Wesel. Dank Förderprogrammen haben sich einige Weseler ein Lastenrad angeschafft. Ein halbes Jahr nach Kauf berichten sie von ihren Erfahrungen.

Seit gut einem halben Jahr fährt Sofie Schwarzer mit ihrem Lastenrad fast überall hin. Nicht zur Arbeit – da ist sie im Zug unterwegs, aber den Alltag in Wesel bestreitet sie auf zwei Rädern, fährt etwa zum Einkaufen oder zu ihrem Pferd mit dem Lastenrad. Getränkekisten, Pferdefutter, alles Mögliche lässt sich bequem zwischen Lenker und Vorderrad verstauen. „Ich habe damit auch schon Sperrmüll weggebracht“, erinnert sich die 26-Jährige – einen alten Sessel hat sie auf zwei Rädern zur ASG transportiert. Nur Mischlingsrüde Odin hat sich noch nicht damit anfreunden können, in der Kiste am Zweirad chauffiert zu werden.

Förderprogramm für Lastenräder hat Weselerin überzeugt

Schon vor dem Kauf im September hatte die junge Frau vom Fusternberg mit dem Gedanken an ein Lastenrad gespielt. In Düsseldorf, wo sie arbeitet, sind die Räder nämlich schon länger in Mode. „Das sieht schon cool und irgendwie entspannt aus“, befand Schwarzer, wenn sie Menschen auf einem Lastenrad sah, häufig Mütter mit zwei oder drei Kindern.

Doch die mehreren tausend Euro, die so ein Gefährt kosten, haben die Weselerin zurückschrecken lassen. Erst als das Förderprogramm der Stadt Wesel im Sommer aufgelegt wurde, konnte sie sich zum Kauf entschließen. Rund 4000 Euro hat ihr Modell gekostet, 40 Prozent davon wurden gefördert, bezahlt hat sie also etwas mehr als 2000 Euro.

Nur noch selten mit dem Auto unterwegs

So wurden die Fördermittel genutzt

Im Juni 2021 wurde in Wesel der erste Fördertopf aufgelegt. 40 Prozent des Kaufpreises, maximal aber 2000 Euro Zuschuss konnten Lastenrad-Käufer im Zuge dessen bekommen. 50.000 Euro standen dafür bereit und waren nach wenigen Wochen ausgeschöpft. Für 24 Anträge wurden bis zum Jahresende 38.706,68 Euro ausgezahlt. Für weitere sieben Anträge sind Mittel in Höhe von 11.058,00 Euro gebunden. Im September folgte ein weiteres Förderprogramm. Hier konnten sich Lastenradler 30 Prozent (maximal 1000 Euro) auf den Kaufpreis sichern. Für Antragsteller mit Kindern unter vier Jahren gab es noch einmal 500 Euro Kinderbonus. Bis zum Jahresende wurden 36 Anträge positiv beschieden, in 23 Fällen gab es den Kinderbonus.Zum Jahresbeginn 2022 sind noch weitere vier Anträge eingegangen. Da aus dem zur Verfügung stehenden Budget Mittel in Höhe von rund 6.000 Euro nicht ausgeschöpft wurden, hat die Verwaltung einen Antrag auf Ermächtigungsübertragung der Restmittel beantragt.

1180 Kilometer hat Schwarzers Rad mittlerweile auf dem Tacho, ein Auto benutzt sie nur noch selten, höchstens „wenn es im Winter abends dunkel und wirklich schlechtes Wetter ist.“ Einschränkungen, sagt sie, habe sie mit dem Lastenrad, das immerhin fast doppelt so lang ist, wie ein herkömmlicher Drahtesel, kaum. Nur dann, wenn es besonders voll auf den Straßen und deshalb eng ist. Oder auch, wenn sie eine Ampel überqueren muss. Will sie dann auf den Knopf drücken, hängt schon mal der Vorderteil des Gefährts auf der Straße.

Auch Familie Holland, ebenfalls vom Fusternberg, hat die erste Föderrunde genutzt. Seit Sommer sind Sven (35) und Friederike (34) Holland stolze Lastenrad-Besitzer. Besonders freut das den zweijährigen Sohn Lasse. Er wird damit zum Beispiel die rund 2,5 Kilometer zur Kita transportiert oder beim Einkaufen mitgenommen, denn neben ihm hat auch der Wocheneinkauf noch bequem Platz. Und dank E-Antrieb bleibt die Trampel-Anstrengung überschaubar.

Nur ob das Lastenrad sich auch für eine längere Radtour eignet, haben sie bislang nicht ausprobiert. Die sollen aber im Sommer kommen. 40 bis 50 Kilometer weite Strecken könnten sie sich vorstellen – für 100 Kilometer reicht der Akku.

Ohne Lastenrad müsste ein Zweitwagen her

Ein Auto hat die Familie zwar noch, aber ohne Lastenrad – da sind die Hollands sicher – bräuchten sie einen Zweitwagen. Da ist das Lastenrad schon deutlich günstiger, nicht nur in der Anschaffung. Im Unterhalt kommt lediglich eine Versicherung gegen Diebstahl und selbst gebaute Unfälle zum Tragen. „Was ein Kombi im Jahr kostet, zahlt man für vier Jahre“, rechnen sie vor.

Doch es sind nicht die zu sparenden Kosten, die die Familie antreibt, sondern vor allem der Beitrag zum Klimaschutz: „Es ist einfach eine schöne Möglichkeit, Emissionen zu sparen“, findet Friederike Holland. Auch die Reaktionen im Freundes und Familienkreis sind durchweg positiv. Einige Freunde mit Kindern im gleichen Alter überlegten nun, sich ebenfalls ein Lastenrad anzuschaffen, erzählt die 34-Jährige, Schwager und Schwägerin haben es bereits getan.