Wesel. Am Mittwoch beginnt die NRZ-Wunschbaumaktion auf dem Weseler Wochenmarkt. Eine gelernte Schneiderin hatte eine gute Idee

Kinder dürfen nicht in ihrer Würde verletzt werden. Davon ist Peggy Groschupf überzeugt. Als sie in der NRZ las, dass in vielen Familien häufig das Geld für den Mund-Nasen-Schutz fehlt – in die Brockenstube der Caritas kamen Kinder mit einem Kaffeefilter im Gesicht – wollte die gelernte Damenmaßschneiderin etwas tun. Eigentlich im Stillen, aber wir haben die 53-Jährige dazu überredet, über sich und ihre Motive zu sprechen – in der Hoffnung, dass die gute Initiative im Rahmen unserer Weihnachtswunschbaumaktion Nachahmer findet – solche, die nähen, aber auch solche, die gekaufte Masken spenden.

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Harte Zeiten hat die ehemalige Dresdenerin Peggy Groschupf selbst erlebt. Sie weiß, wie es ist, wenig Geld und zwei Kinder zu haben. Nach der Schneiderausbildung studierte sie Ingenieurin für Bekleidungstechnologie in der DDR, ging 1989 mit ihrer Familie in den Westen, leitete Nähkurse in Weiterbildungseinrichtungen. Dann der Schicksalsschlag: Sie verlor ihren Mann mit 31 Jahren an den Krebs, stand mit zwei Kindern ganz allein da. Rückenschmerzen quälten sie, sie wurde berufsunfähig. „Man ist dann irgendwann einfach k.o.“, sagt sie rückblickend.

Viele Kinder kommen ohne warme Kleidung zur Schule

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Nach der Umschulung zur Industriekauffrau fand sie zunächst in Borken eine Stelle, wurde dann gekündigt, weil dem Arbeitgeber das Geld ausging. Eine neue Liebe führte sie und ihre Kinder nach Wesel, wo sie als Schulsekretärin in der Martinischule arbeitete. „Ich habe in dieser Zeit schon gesehen, dass einige Kinder keine warmen Wintersachen hatten und keine richtigen Schuhe“, sagt sie. Inzwischen arbeitet sie im Weseler Rathaus.

Ausgrenzung und Armut, „das hat etwas mit Würde zu tun“, sagt die Mutter, die heute in einer Patchworkfamilie mit drei Kindern lebt. Als Reaktion auf die Notlage vieler Familien kaufte sie jetzt spontan Stoff – Jeansfarben mit einem floralen Muster und auf der anderen Seite mit einem neutralen Muster, für Mädchen und Jungen gleichermaßen tragbar weil wendbar und immer wieder verwendbar, denn sie sind waschbar.

Zwei verschiedene Seiten sorgen für eine Wahlmöglichkeit

Über die Seite entscheidet der Geschmack der Kinder.
Über die Seite entscheidet der Geschmack der Kinder. © FUNKE Foto Services | Erwin Pottgiesser

„Das Kind kann sich aussuchen, welche Seite es schön findet“, sie lacht, „mein Stiefsohn hat sich für die Blumenseite entschieden“. Die ehemalige Schneiderin machte sich mit den benötigten Größen für Kinder vertraut und legte los.

Eine Massenproduktion wird die Sache mit den Masken nicht – ihre Rückenprobleme lassen das einfach nicht zu. „Man kann schon mit ganz wenig ein Kind glücklich machen, es soll nicht erniedrigt werden. Die einen haben alles, die anderen nicht mal das Nötigste. Da kann man ja auch mal Abhilfe schaffen“, sagt sie schlicht zu ihrer Aktion. Und hofft, dass andere ihrem Beispiel folgen.

Treffpunkt: Mittwoch, 10 bis 12 Uhr auf dem Wochenmarkt am NRZ-Mobil

Weihnachten ist das Fest der Kinder. Und jedes hat einen Wunsch – nur gibt es zahlreiche Familien in dieser Stadt, die für Geschenke kein Geld erübrigen können. Damit auch diese Mädchen und Jungen ein wenig Freude haben, gibt es die NRZ-Wunschbaumaktion in Zusammenarbeit mit Caritas, Diakonie, Internationalem Bund und der Stadt. In den Einrichtungen wählen die Erzieherinnen gezielt Kinder aus, die bedürftig sind. Sie dürfen einen Wunsch im Wert von maximal 25 Euro auf eine Karte schreiben.

Am NRZ-Mobil können sich Geschenkpaten „ihr“ Kind aussuchen. Sie kaufen persönlich das Gewünschte und bringen es zurück zum Mobil, wahlweise später zur Brockenstube der Caritas in der Friedenstraße 2. Hier gibt es auch weitere Wunschbaumkarten.

Ein wenig bang waren wir in diesem Jahr schon: Werden genügend Geschenkpaten mitmachen? Wir haben die Aktion nicht abgesagt, weil gerade Kinder sozial schwacher Familien stark unter dem Lockdown gelitten haben. Wenigstens Weihnachten sollen sie sich freuen dürfen. Am NRZ-Mobil achten wir auf die Abstandsregeln und Hygiene, die gute Sache darf nicht zum Gesundheitsrisiko werden.