Kreis Wesel/Kamp-Lintfort. Sämtlicher Hausmüll aus dem Kreis Wesel geht in das Abfallentsorgungszentrum Asdonkshof. Die Anlage verwandelt ihn in Strom, Wärme und Schlacke.
Es riecht nicht. Der ganze Müll aus dem Kreis Wesel und einiger aus der Region wandert zum Asdonkshof, 260.000 Tonnen pro Jahr allein für die Verbrennung, rund die Hälfte davon stammt aus den Kreis-Weseler Haushalten, die andere aus den Gewerbebetrieben der Region. Am Asdonkshof wird aus Müll und Klärschlämmen Strom und Fernwärme erzeugt sowie Metall gewonnen.
Weithin sichtbar ist der Kamin der Müllverbrennungsanlage, mit seinen 200 Metern gehört er zu den 100 höchsten Bauwerken Deutschlands – im Grunde müsste er ganz so hoch nicht sein, ein Zugeständnis an Bürger. Weniger als die Hälfte der Gebäude sind Müllverbrennung – Müllbunker, Kessel und Turbine.
Sieben Reinigungsstufen für das Rauchgas
Der Rest ist für die stufenweise Reinigung des Rauchgases notwendig. Zwei Verbrennungslinien hat die Anlage, ebenso die Rauchgasreinigung: Staub, Salze, Säuren, Schwermetalle Dioxine und Furane sowie andere Bestandteile werden der Abluft durch verschiedene Techniken entzogen. Was schließlich aus dem Schlot kommt, unterschreitet die gesetzlichen Emmissionsgrenzen. Die Werte gehen unmittelbar ans Umweltbundesamt.
„Wir sind seit Jahren ausgelastet“, sagt Pressesprecherin Cornelia Bothen. Helmut Czichy, zuständiges Mitglied im Verwaltungsvorstand des Kreises, erläutert, dass der Gewerbeabfall – Unternehmen müssen sich selbst um die Entsorgung kümmern – in Diskussionen um Überkapazitäten meist übersehen werde. Klärschlämme aus der Region werden zudem hier getrocknet und mit dem Müll verbrannt. Früher gingen sie an die Bauern und somit auf die Felder – das ist nicht mehr zulässig. „Verbrennen ist die sauberste Art, mit Klärschlamm umzugehen“, sagt Helmut Czichy.
Ein Bunker für 10.000 Tonnen Müll
Projektingenieurin Inke Titscher zeigt das Herz der Anlage, Müllbunker und Kessel. Durch staubige Fenster geht der Blick in den tiefen Bunker, an acht „Slots“ in der Entladehalle liefern die Müllautos an, was Kreis-Weseler in ihre grauen Tonnen geworfen haben. Fast 10.000 Tonnen Müll passen in diesen Bunker.
Vom Kontrollraum aus wird ein riesiger Greifarm gesteuert, der den Müll durchmischt. „Die Abfälle sollen einen gleichwertigen Heizwert erreichen“, erläutert Titscher diesen Arbeitsgang, der bislang noch jeden Besucher fasziniert hat. Durch die Fenster lässt sich das Schauspiel verfolgen. „Die Leute suchen immer nach Dingen, die sie selbst weggeworfen haben...“ Krimifans schauen wohl eher, ob nicht doch irgendwo ein Fuß herausguckt – was noch nie der Fall war.
Schließlich hebt der Greifer den Müll in zwei Trichter, an dessen Fuß ein Schieber den Abfall langsam in den Kessel drückt. Der ist riesig und aufgehängt, da er sich unter Hitze ausdehnt, im Ruhezustand zusammenzieht. „Das ist nur bei der Revision so“, sagt Geschäftsführer Peter Bollig, „wir arbeiten sonst an sieben Tagen die Woche rund um die Uhr“.
Übrig bleibt nur Schlacke
Ein kleines Fenster erlaubt den Blick ins rund 1000 Grad heiße Feuer: Der Abfall brennt auf sechs riesigen Rostwalzen, die sich langsam drehen und Luft in das Brenngut bringen, um die Flammen zu nähren. Übrig bleibt nur Schlacke, alles Organische ist verbrannt. Im Kontrollraum haben Mitarbeiter über Bildschirme den Zustand der Anlage ständig im Blick.
Vom Dach des Kesselhauses, 46 Meter hoch, bietet sich ein breites Panorama. Die Galloway-Rinder – Lieblinge der 180-köpfigen Asdonkshofbelegschaft – sind nur kleine Flecken. Zwei der benachbarten Windräder stehen still: Das ist immer so, wenn der Nachwuchs der Wanderfalken flügge wird. Die Vögel nisten auf halber Höhe des Kamins. Der Blick über die Landschaft lässt vergessen, wo man steht – nicht ein Hauch Müll liegt in der Luft.
Die Produktion von Strom und Wärme am Asdonkshof
Die Müllverbrennung ist zugleich ein Kraftwerk: Der in den Kesseln erzeugte Dampf treibt eine Turbine an. Via Kraft-Wärme-Kopplung wird aus dem verbrennenden Abfall Strom und Wärme gewonnen. Der produzierte Strom versorgt zu einem Drittel den Asdonkshof selbst. Der Rest wird an den Börsen verkauft. Die Fernwärme geht an die Kommunen Kamp-Lintfort und Neukirchen-Vluyn.