Kreis Wesel. Lange hat man vom Betuwe-Ausbau nichts gehört. Jetzt sorgt ein Online-Schienengipfel für Ärger bei den Bürgerinitiativen am Niederrhein.

Post bekamen jetzt die hiesigen Bundestagsabgeordneten von den Bürgerinitiativen „Betuwe - So nicht!“ Denn auch wenn Corona momentan das Leben bestimmt, die Planungen für die Güterstrecke Betuwe gehen - von der Öffentlichkeit nahezu unbemerkt - weiter, hat deren Sprecher Gert Bork aus Wesel festgestellt. Obendrein beklagt er, dass es zurzeit schwierig ist, an die nötigen Informationen zu kommen.

So habe es bereits am 17. Mai einen Online-Schienengipfel gegeben, organisiert und initiiert vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur. Dabei sei es unter anderem darum gegangen, den vor zwei Jahren beschlossenen Deutschland- und Europatakt im Schienenverkehr noch ab diesem Jahr umzusetzen - und zwar sowohl für den Personen- als auch für den Güterverkehr. Das Problem: Diese zusätzlichen Züge sind nicht in den prognostizierten Zahlen enthalten, die als Basis für die Schallberechnung entlang der Strecke Oberhausen - Emmerich dienten.

Billiglösungen und zu wenig Personal

Darüber hinaus ärgert sich Bork über Äußerungen von Ronald Pofalla, Vorstandsmitglied der Deutschen Bahn AG. Er habe während des Gipfels gesagt, dass sich die Bauzeit auf der Betuwe-Strecke aufgrund des „Häuserkampfs“ mit Bürgern verzögere. Dabei werde seitens der Anwohner und Kommunen gar keine Verhinderung des Ausbaus verlangt, sondern eine umweltverträgliche Durchführung.

Stattdessen plane die Bahn Billiglösungen, habe zu wenig Personal im Einsatz und handele inkompetent sowie unter Zeitdruck. Hinzu kämen Verzögerungen durch jahrelange Prüfungen des Eisenbahnbundesamts und der Bezirksregierung. Bislang habe kein Bürger geklagt, was sich allerdings ändern könne, wenn die Bahn die Mindestanforderungen nicht erfülle.

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Und auch auf CDU-Staatssekretär Enak Ferlemann ist der Weseler Bürgerinitiativler sauer. Der soll gesagt haben, dass die Abgeordneten nicht vor Ort auf die Bürger hören, aber dann im Bundestag anders abstimmen sollen, wenn es um den Bahnausbau geht. Die Kommunen und Anwohner müssten es im Sinne des Klimawandels hinnehmen, wenn durch neue Bahnlinien zusätzlicher Verkehr entstehe und zum Beispiel Anwohnergrundstücke in Anspruch genommen würden.

Dies zeuge nicht gerade von Demokratieverständnis für Betroffene, findet Bork. Denn diese seien durchaus für mehr Bahnverkehr mit Blick auf den Klimawandel. Allerdings könne dies mit den vorhandenen technischen Möglichkeiten auch umwelt- und anwohnerfreundlich passieren statt - wie bislang - billig auf unterstem Niveau.

Brief an drei Bundestagsabgeordnete

Oft bleibt die Schranke unten, denn es fahren immer mehr Züge.
Oft bleibt die Schranke unten, denn es fahren immer mehr Züge. © NRZ | dirk sCHUSTER

„Wir fordern Sie als unsere gewählte Vertretung auf, bei den vorgenannten Herren vorstellig zu werden und die Dinge gerade zu rücken“, schreibt Bork an die Bundestagsabgeordneten Sabine Weiss (CDU) aus Dinslaken, Bernd Reuther (FDP) aus Wesel und Dirk Vöpel (SPD) aus Oberhausen. Denn abseits des Online-Schienengipfels seien wesentliche Forderungen und Zusagen aus dem Niederrheinischen Appell nach wie vor entgegen der Verabredung unberücksichtigt geblieben.

An die Bezirksregierung hat er einen Nachtrag zur Einwendung gegen das Planfeststellungsverfahren zum dreigleisigen Ausbau der Strecke bei Wesel formuliert. Darin verweist er unter anderem auf die zusätzliche Belastung und Gesundheitsgefährdung der Anwohner.

Die Betuwe-Strecke

Ein wichtiger Abschnitt im europäischen Güterverkehr ist die Betuwe-Strecke, die in Rotterdam beginnt und über die Niederlande nach Deutschland führt. Der Endpunkt befindet sich im italienischen Genua.

Der Ausbaubereich zwischen Emmerich und Oberhausen führt über rund 73 Kilometer und ist seit Jahren Reizthema bei den Anliegern. Denn die Züge werden immer mehr. Vor allem nachts sind sie störend.