Schermbeck. Nach dem Lockdown freuen sich die Auszubildenden des Landhotels über mehr Normalität. Abläufe mit Corona-Einschränkungen müssen sitzen.

Den beiden Geschwistern Katharina und Christopher Klump ist eine gewisse Erleichterung anzumerken. In den vergangenen anderthalb Jahren haben die beiden Geschäftsführer des Hotels und Restaurants Voshövel in Weselerwald eine Achterbahnfahrt zwischen Hoffen und Bangen, zwischen Existenzangst und Aufbruchstimmung mitgemacht – mittendrin ihre Auszubildenden und auch die anderen Mitarbeiter. Jetzt hat das neue Ausbildungsjahr begonnen und die beiden Geschwister können durchatmen: Einerseits, weil sich unerwartet viele Interessenten für die Lehren zu Köchen und Hotelfachkräften beworben haben, aber auch weil kaum ein Mitarbeiter dem angesehenenden Betrieb den Rücken gekehrt hat.

Das Rollenspiel hat Tradition im Landhotel Voshövel

Neun neue und acht „halbneue“ Auszubildende stellte das Geschwisterpaar jetzt voller Freude vor: Bis auf wenige Ausnahmen wurden alle jungen Erwachsenen - darunter einige noch unter 18 Jahren – die sich am Voshövel beworben hatten, nach einem Vorstellungsgespräch mit einem Lehr-Vertrag ausgestattet.

Zum Start in ihre Ausbildung kamen die ganz neuen Lehrlinge in den Genuss, sich als „Gäste“ von den bereits seit einem Jahr beschäftigten Auszubildenden bedienen zu lassen.

Azubis ließen sich bedienen und verwöhnen

Lukas Niermann (33) ist auf dem besten Weg zum Koch.
Lukas Niermann (33) ist auf dem besten Weg zum Koch. © FFs | Markus Joosten

Das hat Tradition in dem Landhotel, denn schon am Ende des Lockdowns im Mai probten die Mitarbeiter und Azubis die durch Corona veränderten Abläufe durch das „Rollenspiel“ Gast und Bedienung – in jeweils wechselnden Rollen.

Lukas Niermann aus Wesel hat bereits am 1. September 2020 seine Ausbildung als Koch am Voshövel begonnen - wenige Wochen danach musste das Restaurant jedoch wegen hoher Corona-Zahlen schließen. Doch die Ausbildung ging glücklicherweise weiter: „Ich habe in dieser Zeit viele Online-Schulungen gemacht und unter anderem mein Wissen über Wein potenziert“, berichtet der 33-Jährige schmunzelnd.

Cocktail-Schulungen der Barkeeper waren Hightlights im Lockdown

Zu den Hightlights des Lockdowns zählt er auch die „Cocktail-Schulungen unseres Barkeepers“. Außerdem habe er in der Zeit, als die Gastronomie geschlossen war, „aufwendigere Dinge“ wie Plunderteich ausprobiert. „Die Zeit war also nicht ganz verloren. Die Ausbildung hier ist wirklich sehr vielseitig“, sagt Niermann rückblickend.

Seine „Chefin“, Katharina Klump, macht sich auch überhaupt keine Sorgen um die berufliche Zukunft ihres Koch-Lehrlings, im Gegenteil: „Köche sind heiß gehandelte Ware, sie sind sehr gefragt – das sieht man auch an den hohen Gehältern in der Gastronomie.“ Dazu ergänzt Christopher Klump: „Jeder, der bei uns in der Ausbildung ist, hat extrem gute Chancen, später eine Stelle zu bekommen. Diejenigen, die Karriere machen möchten, schaffen das auch.“ Nicht umsonst gebe es in der gesamten Welt so viele Hoteldirektoren aus Deutschland.

Ein Gardemanager lernt die Kunst der kalten Küche

Paula Heuvelmann (20) ist Auszubildender im Beruf Hotelfachfrau und erzählt über ihre Ausbildung im Landhotel Voshövel.
Paula Heuvelmann (20) ist Auszubildender im Beruf Hotelfachfrau und erzählt über ihre Ausbildung im Landhotel Voshövel. © FFS | Markus Joosten

Björn Gores ist absoluter „Frischling“ im Voshövel-Team. Er hat seine Ausbildung mit Beginn des Augusts hier begonnen. Der 24-Jährige aus Oberhausen sagt, er sei „mega herzlich“ aufgenommen worden. Eine seiner ersten Lehrinhalte wird Gardemanger sein – also die Kunst der kalten Küche. Und auch die richtige Zubereitung des Frühstücks steht in Kürze auf seinem Lehrplan.

Die 20-jährige Paula Heuvelmann aus Emmerich ist bereits im dritten Lehrjahr. Im September 2019 hat sie ihre Lehre begonnen, wechselte dann vor einem Jahr ins Landhotel Voshövel und hofft in einem Jahr fertig ausgebildete Hotelfachfrau zu sein. „Man wird sofort an die Hand genommen, sobald man hier ist“, lobt die junge Frau ihre Arbeitgeber.

Sie fand auch die Erfahrung, sich einmal von anderen Auszubildenden bedienen zu lassen, sehr hilfreich: „Es war schon interessant, mal ein Gast zu sein und zu schauen, wie man als Kunde behandelt wird. Natürlich habe ich auch genau darauf geachtet, wie eingedeckt ist und wie der Wein ins Glas kommt“, so die 20-Jährige. Dass die Bedienung stets aufmerksam sein müsse, sei ihr bei dem Rollenspiel noch einmal verdeutlicht worden.

Interner Testlauf am Ende des Lockdowns

Und auch für die Geschäftsführer war der interne Testlauf am Ende des Lockdowns wichtig: „Das war für uns eine Feuertaufe. Wir sind zwar am Familientisch nass geworden, als es zu regnen begann, konnten aber so erkennen, dass wir dort im Außenbereich eben keine Gäste platzieren durften“, erinnert sich Christopher Klump. Auch jedes Zimmer sei vor der Wiedereröffnung einmal „bewohnt“ worden – so könnten unter anderem die korrekten Einstellungen des Radios aus Sicht der Gäste überprüft werden. „Das war für alle eine Win-Win-Situation, für uns unheimlich wichtig und zugleich ein Super-Stresstest“, so der Geschäftsführer.

Im Gegensatz zum Sommer 2020 betrachtet er die Lage aktuell deutlich entspannter: „Das liegt auch daran, dass rund 95 Prozent unserer etwa 100 Mitarbeiter komplett durchgeimpft sind“, so Klump.

Die Sehnsucht der Kunden, endlich wieder auszugehen

Und es liegt auch daran, dass die Kunden schon kurz nach der Wiedereröffnung in Scharen kamen: „Die Sehnsucht, wieder mal auszugehen, war bei vielen Gästen zu spüren.“ Außerdem werden viele Feiern des vergangenen Jahres in diesem Sommer nachgeholt: „2021 ist ein knackiges Hochzeitsjahr, sehr außergewöhnlich“, sagt der Landhotel-Chef.

Den Mitarbeitern und Azubis danken die beiden Geschwister: „Auch wenn der eine oder andere mal Muskelkater vom Betten-Beziehen hatte: Alle sind ultra-motiviert. Es hat uns überrascht, wie toll das alles funktioniert und macht uns zugleich auch richtig stolz.“

Das Kurzarbeitergeld hat das Unternehmen gerettet

Katharina Klump fügt hinzu „Das Kurzarbeitergeld hat uns gerettet, sonst hätten wir Leute entlassen müssen.“ Und auch ihr Bruder Christopher lobt: „Die staatlichen Hilfen haben gefruchtet. Wir hatten zum Glück ein kleines Polster, bis die Auszählungen im März geflossen sind. Dann kamen die Hilfen aber sehr zügig.“ Außerdem hat die Familie Klump stets Kontakt zu ihren Bediensteten gehalten – auch im Lockdown, den Hotel-Fachkräften wurden sogar während der Schließung andere Jobs vermittelt: Als Kartoffel-Ernter, im Supermarkt, bei Paketlieferdiensten in Tankstellen. Nun normalisiert sich aber alles am Voshövel.

Aktuell liegt das Landhotel nur noch in einem Rechtsstreit mit einer Versicherung: Die Klumps hatten sich – lange vor Corona – gegen eine eventuelle Schließung versichert, doch als dann alles dicht gemacht wurde, weigerte sich der Versicherer zu zahlen, beziehungsweise bot nur an, 15 Prozent zu übernehmen – dagegen legte das Hotel Voshövel nun Klage ein.