhof, wo sich die Seelsorger mit Polizeikräften austauschen, damit jeder weiß, wofür der andere zuständig ist.
„Die Notfallseelsorge ist noch einmal ein ganz besonderer Dienst an Menschen in Krisensituationen“, zieht Lamers seine persönliche Bilanz.
Wer sich für die Notfallseelsorge interessiert kann sich an Pastoralreferent Peter Bromkamp beim Bistum Münster, bromkamp@bistum-muenster.de oder 02366/109731 wenden.