Kreis Wesel. Die Bundestagswahl 2021 ist anders als alle Vorgängerinnen: Sie steht im Zeichen der Covid-19-Pandemie. Wie gehen die Politiker damit um?
Wie macht man Wahlkampf in Zeiten der Pandemie? Wir haben einige Kandidaten zur Bundestagswahl gefragt.
Für die Bundestagsabgeordnete Sabine Weiss (CDU) ist dieser Wahlkampf mit Blick auf die Möglichkeiten zu Präsenzveranstaltungen „um Meilen besser“ als noch beim Kommunalwahlkampf im vergangenen Jahr. „Viele Menschen sind inzwischen geimpft.“ Dazu gelten überall die 3 G-Regeln, da ist schon mehr Begegnung möglich als noch 2020. „Die Menschen sind auch selbst vorsichtig“, stellt Weiss fest. Sie bevorzugt den Straßenwahlkampf, den persönlichen Austausch mit den Menschen und verzichtet daher auf Online-Formate. „Digital erreicht man die Leute nicht. Der Wahlkampf ist nur dann authentisch, wenn man die Menschen persönlich erlebt.“ Fraktionssitzungen und Termine mit anderen Gremien finden dagegen sehr wohl noch übers Internet statt, was so manche Fahrt zwischen Berlin und dem Wahlkreis erspart.
SPD-Kandidat Rainer Keller sieht den Wahlkampf „definitiv anders als ein Wahlkampf unter normalen Bedingungen“. In den Zeiten besonders hoher Inzidenzen habe sein Team verschiedene digitale Formate angeboten: einen Stammtisch, das Betriebsräteforum und den Besuch von Olaf Scholz gab es digital. Auch Social Media spiele in diesem Wahlkampf eine große Rolle. Dennoch habe der persönliche Kontakt gefehlt, Keller und Team seien glücklich, wieder den „normalen“ Wahlkampf führen zu können - wie Gespräche an Haustüren, Gartenzäunen und Infoständen.
Offenes Ohr für die Menschen
„Viele Menschen, die durch Videokonferenzen nicht erreicht werden konnten, erreicht man jetzt.“ Auch während Corona gelte es, Präsenz zu zeigen und ein offenes Ohr für die Menschen vor Ort zu haben. Für den Endspurt ist vor allem geplant, durch Flyer auf die kommende Wahl aufmerksam zu machen und an den Infoständen und Haustüren sich direkt an Wählerinnen und Wähler zu wenden.
Hans-Peter Weiß, der Bundestagskandidat der Grünen, findet es schade, dass es wegen Corona kaum Podiumsdiskussionen geben kann: „Ich habe genau eine Einladung – zu der Podiumsdiskussion der Bundestagskandidaten am 16. September am Gymnasium in Voerde. Darauf freue ich mich schon.“ Natürlich sei er mit seinen Parteikollegen an Infoständen aktiv: „Das ist fast wie immer.“
Ansonsten habe sich der Wahlkampf mehr ins Internet und in die Sozialen Medien verlagert. Dort erreichen den 58-Jährigen dann Fragen quer durch die Politik. „Was mich aber echt gewundert hat: Es waren schon fünf Fragen zur Legalisierung von Cannabis dabei“, sagt der Grünen-Kandidat. Natürlich erreichten ihn online auch Fragen zu Umweltthemen und der Flüchtlingspolitik.
Soziale Netzwerke spielen eine Rolle
FDP-Bundestagsabgeordneter Bernd Reuther räumt ebenfalls den Sozialen Netzwerken eine große Rolle ein, sie seien auch abseits des Wahlkampfs nicht mehr wegzudenken. „Auch diverse Online-Formate sind sehr wichtig, um die Bürgerinnen und Bürger zu erreichen und über politische Themen zu informieren.“ Obschon der Wahlkampf unter Corona-Bedingungen etwas anders sei als sonst, seien glücklicherweise viele Veranstaltungen vor allem im Freien wieder möglich. Viele Veranstaltungen können nach draußen verlegt werden. „Ein gutes Beispiel hierfür ist das Sommerfest mit Christian Lindner, das wir komplett im Freien mit Voranmeldung und unter Einhaltung der 3G-Regel in Kamp-Lintfort veranstaltet haben.“
Ohne Wahlkampfstände geht es nicht. „Der Großteil der Bürgerinnen und Bürger ist sehr interessiert und möchte sich informieren. Mir ist immer der sachliche Austausch wichtig, freue mich aber auch auf viele hitzige Diskussionen“, sagt Reuther. „Wichtig ist, dass wir auf allen Kanälen unsere Themen und Vorstellungen für die Zukunft unseres Landes seriös vermitteln.“
In Warteposition
Christian Link tritt als Kandidat für die Freien Wähler an. „Ich hätte mit den Wahlkampf natürlich anders gewünscht“, sagt der 37-jährige Versicherungsfachwirt aus dem Kreis Viersen. Er sagt: „Ich stehe auf Abruf, in Warteposition – bisher habe ich aber noch keine Einladung zu einer Podiumsdiskussion erhalten.“ Auch er agiert zurzeit viel online, doch nicht nur: Er fährt auch nach Hamminkeln und hängt dort selber Wahlplakate mit auf. Link erklärt: „Wir sind anders als klassische Parteien.“ Vor Ort planten die Wählergemeinschaften Aktionen, er unterstütze gerne dabei. Klar sei aber auch, dass durch Corona nicht alles möglich ist: „Man passt sich eben an“, sagt Link, der hofft, dass die Freien Wähler über drei Direktmandate in den Bundestags einziehen und dann vielleicht das „Zünglein an der Waage“ werden könnten.