Kreis Wesel. Schon jetzt ist es zu trocken im Kreis Wesel. Bauern fürchten um ihre Existenz, wenn kein Regen kommt. Es wäre das dritte Dürrejahr in Folge.

Mit Sorge schauen die Bauern auf das Wetter: Vieles deutet darauf hin, dass die Dürre aus 2018 und 2019 sich auch in diesem Jahr fortsetzt. Schon jetzt hat das Auswirkungen: Gut eine Woche früher als sonst ist die erste Grasernte eingefahren, mit Verlusten.

„Das Gras schiebt bereits Ähren“, erläutert Kai Brunßen, Bauer in Drevenack. Das sei der Trockenheit geschuldet, und es ist zu früh. Das Gras verliert dann an Qualität, deshalb der frühe Schnitt. Wie der zweite Schnitt ausfällt, das steht noch in den Sternen. „Auch das Getreide benötigt dringend Wasser, um Körner bilden zu können“, erläutert Brunßen, der wie seine Kollegen schon jetzt spitz rechnen muss: „Fällt die Hälfte der Ernte aus, muss ich sie dazukaufen.“

‘Schmachtkorn’ nennt man Getreide, das aus Wassermangel keine Körner ausbildet, erläutert der Hamminkelner Landwirt Heinz Wilhelm Hecheltjen, weil die Pflanze in der Kornfüllungsphase hungern musste. „Das Ergebnis ist ist viel Rohfaser und wenig Eiweiß. Da können Sie nicht mal mit backen“. Und kaufen will das auch niemand.

Niedriger Milchpreis macht den Bauern zusätzlich zu schaffen

Um ihre Tiere durch den Winter zu bekommen, benötigen die Bauern eine gute Grasernte und auch der Mais ist eine wichtige Futterpflanze – eine sehr durstige dazu.
Um ihre Tiere durch den Winter zu bekommen, benötigen die Bauern eine gute Grasernte und auch der Mais ist eine wichtige Futterpflanze – eine sehr durstige dazu. © FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich

Kai Brunßen weiß von den ersten Höfen, die finanziell am Ende sind. Carsten Schmäh, Ortsbauer in Wesel, berichtet von Betrieben, die die Milchviehhaltung aufgegeben haben, „allein fünf in Obrighoven, Lackhausen und Drevenack“. Da ist die Sache mit der Trockenheit, aber nicht nur: Obwohl der Milchpreis in den Läden steige, erhielten die Bauern weniger, aktuell 31,5 Cent pro Liter, einen weniger als noch vor kurzem, „das ist für mich nicht nachvollziehbar“.

Ein Cent weniger, das seien für ihn 2000 Euro, „davon könnte ich einen Mitarbeiter bezahlen“. Zusammen mit der Trockenheit – er selbst habe bereits Futter in Niedersachsen gekauft – ist das eine ungesunde Mischung für die Höfe. Und da ist noch der Verbraucher. „Jetzt sind wegen Corona alle auf dem regionalen Tripp, finden es gut, dass die heimische Landwirtschaft sie versorgen kann. Aber das wird sich ändern. Persönlich macht mich das ganz schön betroffen“, sagt Schmäh.

Die Natur diskutiert nicht, sie reagiert auf Klimakrise und Industrialisierung

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Der Schermbecker Biobauer Eckhard Holloh sieht die Trockenheit aktuell noch nicht als Problem an, „die Pflanzen sind noch sehr klein. Der Blick nach vorne ist nochmal etwas grausiger, wenn der Mais beispielsweise in zwei Monaten viel Wasser braucht.“ Und die Kartoffeln. Wenn die in zwei Monaten in das Massenwachstum gehen und Wasser fehlt...

Die Natur diskutiere nicht, sie reagiere auf die Klimakrise genauso wie auf die Industrialisierung. „Das ist menschengemacht und trifft zuerst die Landwirtschaft, dann die Kunden, dann die ganze Gesellschaft“, sagt Holloh. Ein Wechsel der Großwetterlage sei nötig. „Ich arbeite gerne mit der Natur“, so der Biobauer, „aber die Anomalie seit vier Jahren, das ist eine Reaktion auf unsere gesamte Lebensart“. Jedes Jahr müssten die Bauern sich abkämpfen, „das ist krass und demotivierend“. Mit der Natur aber lasse sich nicht diskutieren.

Noch ein trockener Sommer wäre eine Katastrophe

Heinz Wilhelm Hecheltjen sagt, wenn 2020 wie die beiden Vorjahre wird, „das wäre eine Katastrophe“, obschon er seine Bäume bewässern kann. Die Kosten lassen sich nicht einfach auf das Produkt umlegen, „das hängt von den Ernten in Europa und weltweit ab“.

Martin Gimken aus Bislich ist noch zurückhaltend. „2016 war es um diese Zeit auch trocken, im Juni sind wir dann ersoffen“, sagt er. Es sei noch zu früh, um zu jammern, „allerdings sind wir auf Messers Schneide“. Abwarten und Ruhe bewahren scheint sein Motto, „noch ist das Kind nicht in den Brunnen gefallen“.