Kreis Wesel. 40 Prozent der positiven Corona-Test im Kreis Wesel traten im Oktober bei Geimpften auf. Doch schwere Verläufe treffen fast nur die Ungeimpften.

Die Corona-Neuinfektionen steigen auch im Kreis Wesel wieder deutlich an. Die Kreisverwaltung meldete am Freitag 114 neue Fälle innerhalb von 24 Stunden – einen so hohen Anstieg hatte es zuletzt Ende April gegeben. Die Sieben-Tage-Inzidenz stieg in der Zählweise des Kreises auf mehr als 72, vor einer Woche hatte der Wert noch bei um die 60 gelegen.

Unter den positiv auf Corona getesteten Menschen im Kreis Wesel sind zunehmend Menschen, die bereits vollständig geimpft sind. Nach Angaben der Kreisverwaltung wurden im Oktober 885 bestätige Corona-Fälle gemeldet, knapp 41 Prozent der Infektionen traten bei Durchgeimpften auf. Zum Vergleich: Aufs gesamte Jahr gesehen waren das weniger als fünf Prozent.

Der Lungenarzt Dr. Thomas Voshaar vom Bethanien-Krankenhaus in Moers sieht darin aber keinen Grund zur Sorge. „Es ist vollkommen normal, dass man sich als Geimpfter infizieren kann, im Sinne eines positiven Tests“, sagt der Chefarzt der Lungenklinik. „Die Impfung schützt aber davor schwer zu erkranken oder zu sterben.“ Das zeige die aktuelle Entwicklung deutlich. „Es ist ganz klar: Schwere Verläufe mit hohen Sterberaten gibt es nur bei älteren Menschen, die nicht geimpft sind.“

Kreis Wesel: Voshaar sieht Corona-Lage entspannt

Andere Krankenhäuser im Kreis bestätigen das. „Wer bei uns mit Corona auf der Intensivstation landet, ist in der Regel ungeimpft“, sagt Gerd Heiming, Sprecher des Weseler Marien-Hospitals. Das St. Vinzenz-Hospital stellt das ebenfalls so fest, so Sprecher Matthias Ruß.

Nach den jüngsten Angaben der Kreisverwaltung befinden sich derzeit 23 Patientinnen und Patienten mit einem positiven Corona-Test in einer Klinik. Das DIVI-Intensivregister verzeichnete am Freitag vier Fälle auf den Intensivstationen, ein Mensch musste künstlich beatmet werden. Lungenarzt Thomas Voshaar - der sich schon lange dagegen ausspricht, die Sieben-Tage-Inzidenz weiterhin als relevanten Wert für das Pandemie-Geschehen zu betrachten - schätzt die Corona-Situation im Kreis deswegen als entspannt ein. Schwere Verläufe seien in den vergangenen Wochen nur vereinzelt vorgekommen. Derzeit gebe es im Bethanien einen Fall mit künstlicher Beatmung, der Mensch sei älter und ungeimpft.

Wiedereröffnung des Impfzentrums: Das sagt der Kreis Wesel

Derweil hält sich die Kreisverwaltung in der Debatte um eine mögliche Wiedereröffnung der Impfzentren zurück. Angeregt hatte sie Gesundheitsminister Jens Spahn: Ginge es nach dem CDU-Politiker, sollten in den ehemaligen Impfzentren, die Ende September geschlossen wurden, bald die Auffrischungsimpfungen stattfinden – die Landesregierung in Nordrhein-Westfalen lehnt das aber bisher ab und setzt neben den Hausärzten darauf, dass die Städte und Kreise kleinere Impfeinheiten aufbauen.

„Das Impfgeschehen setzt der Kreis nach den Vorgaben des Landes um“, sagt Landrat Ingo Brohl (CDU). Obwohl sich das Impfgeschehen weitgehend bei den Hausärzten abspielt, hat der Kreis seine eigenen Impfangebote nicht eingestellt. Seit einigen Wochen wird in der Niederrheinhalle in Wesel sowie an Standorten in Kamp-Lintfort und Dinslaken zu bestimmten Zeiten auch wieder stationär geimpft. Brohl: „Wir haben nach wie vor Zugriff auf die Niederrheinhalle, auch die Impfstraßen sind noch nicht vollständig zurückgebaut.“

An den drei Standorten, die offiziell als „semi-stationär“ bezeichnet werden, und bei den mobilen Impfteams wurden im Oktober in der Woche zwischen 600 und 700 Menschen geimpft. Mit diesen Zahlen ist der Landrat zufrieden. Auffrischungsimpfungen finden dort allerdings bisher nicht statt. Dazu ist der Kreis auf einen Erlass des Landes angewiesen, betont die Verwaltung.