Wesel. Eine neue Karte zeigt, wo Wesel bei Starkregen besonders anfällig ist. Experten erklären, welche Maßnahmen gegen drohende Wassermassen helfen.
Sonnenschein kann schnell trügen. Schließlich sind es nicht selten die heißesten Sommertage, die mit einem heftigen Unwetter enden. Wie schnell es dann gehen kann, zeigte sich im vergangenen Juli in Wesel-Blumenkamp: Rund 50 Liter Regen pro Stunde prasselten dort am Nachmittag nieder, wohlgemerkt pro Quadratmeter. Die Kanalisation kapitulierte, Straßen wurden überflutet, zahlreiche Keller liefen voll. Bei solchen Niederschlagsmengen sprechen Experten von sogenannten „Jahrhundert-Ereignissen“ – nur kommen die mittlerweile längst nicht mehr nur alle 100 Jahre vor.
„Die Wahrscheinlichkeit, dass künftig das Stadtgebiet von Wesel von Starkregenfällen größeren Ausmaßes betroffen sein kann, die das Kanalnetz überfordern, ist bereits gestiegen“, sagt Bürgermeisterin Ulrike Westkamp. Welche schrecklichen Katastrophen solche Unwetterereignisse auslösen können, war im vergangenen Sommer im Ahrtal zu sehen. Mit solch schlimmen Folgen rechnet zwar in der Hansestadt niemand, schließlich lässt allein die Landschaft am Niederrhein den Wassermassen mehr Platz als ein enges Flusstal mit steilen Hängen.
Dennoch bereitet sich Wesel auf Extremwetter vor, im Auftrag der Stadtwerke wurde eine Starkregenkarte erstellt, die nun auf der Internetseite der Stadt (www.wesel.de) abrufbar ist. Sie zeigt, wo im Stadtgebiet Überflutungen drohen – und zwar für jedes Grundstück. In der Suchmaske lassen sich die Adressen eingeben. So können sich Mieter oder Hausbesitzer einen Eindruck verschaffen, wann Keller, Tiefgarage oder Erdgeschoss volllaufen würden. In der Darstellung wird unterschieden zwischen Starkregen mit 47 Millimeter Regen pro Quadratmeter innerhalb einer Stunde und 90 Millimetern, das entspricht der Menge, die an Stellen des Ahrtals im vergangenen Jahr heruntergekommen ist – und ist damit doppelt so viel wie bei einem „Jahrhundert-Ereignis“.
Starkregenkarte in Wesel wird auch von der Verwaltung genutzt
Ergänzt wird die Karte durch mögliche Vorsorgemaßnahmen und das richtige Verhalten bei Sturzfluten. Denn die Stadt möchte mehr Menschen dazu bringen, sich mit technischen Maßnahmen gegen Wassermassen zu schützen. Entsprechende Beratungstermine bieten die Stadtwerke kostenlos an. Was die Stadt aber ebenso betont: Niemand in Wesel ist Wassermassen schutzlos ausgeliefert. Es sei nicht damit zu rechnen, dass Sturzbäche Häuser wegreißen.
Die neue Karte wird auch von der Verwaltung genutzt. Das Team um Klimaschutzmanager Ulrich Kemmerling hat auf deren Grundlage eine Datenbank und eine weitergehende Risikokarte mit besonders gefährdeten Objekten erstellt – untersucht wurden dafür alle Gebäude, die zur sogenannten kritischen Infrastruktur gehören. Dazu zählen etwa Schulen, Kindertagesstätten, die Krankenhäuser, das Rathaus oder Pflegeeinrichtungen.
Wesel: Unterführung an der Kurt-Kräcker-Straße ist gefährdet
Insgesamt wurden so knapp 40 Objekte in Wesel ausgemacht. Aus Datenschutzgründen möchte die Verwaltung die konkreten Gebäude nicht nennen – unter anderem gehöre aber die Feuerwehr dazu, wie Kemmerling erzählt. Grundsätzlich sei die Zahl der besonders gefährdeten Objekte gering, das liege vor allem an der Topographie. „Anders als in bergigen Regionen konzentriert sich das Regenwasser in Wesel nicht in engen Flutwegen, sondern verteilt sich auf die Fläche“, sagt der Klimaschutzmanager. Dennoch wird die Verwaltung nun auf die Einrichtungen zugehen und über mögliche Maßnahmen sprechen.
Anhand der neuen Karten lassen sich die gefährdeten Flächen gut ablesen. Zu den prominentesten Stellen gehört die Unterführung an der Kurt-Kräcker-Straße, die regelmäßig bei starken Regenfällen vollläuft. Auch das Gelände vor der Zitadelle gilt als anfällig, weil es dort abfällt in Richtung des historischen Bauwerks. Ansonsten sind vor allem weitere Unterführungen und viele Einzelgrundstücke in der Stadt in der Karte tiefblau eingefärbt, sie werden also als gefährdet eingestuft.
Die Starkregenkarte ist hier auf der Internetseite der Stadt abrufbar.