Schermbeck. Die Umgestaltungsarbeiten an der Mündung des Bachs im Rahmen des Programms „Lebendige Lippe“ kommen besser voran, als ursprünglich geplant.

Seit ein paar Monaten wird nahe des Gietlingsweg in Schermbeck kräftig gebuddelt: Drei Bagger graben dort, wo einmal Ackerfläche war, mehrere Meter tiefe Mulden und Kurven, um dem Schermbecker Mühlenbach mehr Raum zu geben. Insgesamt werden hier rund 36.000 Tonnen Bodenmaterial bewegt. „Das ist schon imposant“, zeigte sich Bürgermeister Mike Rexforth sichtlich beeindruckt bei einer Baustellenbesichtigung mit dem Lippeverband. Von Projektleiter Wolf Debus erfuhr er zudem, dass die Arbeiten schneller voranschreiten, als ursprünglich geplant.

Am 1. Juli hatten die Umgestaltungsarbeiten an der Mündung des Schermbecker Mühlenbachs im Rahmen des Programms „Lebendige Lippe“ begonnen. Der neue Bachlauf zeichnet sich bereits eindrucksvoll ab und schlängelt sich in großen Kurven durch die Landschaft. Die ökologische Durchgängigkeit zwischen Lippe und Schermbecker Mühlenbach rückt somit in greifbare Nähe. „80 Prozent der Erdarbeiten sind schon geschafft“, berichtet der Projektleiter.

Beeindruckender neuer Bachlauf: Die Arbeiten an der neuen Mündung des Schermbecker Mühlenbachs schreiten gut voran.
Beeindruckender neuer Bachlauf: Die Arbeiten an der neuen Mündung des Schermbecker Mühlenbachs schreiten gut voran. © Johannes Kruck

Um 270 Meter wird der Lauf des Schermbecker Mühlenbachs verlängert: Aus den letzten bisher 190 Metern vor der Mündung in die Lippe macht der Lippeverband 460 Meter. Der jetzige Mündungsbereich wird verfüllt und der Bachlauf in einer Schlinge etwa 200 Meter weiter westlich verlegt. Das Land NRW investiert rund 4,5 Millionen Euro in die Maßnahme.

Letztlich werden Mensch und Tier von dieser Maßnahme profitieren. Der Mensch vor allem durch einen deutlich verbesserten Hochwasserschutz: Sollte der Wasserstand der Lippe drastisch steigen, könnten sich demnächst die Wassermassen in den dann neuen Mündungsbereich des Mühlenbaches ausbreiten, statt direkt nach Hünxe und Wesel und dann weiter in den Rhein abzufließen.

150 Liter Wasser pro Minute

In normalen Zeiten fließen rund 150 Liter pro Sekunde durch den Bach – beim Zehn-Jahres-Hochwasser können es auch schonmal bis zu 5000 Liter sein. Da braucht der normalerweise rund 2 Meter breite Bach viel mehr Platz.

Als Totholz bleiben abgestorbene Bäume bewusst am künftigen Bachlauf liefen.
Als Totholz bleiben abgestorbene Bäume bewusst am künftigen Bachlauf liefen. © Johannes Kruck

Aber auch Tiere werden von der Umgestaltung einen Nutzen haben: Dafür werden zwei Sohlgleiten in den Mündungsbereich eingebaut, um Fischen über diese „Fischtreppe“ den Aufstieg zu ermöglichen. Dank zwölf Becken, die aus dicken Felsen gebildet werden und Schlitze für die Fische bekommen, können sie künftig die Höhenunterschiede von rund einem Meter pro Sohlgleite überwinden. „Wir haben hier ein gutes Fischaufkommen“, berichtet Wolf Debus. Eine Probe habe 24 Fischarten und 250 Tiere hervorgebracht - „Stichling, Schmerle, Döbel und Hasel, aber auch Bachforelle, Gründling und Barbe“, zählt der Projektleiter auf.

Die Höhendifferenz des Mühlenbachs in dem gesamten Mündungsbereich beträgt rund 2,60 Meter. Die Fische werden im kommenden Jahr die Möglichkeit haben nicht nur diese Steigung zu „klettern“ - sie können auch noch ein paar Kilometer bis kurz vor den Mühlenteich am Rathaus schwimmen und sich dort oder unterwegs einen geeigneten Platz zum Laichen suchen.

Flutmulde als Biotop

Zwischen den großen neuen Schlingen des Schermbecker Mühlenbaches wurden Sanddünen errichtet, die nicht bepflanzt werden, sondern auf denen sich auf natürliche Art und Weise Pflanzen ansiedeln sollen. Mehrere uralte Stämme am Rande des Bachlaufes wurden bewusst als Totholz liegen gelassen. Unter höheren Bäumen ist ein kleiner Teich vom eigentlichen Bach abgebunden, bei Hochwasser könnte er aber als Flutmulde überschwemmt werden. „Diesen Bereich erhalten wir als Biotop um noch weiteren Tieren einen Lebensraum zu bieten.“

Bürgermeister Mike Rexforth hat eine weitere Anregung: „Als Kind habe ich am Mühlenbach immer viele Reptilien gesehen – unter anderem Eidechsen und Blindschleichen.“

Eisvögel und Uferschwalben

Und an den lehmigen Abbruchkanten der neuen Dünen könnten sich Eisvögel und Uferschwalben ansiedeln, ergänzt Projektleiter Debus.

Bis Ende des Jahres dürften die Hauptarbeiten abgeschlossen sein – zwei Monate früher als geplant. Anfang des Jahres 2022 dürfte die neue Mühlenbach-Mündung dann komplett fertig sein.