Wesel. Zum vierten Mal in Folge gelingt der 61-Jährigen das, was nur wenige schaffen: Im ersten Wahlgang sichert sie sich die Mehrheit.

Schafft es Ulrike Westkamp auf Anhieb erneut an die Spitze der Stadtverwaltung oder nicht? Das war den ganzen Abend die entscheidende Frage. Mal waren es gut 51 Prozent, die der rote Balken im Internet anzeigte, mal gut 50. Das ging über Stunden so und erforderte von den wenigen Politikern und Verwaltungsmitarbeitern im Ratssaal jede Menge Sitzfleisch.

Selbstbewusst hatte die Sozialdemokratin noch am Donnerstagabend verkündet, es im ersten Anlauf zu schaffen. Sie schaffte es. Um 23.52 Uhr stand das Ergebnis endlich fest. Dass der Abstand zu ihrem CDU-Konkurrenten Sebastian Hense am Ende derart groß werden würde, hatten die Christdemokraten wohl nicht erwartet.

Sein Ergebnis lag rund zehn Prozent unter dem seines Vorgängers vor sechs Jahren, Fraktionschef Jürgen Linz. Der 42-Jährige hatte bis zuletzt darauf gesetzt, nochmal zwei Wochen Wahlkampf bis zur Stichwahl zu machen, am Ende vergeblich. Während die Partei gut abschnitt, hätten es bei dem stellvertretenden Leiter des Andreas-Vesalius-Gymnasiums durchaus ein paar Prozente mehr sein können.

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Ulrike Westkamp wirkte verhalten. „Ich freu mich sehr“, sagte sie der NRZ. „Wenn ich antrete, will ich auch gewinnen.“ Ihre Freundinnen warteten derweil vor dem Rathaus, um mit ihr später den Sieg zu feiern. Zwischendurch gab es immer wieder Glückwunschbekundungen per SMS, Whatsapp und Telefon von weiteren Freundinnen aus Berlin, Gelsenkirchen und Düsseldorf.

Lange Gesichter bei der CDU: Jürgen Linz, Reinhold Brands und Sebastian Hense (von links) verfolgen das Einlaufen der Ergebnisse im „Zum Fusternberger“.
Lange Gesichter bei der CDU: Jürgen Linz, Reinhold Brands und Sebastian Hense (von links) verfolgen das Einlaufen der Ergebnisse im „Zum Fusternberger“. © FUNKE Foto Services | Markus Weissenfels

Ulrich Kuklinski von den Linken war der Erste, der ihr eine rote Rose überreichte, die sie am liebsten gar nicht annehmen wollte. Denn es sollte noch lange dauern, bis das Ergebnis eindeutig feststand. Dabei holte die 61-Jährige auch dort die meisten Stimmen, wo man traditionell schwarz wählt. Zum Beispiel in Bislich und auch in Büderich. Auch Diersfordt, Flüren, Blumenkamp, die Feldmark sowie fast alle anderen Wahllokale - auch in der Innenstadt - gingen an sie.

Harte Stunden des Wartens

„Das waren harte Stunden“, sagte Ehemann Helmut Westkamp. Und seine Frau gab zu, dass sie doch ganz schön aufgeregt war. Für ihn zählte auch, dass er die Wette gegen die Bürgermeisterin gewonnen hat. Er war es nämlich letztlich, der vorab schon wissen wollte, dass ein Wahlgang für den Chefsessel reicht. „Sie hat es auch wirklich verdient, nach 16 Jahren harter Arbeit.“ Da pingte sein Handy. Sein Bruder wollte wissen: „Sind wir Bürgermeisterin?“ Die Antwort war ein sattes Ja.

Zufrieden zeigte sich Grünen-Bürgermeisterkandidat Ulrich Gorris mit seinem Ergebnis und dem seiner Partei. „Vor sechs Wochen hätte ich gesagt ,super’, dann kam die Euphoriewelle, während der alle meinten ,Ich wähle Sie’.“ Nun sei er auf dem Boden zurück. Die Zahl der Ratsmitglieder habe sich aber stark entwickelt, nun werde man die wichtigen Themen Klima und Umwelt voranbringen.

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Gute Stimmung auch bei Stefan Bremkens (FDP). „Darauf kann man aufbauen. Wir sind ein junges Team und ich stehe noch am Anfang dessen, was möglich ist.“ Dafür, dass er hier noch ein Unbekannter sei, sei er zufrieden. In fünf Jahren werde er wieder antreten. Für Barbara Wagner (Linke) hätte es gern ein wenig mehr sein dürfen. Doch zwei Mandate seien sicher und damit Frauenpower mit Barbara Wagner und Martina Lupberger.

Beste Stimmung bei Ludger Hovest (SPD)

„Meine Stimmung ist gut“, fasste SPD-Partei- und Fraktionschef Ludger Hovest zusammen, der zwischen dem Ratskeller, wo die SPD sich traf, und dem Ratssaal pendelte. „Wir haben zwar leichte Verluste, aber mit Blick auf das Land ein super Ergebnis.“ Bereits am Montag wolle er mit den anderen Fraktionen reden, wie man mit der Bürgermeisterin eine verlässliche Mehrheit für die großen Aufgaben hinkriege, sprich: Kombibad, Nieder-rheinhalle, Feuerwache.... „Wir haben alles richtig gemacht“, lautet seine Schlussfolgerung.