Kreis Wesel. Garten-und-Landschaftsbauer bemerken deutliche Veränderungen: Robustere Pflanzen, die besser auch die Extreme aushalten, sind immer mehr gefragt.
Die Experten haben die Veränderungen der Natur auch im Kreis Wesel schon seit über einem Jahrzehnt deutlich bemerkt. Doch seit ein paar Jahren erleben die Garten-und-Landschaftspfleger, dass sich auch bei ihren Kunden die Erkenntnis durchsetzt, dass sich das Klima spürbar verändert – und das auch bei der privaten Gartengestaltung berücksichtigt werden sollte.
Gärtnermeister und Garten- und-Landschaftsbauer Veit Gilhaus aus Wesel sagt: „Geändert hat sich die Art der Bepflanzung. Seit etwa drei bis fünf Jahren greifen die Leute wieder vermerkt auf heimische Gehölze zurück – auf Liguster, Rotdorn, Weißdorn und Schlehe.“
Starke Fröste können Probleme bereiten
Dazu ergänzt der 44-Jährige: „Der Trend geht wieder zu naturnahen Hecken – einerseits wegen der Vogelwelt“.
Doch auch mit Blick aufs Klima hätte man in diesem Winter bei den starken Frösten wieder gezeigt bekommen, was nicht heimische Gehölze sind: „Olivenbaum im Garten: Auf Mallorca ist der schön, aber hier verträgt der halt keine zwölf Grad Frost“, so der Garten-Fachmann. Auch der portugiesische Lorbeer als Heckenware hätte in in diesem Jahr Frostschäden bekommen, die Buchenhecke stehe dagegen „1A im Laub“.
Durch den Klimawandel werde insgesamt das Denken der Leute naturnah, erklärt Gilhaus. „Die Friday-For-Future-Bewegung und die ganze Pressearbeit kommt bei den Leute ja an und entsprechend werden die Gärten seit einigen Jahren wieder naturnäher gestaltet“, hat der Weseler Garten-Experte beobachtet.
Der Trend weg von Schottergärten sei sehr deutlich. Da gebe es einerseits als Auflage bei Neubauten – wie beim Weseler Neubaugebiet „Zum Schwan“ – andererseits seien die Anwohner mittlerweile so sensibilisiert, dass sie es von sich aus nicht mehr wollen.
„Der Trend zum pflegeleichten Garten ist immer noch da, aber die Leute möchten auch gar nicht mehr nur noch eine Kies-Wüste vor der Haustür.“
Eigener Garten immer wichtiger
Wie Veit Gilhaus außerdem beobachtet hat, geht der Trend seit rund fünf Jahren zur Selbstversorgung – Hochbeete, Gemüsebeete seien stark im Kommen, durch Corona noch mal stärker. „Der eigene Garten und das eigene Zuhause werden aber auch nach Corona eine stärkere Bedeutung haben“, vermutet der Gärtner, was ihn natürlich freut: „Die Auftragslage ist Wahnsinn!“
Ralf Rüsken aus der Bauerschaft Kesseldorf in Hamminkeln hat sich als Baumschulist und Gartenbauer schon viele Jahre mit den klimatischen Veränderungen beschäftigt – und deshalb testweise in den vergangenen rund zehn Jahren etwa 25 verschiedene „Klimabäume“ in seinem Garten und an angrenzenden Feldern gepflanzt.
Nun beobachtet er interessiert, wie diese mit den veränderten Bedingungen zurecht kommen. „Eigentlich hat jeder Baum so seine Geschichte“, erklärt der 44-Jährige. Er zeigt unter anderem einen Mammutbaum, einen Rot-Ahorn und eine Felsenbirne.
Besonderes Augenmerk legt er auf den kanadischen Amberbaum, der auch für viele Städte sehr interessant sei: „Der kam auch in den vergangenen Jahren mit Starkregen und wochenlangem Wasserstand über dem Gras aber auch mit der großen Hitze sehr gut zurecht“, so der Gartenbautechniker. Er schwärmt regelrecht vom Amberbaum: „Er hat eine wunderschöne bunte Herbstfärbung: Er kommt ja auch daher, wo der Indien Summer auflebt.“
Trockenheit, Hotze, Sommeneinstrahlung
Wie auch ungarische Linde und Eichen mussten diese Bäume schon immer gut mit Extremen zurechtkommen, mit heißen Sommern, aber auch kalten Wintern. Im Gegensatz dazu hätten einheimische Gehölze wie Birke, Berg-Ahorn, Esche, Rosskastanie und auch Rotbuche in den vergangenen Jahren große Probleme: „Vor allem die Trockenheit, Hitze und strake Sonneneinstrahlung macht diesen Bäumen richtig zu schaffen“, so Rüsken.
Er erinnert sich, dass es schon 2004 erste Kongresse zu Einflüssen des Klimawandels gab. Bereits damals vermuteten Fachleute, dass es in den nächsten Vegetationsperioden 30 Prozent weniger Niederschläge gebe, doch das wurde damals teils noch belächelt, so Rüsken. Dann ergänzt der 44-Jährige: „Tatsächlich sind viele aber erst 2018 wach geworden.“
Denn: „Wenn unser einheimischer Baum, die Rotbuche – als unsere Nummer eins neben der Eiche – so sehr leidet, ist einiges im Argen. Daran merkt man eigentlich, dass wir einen Wechsel haben. Seitdem kann der Klimawechsel von keinem mehr geleugnet werden!“ Konkrete Folge für Ralf Rüsken: Viele Kunden stellen seitdem bewusst auf trockenresistente Pflanzen um.
Jahreszeiten weniger ausgeprägt
Sein Kollege Philipp Schuler aus Hünxe bestätigt, dass er seit rund fünf Jahren ein Umdenken der Gartenbesitzer feststellt: „Die Tendenz geht seitdem weg von Pflanzen wie Rhododendron und Hortensien, die sehr viel Wasser brauchen.“
Der 39-jährige Garten-und-Landschaftspfleger, der schon in der dritten Generation private Gärten verschönert, hat zusammen mit seinem Vater und Großvater eine Beobachtung gemacht: „Die Jahreszeiten haben sich verschoben, sind nicht mehr so aufgeprägt wie früher.“
Wohlfühleffekt durch Pflanzen
Anita Wüstemeyer von der gleichnamigen Baumschule aus Schermbeck ist der Meinung, jeder solle in seinem Garten am besten das pflanzen, woran er Spaß habe – dann kümmere er sich nämlich auch besonders gut darum. Jedes zusätzliche Grün sei nicht nur gut fürs Klima, sondern habe auch für den Kunden einen „Wohlfühleffekt.“