Kreis Wesel. Das Vieh leidet unter den Temperaturen, die Maisernte beginnt wegen der Dürre vier Wochen zu früh und um die Grasernte ist es schlecht bestellt

Mensch, Tier und Pflanze haben es nicht leicht dieser Tage: Schafe stehen eng zusammen auf dem Deich und schieben einander den Kopf unter den Bauch -- verschaffen sich etwas Schatten. Kühe, die Hitze nur schlecht vertragen, bekommen eine Dusche im Stall, die ihnen etwas Erleichterung verschafft. Der Mais ist notreif, die Ernte in vollem Gange. „Normalerweise wäre er erst in vier Wochen soweit“, erläutert Jungbauer Kai Brunßen aus Drevenack. Im Ergebnis ist das Futter nicht so hochwertig wie gewünscht und der Ertrag um ein Drittel geringer. Beim Heu fürchtet er jetzt schon um das kommende Jahr, die Hitze bringt das Gras um, „übrig bleibt nur Unkraut“. Das macht auch dem Bislicher Bauern Robert Meyboom zu schaffen. „Gras braucht sehr viel Wasser“, erläutert er. „Viele Sorten sind jetzt kaputt, es bleiben nur Schafgarbe und Brennnesseln.“

Beregnen ist keine Option

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In Bislich, um das die Regenwolken beharrlich einen Bogen machen, sieht es mit der Ernte schlechter aus als 2018, und das, obwohl der Boden hier meist schwer ist und Wasser besser speichert als andernorts. Im vergangenen Jahr war der erste und zweite Grasschnitt gut, der dritte knapp und der vierte gut. „Diesmal sind schon drei Schnitte knapp, ob wir einen vierten bekommen, wissen wir nicht“, sagt Meyboom.

Mancher beregnet den Mais, aber das sei sehr teuer, schon eine Anlage zu kaufen und Brunnen zu bohren wäre eine hohe Investition, und dann kommt der Diesel für die Pumpe dazu. Um das Futterminus zu kompensieren, kauft Meyboom getrocknete Luzerne aus Frankreich zu – gut, aber teuer. Und weil seine Kühe leiden, hat er eine Art Dusche im Stall, „das genießen sie“.

Das Wintergetreide, erläutert Martin Gimken, Vorsitzender der Ortsbauernschaft Wesel, leidet unter Trockenheit und unter den Sommergänsen, „es bleibt nicht mehr viel übrig, was man ernten soll...“ Zuckerrüben haben ein Problem damit, dass kein Wasser mehr von unten hoch kommt. Das einzige, was in diesem Jahr in Ordnung war, war der Raps, „der ist tief verwurzelt“. Elf Monate wächst er, bevor er zur Ölmühle geht. Der übrig gebliebene Rapskuchen wird an die Rinder verfüttert.

Zum Wetter kam das Einreiseverbot

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Und die Äpfel? Heinz-Wilhelm Hecheltjen in Hamminkeln winkt ab. „Der Sonnenbrand ist schlimmer als 2019“, sagt er. Verkaufen kann er solche Äpfel nicht, „sie fallen zu Boden für Regenwürmer, Wespen und Bienen.“ Erdbeeren und Spargel wären ok gewesen – wenn nicht das Einreiseverbot für die osteuropäischen Erntehelfer gekommen wäre. Irgendwie hat er seine Leute bekommen, aber mit Hängen und Würgen. „Die Politiker vergessen, dass 270.000 Osteuropäer jährlich dafür sorgen, dass Deutschland nicht verhungert. Die Politiker denken relativ wenig nach.“ Hecheltjen sieht nicht nur seine Produkte. „Das Wetter ist eine Katastrophe für den Niederrhein. Unsere Bäume sind landschaftsprägend und sie gehen ein. Das tut weh.“

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Was ist mit den Schafen? Jens Holtkamp beweidet mit hunderten dieser sympathischen Wiederkäuer den Deich. Nicht jede Weide bietet den Tieren auch Schatten, den sie dieser Tage aufsuchen. „Die Tiere fressen jetzt nachts und am frühen Morgen und ruhen tagsüber“, erläutert der Schäfer. Er fährt den ganzen Tag Wasser für die Tröge, die Schafe mögen es gern frisch und kalt. „Sie verbrauchen viel Wasser, die Wolle isoliert bei extremer Hitze, solange sie nicht verfilzt ist.“ Derzeit steht auf der Speisekarte nur „Heu am Halm“, weil alles trocken ist. Das sei kein schlechtes Futter.

Das Schattenproblem löst Holtkamp, wenn er kann, kreativ. Da werden schon mal Schafe nachts auf die Weide mit dem guten Gras gebracht und tagsüber auf die mit Schatten. Er hätte nichts gegen kühleres Wetter einzuwenden...