In der Extra-Zeit zum Lernen erleben die Schüler wieder ein buntes Miteinander. Neben Deutsch, Mathe und Englisch genießen sie besonders Tennis.

Wesel. Man stelle sich vor, es sind sechs Wochen Schulferien, von denen Schüler fünf Wochen freiwillig die Schule besuchen, wochenweise Mathe, Deutsch oder Englisch belegen, und das nicht, weil sie sich vielleicht auf eine Nachprüfung vorbereiten wollen. Sie kommen, weil sie die Schule und ganz besonders ihre Schulkameraden vermisst haben und vielleicht auch, weil sie gemerkt haben: Lernen via Internet hinterlässt Lücken.

„Extra Zeit zum Lernen“ heißt das Bildungsprogramm der Landesregierung NRW, das derzeit an der Konrad-Duden-Realschule angeboten wird. Schulleiterin Heike Böken-Heinemann hatte im Frühjahr mit ihrer Kollegin Elke Koschinski, die an der Realschule die DaZ-Klasse unterrichtet und ein Lerninstitut leitet, dieses Konzept für ihre Schule entwickelt. Die Stadt Wesel als Schulträger gab grünes Licht für die Extra-Zeit und tatsächlich: Die Rechnung ist aufgegangen. Es haben sich nicht nur zirka 80 Kinder angemeldet, die meisten von ihnen sind tatsächlich täglich zum Unterricht erschienen.

Was eine Kindheit ausmacht

Unterrichtet wird wochenweise in Deutsch, Englisch und Mathematik. Je nachdem, wie die Kurse gebucht wurden von 8 bis 14 oder von 10 bis 16 Uhr. Besonders beliebt sind die zwei Sportstunden am Tag, in denen sich die Kinder nach Belieben austoben, aber auch neue Sportarten oder -spiele ausprobieren können. „Rennen, miteinander spielen, sich austauschen, mal laut schreien und herumalbern, das macht doch eine Kindheit aus. Darauf mussten die Schüler über Monate verzichten. Jetzt genießen sie es“, fasst Schulleiterin Böken-Heinemann ihre Beobachtungen zusammen.

Elke Koschinski hat mit Jeremy Kilders und Valentin Drees zwei Sportlehrer der Tennisschule Berndsen engagiert, die es schaffen, dass auf dem Schulhof kein Kind lieber auf seinem Handy daddelte, als sich am Sport zu beteiligten. Insbesondere in der vergangenen Woche als der Schwerpunkt auf Tennisspielen lag. Dazu hatten die Tennislehrer Netze auf dem Schulhof gespannt und die Kindern nacheinander an das Tennisspiel herangeführt. „Sogar in den Pausen haben die Kinder Tennis gespielt und respektvoll abgewartet, bis ein Schläger frei wurde“, hat Elke Koschinski beobachtet.

Größere Defizite gibt es in Englisch

Besondere Defizite im Lernen fallen ihr im Englischunterricht auf. „Das Sprechen fehlte den Schülern im Distanzunterricht, beziehungsweise hatten sie Scheu, vor der Gruppe zu sprechen.“ Jetzt in der Extra-Zeit in Gruppen mit zehn bis zwölf Mitschülern klappt das schon viel besser. Auch mögen es die Schüler, wenn ihnen der Unterrichtsstoff in den drei Hauptfächern mittels Lernspielen vermittelt wird, beispielsweise in Mathematik mit dem Somawürfel. „Damit würden sie sich sogar zuhause beschäftigen, um so spielend zu lernen“, erzählt Elke Koschinski.

Emilia, die an der Konrad-Duden Realschule die Klasse Deutsch als Zweitsprache besucht, möchte gerne den Schulstoff in Mathe und Englisch, den sie während ihres DaZ Unterrichtes versäumt, nachholen. Aber auch im Deutschkurs sind die Erfolge schneller sichtbar, denn hier ist freies Spechen angesagt. Dass ihr nächster Wunsch „richtig Tennis zu spielen“ lautet, das ist ein schöner Nebeneffekt. Wo sonst wird man kostenlos an diese Sportart herangeführt!

Die neuen Fünftklässler kennen sich schon bestens aus

Angenehm überrascht ist Elke Koschinski darüber, dass die ehemaligen Viertklässler, die nach den Ferien ins 5. Schuljahr der Realschule wechseln, schulisch gut aufgestellt sind. „Sie haben bereits in der ersten Woche ihre künftigen Mitschüler kennengelernt und fühlen sich hier schon richtig zuhause.“

Ganz besonders genießen die Kinder den Freitag, an dem Sport, Spiel und Spannung auf dem Stundenplan stehen. Beispielsweise beim Stadtspiel.

Mit der Stadt Wesel vertraut werden

Mit Einverständnis der Eltern ging es mit allen Kindern in die Innenstadt, wo es galt, bestimmte Aufgaben zu lösen, aber auch einfach mal ohne Eltern zu bummeln. Da allerdings waren Elke Koschinski und ihre Tochter Penelope, die ebenfalls im Sommercamp unterrichtet, überrascht, wie wenig sich die Kinder in Wesel auskennen. Dass sie das Berliner Tor nun kennen, ist Ehrensache. Auf ihrer Spurensuche sind sie auf Namen von Personen gestoßen, die Wesel einmal bekannt gemacht haben, sogar den alten Friedhof erkundeten sie, bevor dann schnell noch von ihrem Taschengeld ein Besuch der Eisdiele finanziert oder sogar ein paar Blümchen für die Mutter erstanden wurden. Das alles wird prägende Erinnerungen an das erste Konrad-Duden-Realschul-Sommercamp hinterlassen.