Wesel/Schermbeck. Ein Modellprojekt ermöglicht es bestimmten Apotheken, gegen die Grippe zu impfen. Doch der Start verzögert sich. Ein Apotheker erklärt, warum.

Die Vorbereitungen sind abgeschlossen, doch das Modellprojekt zur Grippeimpfung in Apotheken stockt, bevor es richtig begonnen hat. Apotheker Hektor Gerbszt und zwei Kolleginnen zum Beispiel haben sich schulen lassen und ein Raum im Obergeschoss ist vorbereitet. Die Apotheke am Berliner-Tor-Platz ist laut einer Übersicht des Apothekerverbandes die einzige in der Stadt, die sich an dem Projekt beteiligt. Doch bis Jahresende werden Hektor Gerbszt und sein Team den Service nicht bieten können.

Der Impfstoff fehlt. Das Interesse der Menschen ist derweil groß: Um die 100 Kunden, schätzt der Apotheker, haben nach der Impfung gefragt. Teilweise auch Personen, die nicht bei der AOK versichert sind. Nutzen können das Modellprojekt des Apothekerverbandes und der AOK Rheinland/Hamburg ist derzeit nur volljährige Versicherte dieser Krankenkasse.

Diejenigen erreichen, die sonst nicht zur Impfung gehen

Das Angebot wird in der Ärzteschaft aufgrund der fehlenden medizinischen Ausbildung der Apotheker kritisch gesehen. Hektor Gerbszt beteiligt sich jedoch aus einem bestimmten Grund daran: „Ich möchte, dass die Impfquote steigt“, erklärt er. Denn es gebe noch Nachholbedarf, die angestrebte Impfrate von 75 Prozent werde lange nicht erreicht. In Ländern, in denen Apotheken impfen dürften, sei das schon gelungen.

Die Ärzte sollten aber weiterhin die erste Adresse für ihre Patienten sein, betont der Apotheker. Wer immer beim Arzt geimpft wurde, sollte das weiter tun. „Ich möchte diejenigen erreichen, die sich sonst nicht impfen lassen würden.“ Denn die Hemmschwelle sei niedriger, wenn die Kunden beim Einkauf das Angebot unkompliziert nutzen könnten. „Man kommt halt häufiger zur Apotheke.“

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Dafür haben Gerbszt und zwei Kolleginnen eine theoretische und praktische Weiterbildung durchlaufen. Vor jeder Impfung muss ein Fragebogen zur Gesundheit ausgefüllt werden. Sollten sich daraus Bedenken ergeben, werde der Kunde an einen Mediziner verwiesen. „Der Arzt hat die höhere Kompetenz“, begründet Gerbszt.

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Allgemein sei der Grippeschutz jedoch für gesunde Menschen eine sichere, meist gut verträgliche Impfung.

Corona-Pandemie verstärkt die Nachfrage

Dass es trotzdem noch Wochen dauern wird, bis in der Weseler Apotheke die erste Dosis verabreicht wird, liegt am Impfstoff-Mangel. Das Interesse sei enorm hoch und die Nachfrage habe in diesem Jahr deutlich früher eingesetzt als üblich, hat Gerbszt beobachtet. Die Impfstoff-Lieferungen, die in nächster Zeit in der Apotheke am Berliner Tor-Platz ankommen, werden direkt an die Mediziner weitergereicht – erst wenn alle versorgt sind, können die ersten Kunden im Ladenlokal an der Wallstraße zum Zuge kommen.

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Ähnliche Erfahrungen macht Karin Kötters, Filialleitung der Burg-Apotheke an der Mittelstraße in Schermbeck. Auch sie geht davon aus, dass Impfungen in ihren Räumen in den kommenden Wochen noch nicht vorgenommen werden können. „Wir wären schon froh, wenn wir die Arztpraxen und Patienten versorgen könnten, die vorbestellt haben.“ Das Problem in diesem Jahr: Im Februar, als die Ärzte ihre Dosen vorbestellt haben, war noch nicht abzusehen, dass die Corona-Pandemie eine derart große Nachfrage auslösen würde.

Sollte der Impfstoff in ausreichender Menge eintreffen, bitten Karin Kötters und Inhaberin Ute Hecht-Neuhaus – die sich beide für das Modellprojekt fortgebildet haben – AOK-Versicherte darum, vor dem Gang zur Apotheke einen Impftermin auszumachen.

>>Diese Apotheken in Wesel, Hamminkeln und Schermbeck impfen gegen Grippe

Folgende Apotheken nehmen laut einer Liste des Apothekerverbandes Nordrhein am Modellprojekt für AOK-Versicherte teil. Wesel : Apotheke am Berliner-Tor-Platz Hektor Gerbszt, Wallstraße 4, 0281/26095 . Hamminkeln: Sonnen-Apotheke, Dr. Jan Buskase, Bahnhofstr. 31, 02857/ 92200 . Schermbeck : Burg-Apotheke Ute Hecht-Neuhaus, Mittelstraße 23, 02853/ 3469.