Wesel. Nur wenige haben das Recht, auf Behindertenparkplätzen zu stehen. Die Hürden sind hoch. Zu hoch, sagen Aktive. Wesel soll etwas dagegen tun.

Öffentliche Parkplätze für Menschen mit Behinderung sind häufig frei. Nicht, weil es nicht genügend Personen gibt, die sie dringend brauchen. Es haben aber zu wenige das Merkzeichen aG im Schwerbehindertenausweis, das steht für außergewöhnliche Gehbehinderung. Nur sie haben die Berechtigung, hier zu parken. Das ärgert den ehrenamtlichen Behindertenbeauftragten der Stadt Wesel, Friedhelm Heinzen. Auch Willi Trippe (SPD-Kreistagsmitglied) und die pflegende Angehörige Birgit Daubenspeck aus Hünxe wollen, dass sich etwas ändert.

Wesel soll den orangenen Parkausweis einführen

Nur wenige Menschen haben aktuell das Recht, Behindertenparkplätze zu nutzen.
Nur wenige Menschen haben aktuell das Recht, Behindertenparkplätze zu nutzen. © FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich

Zwei Schritte dazu kann die Stadt Wesel tun: Sie müsste den orangenen Parkausweis einführen und, so die Forderung, einige Schwerbehindertenparkplätze, die nicht bestimmten Personen oder Häusern zugeordnet sind, mit einem Zusatzschild dafür freigeben. Friedhelm Heinzen ist es wichtig zu betonen: „Wir wollen niemanden seinen Parkplatz wegnehmen.“ Die CDU hatte beantragt, die Verwaltung möge das Schild „auch für Gehbehinderte“ prüfen.

Die „orange Parkerleichterung“ allein reicht den Aktiven nicht aus. Zwar gewährt sie Sonderrechte, beispielsweise zeitweises Parken im eingeschränkten Halteverbot, während der Ladezeiten in der Fußgängerzone, zeitlich beschränkt auf Anwohnerparkplätzen und anderes.

Schwerbehindertenparkplätze sind aber tabu, es sei denn, die Stadt weist sie anders aus. „Wichtig ist, dass genug Platz zum Ein- und Aussteigen da ist“, erläutert Birgit Daubenspeck. Aktuell darf man zwar jemanden in die Fußgängerzone bringen, muss dann aber das Fahrzeug abstellen.

„Es ist schwierig, beispielsweise Menschen mit Demenz allein zu lassen“, sagt die Hünxerin. An einen Schwerbehindertenausweis zu kommen, ist langwierig und oft zum Scheitern verurteilt. Willi Trippe (SPD) kritisiert die Arbeit der Schwerbehindertenstelle: Sie ist beim Kreis Wesel angesiedelt und stellt Schwerbehindertenausweise aus – oder eben nicht.

Widerspruch einlegen und an den Kriterien arbeiten

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Basis dafür sind die Auskünfte, die Ärzte geben. Trippe empfiehlt Antragstellern: „Legen Sie in jedem Fall sofort Widerspruch gegen den Bescheid ein, egal was drin steht. Sagen Sie, die Begründung folgt, wenn die Arztberichte vorliegen.“ Denn die gehen in diesem Fall an den Antragsteller.

Die Stelle sei unterbesetzt und eher phlegmatisch, die Berichte der Ärzte oft zwischen Tür und Angel angefertigt. „Ich habe für meine Eltern einen Schwerbehindertenausweis beantragt“, sagt Daubenspeck, „ich wurde belächelt“. Neben dem Merkmal „aG“ zählt die Prozentzahl.

Trippe selbst hatte Gicht in beiden Beinen: „Für das eine Bein wurden 30 Prozent festgestellt. Obwohl das andere auch betroffen war, blieb es dabei. Es macht doch einen Unterschied, ob ein oder beide Beine beeinträchtigt sind?!“ Trippe will beim Landschaftsverband Rheinland ansetzen, der die aus seiner Sicht unsinnigen Kriterien festlege. Und er fordert vom Land, ein Seniorenmitwirkungsgesetz in der Gemeindeordnung zu verankern: Dann hätte der gewählte Seniorenbeirat ein Stimmrecht im Sozialausschuss, man müsste ihn anhören.

Mit jedem sprechen, der oder die etwas ändern kann

Trippe arbeitet bereits seit sechs Jahren an diesem Thema, mit frustrierenden Ergebnissen. „Wir hatten eine Anhörung im Landtag. Es gab nur Ausflüchte“, sagt er. Locker lassen wollen er und seine Mitstreiter nicht: Sie wollen mit Bürgermeisterin Westkamp sprechen, mit Landrat Ingo Brohl, eine Petition ans Land schicken und mit jedem reden, der zuhört und etwas tun kann. „Ein Behindertenausweis ist nichts, auf das man stolz ist. Jeder würde ihn gern zurückgeben und mehr Lebensqualität haben“, sagt Daubenspeck. Es gehe um Teilhabe für die Menschen, nicht um Privilegien.