Wesel. Es gibt verschiedene Gründe, den Anschluss zu verpassen. In Wesel bietet VHS die Möglichkeit, das zu korrigieren, Schulabschlüsse zu machen.

Eine Ausbildung hat Anna-Katharina Brehm nach der Hauptschule nicht gemacht. Warum? Die junge Frau wirkt etwas verlegen. „Aus Faulheit, ich hatte andere Interessen.“ Faul – da stellt die 28-Jährige ihr Licht ein wenig unter den Scheffel. Zwei Kinder hat sie, vier und acht Jahre alt. Viel Zeit zur Muße werden die ihr nicht gelassen haben. Und jetzt hat Mama die Fachoberschulreife in der Tasche, Note 1,0 – „nebenher“ zwei Jahre lang an der Volkshochschule erarbeitet. Das war sicher hart? Wieder guckt sie verlegen. Also nein, eigentlich nicht. Das Lernen sei ihr leicht gefallen, zwei Jahre lang fünf Tage die Woche, vorher und nachher sei ihr Zeit geblieben, den Haushalt zu erledigen.

Das Auslandsstudium bereits fest im Blick

https://www.nrz.de/staedte/wesel-hamminkeln-schermbeck/53-abschluesse-bei-der-vhs-wesel-und-ein-abschied-id229324718.html Und noch einen Überflieger kann Heiko Kirchesch, scheidender Leiter des Fachbereichs Schulabschlüsse und EDV, am Tag der Zeugnisausgabe überschwänglich und ein wenig gerührt loben: Maverick Klienel, Notendurchschnitt 1,0. Ihm wünschte Kirchesch eine Karriere wie Steve Jobs – der amerikanischen Unternehmer, der Apple mit begründet hat. Allerdings, gibt Kirchesch zu bedenken, sei Jobs dafür bekannt gewesen, ein unangenehmer Mensch zu sein. „Das bist Du nicht, Du bist sehr sozial eingestellt“, sagt er zu seinem ehemaligen Schüler – und bietet ihm, mit Augenzwinkern, seine Kontonummer an, falls die Millionen erst rollen sollten.

https://www.nrz.de/staedte/wesel-hamminkeln-schermbeck/volkshochschule-bis-herbst-nur-kurse-mit-abschlusspruefungen-id229086373.html Maverick Klienel, die meisten nennen den ruhigen 20-Jährigen Erik – zeigt, was geht, wenn jemand sich aufrafft und selbst ins Hinterteil tritt. Hauptschulabschluss, die Realschule abgebrochen, „dann jahrelang nichts gemacht“ sagt er. Gejobbt halt. „Mit 18 hat es Klick gemacht. Ich habe mich angemeldet und ich habe es durchgezogen.“ Obwohl die ersten zwei Wochen hart gewesen seien, „dann hat es Spaß gemacht“. Und jetzt? Erstmal Abi, dann ein Auslandsstudium im IT Bereich, Programmieren, erklärt er. Maverick sieht ganz so aus, als ob er diesen Weg auch macht – vielleicht sollte Kirchesch seine Kontodaten schon mal hinterlegen.

Zwar haben zwei Drittel der Absolventen in diesem Jahr den Qualitätsvermerk erreicht – für die gymnasiale Oberstufe geeignet.

Ein ganz persönlicher Erfolg für jeden, der sich durchgebissen hat

Es gibt jedoch die Leistungen anderer zu erwähnen, schwächerer, und Kirchesch vergisst das nicht: Überhaupt dabei geblieben zu sein, obwohl es unendlich schwer fiel. Die Phasen von „das wird nichts“ niederzuringen und sich reinzuknien und jetzt ein Zeugnis in der Hand zu halten. „Bewahrt Euch das Gefühl: Ich habe es geschafft.“

Für jeden und jede hat Kirchesch ein persönliches Wort zum Zeugnis: „Bei all Deiner Frechheit, ich habe jede Stunde genossen“, an die Adresse einer jungen Frau – sie strahlt. „Ein wunderschönes Zeugnis, herzlichen Glückwunsch, mach was draus“, an eine andere und „Du hast dich online nochmal richtig reingekniet“ zu einem jungen Mann .

Und Anna-Katharina Brehm, wie geht es jetzt weiter? Krankenschwester will sie werden. Erstmal der Bundesfreiwilligendienst, ab 2022 dann eine Ausbildung in Teilzeit. Dass Pflege harte Arbeit ist, weiß sie und lächelt. Ihre Mutter ist Krankenschwester und sie selbst hat in der Pflege Teilzeit gearbeitet. Nein, einen Hang zur Bequemlichkeit hat diese Einser-Absolventin sicher nicht.

Gemeinsam mit Anna-Katharina Brehm und Maverick Kienel haben ihre Fachoberschulreife in dieser Klasse erreicht: Jasmin Czudnochowski, Luljeta Demalijaj, Vanessa Hergert, Jennifer Ingenpaß, Kai Kaspers, Michael Kerskes, Justin Scheikowski und Janine Sczesny.