Wesel. In der Reihe „Musik zur Marktzeit“ spielte der Organist Dominik Giesen sehr kontrastreiche Stücke und hielt die Fäden sicher in der Hand.
In der Reihe „Musik zur Marktzeit“ war Dominik Giesen als Gast im Willibrordi-Dom in Wesel. Im Gepäck hatte er als Programm eine interessante Gegenüberstellung von Stücken einer musikalischen Gattung in der Ausführung von verschiedenen Komponisten aus unterschiedlichen Epochen. So erklangen drei Präludien und Fugen in höchst kontrastierender Tonsprache aus dem Spätbarock (Bach), Romantik(Mendelssohn) und Neuzeit (Dupré).
Einer Fuge zu lauschen bedeutet echte geistige Arbeit; aber auch, einem großen Denker beglückt auf seiner geistigen Bahn zu folgen. Johann Sebastian Bach, der unbestritten größte unter den Fugenkomponisten, machte den Anfang mit „Präludium und Fuge“ Es-Dur BWV 552, dessen üppig-prachtvolles Präludium eines der umfangreichsten der Literatur überhaupt ist.
Klar phrasiertes Spiel
In der Fuge werden Organist und Zuhörer gleichermaßen gefordert: Giesen aber hielt bei der als Tripelfuge (also mit drei Themen) angelegten Fuge die Fäden sicher in der Hand und führte so seine Zuhörerschaft dank seines klar phrasierten Spiels durch die Tiefen des komplizierten Werkes.
Mit einem der größten Komponisten der Romantik gab es eine würdige Fortsetzung: Felix Mendelssohn-Bartholdys großes Verdienst war es, Bach quasi „wiederentdeckt“ zu haben.
Er war der erste, der die Bach‘schen Oratorien und Passionen wiederaufführte, ebenso sein Orgelwerk; und er komponierte eben auch Präludien und Fugen nach Bachs Vorbild. 1836 entstanden, atmet „Präludium und Fuge“ G-Dur op. 37 Nr. 2 zwar schon klar den Geist der Romantik, steht aber dennoch in der Tradition Bachs. Giesen bewies hier sein Gespür und vermied es, das melodienselige, aber eben simple Präludium allzu stark zu romantisieren.
Auch bei der ebenso ruhigen Fuge legte er sich große Zurückhaltung auf und spielte mit leisen, eher streichenden Registern.
Das Konzert im Dom als „Generalprobe“
Beim Schlussstück „Prélude et Fugue“ H-Dur – einer für die Gattung eher abseitigen Tonart – von Marcel Dupré ließ Giesen die Orgel gleichsam „aus allen Rohren“ feuern.
Das 1912 entstandene Stück hält sich zwar formal noch (einigermaßen wenigstens) an die Konventionen des Genres, spricht aber bereits deutlich die Tonsprache des 20. Jahrhunderts und auch in dieser Fuge muss, wie zuvor bei Bach, der Zuhörer „dabeibleiben“, um nicht in den Akkordkaskaden und komplizierten Schichtungen den Durchblick zu verlieren.
Mit deutlicher Spielfreude brachte Giesen das Werk und auch das Konzert zu einem rauschenden Abschluss.
Die gut 200 Zuhörer im Dom dankten mit langem Applaus. „Dieses Programm werde ich in zwei Wochen in der Prüfung zu meinem Master-Abschluss spielen, da bot sich hier quasi die Möglichkeit einer Generalprobe“, erläuterte Giesen.